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Wer vertritt den Verein bei mehrköpfigem Vorstand?

Wer vertritt den Verein bei mehrköpfigem Vorstand?

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der Vorstand des SC Jurafüchse besteht aus V, M und der X. Nach der Satzung sind alle einzelvertretungsbefugt. Laut Beschluss der Mitgliederversammlung dürfen sie jedoch Geschäfte über einem Wert von €1.000 nur gemeinsam vornehmen. Dennoch erwirbt V Tore von B für €2.000.

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Einordnung des Falls

Wer vertritt den Verein bei mehrköpfigem Vorstand?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Vorstände eines Vereins sind immer einzelvertretungsberechtigt (§ 26 Abs. 2 BGB).

Nein!

In § 26 Abs. 2 BGB ist die Mehrheitsvertretung vorgesehen, wenn der Vorstand aus mehreren Personen besteht. Bei einem Vorstand bestehend aus fünf Personen wären also drei zur Vertretung des Vereins notwendig. Davon kann aber durch Satzung abgewichen werden.Ausweislich der Satzung des SC Jurafüchse sind die einzelnen Vorstände einzelvertretungsbefugt.
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2. War V befugt, die Tore für €2.000 zu erwerben?

Nein, das ist nicht der Fall!

Der § 27 Abs. 3 BGB verweist auf das Auftragsrecht, also die §§ 664-670 BGB. Nach § 665 BGB kann die Mitgliederversammlung dem Vorstand Weisungen erteilen, von denen dieser nur in Ausnahmefällen abweichen darf. Die Mitgliederversammlung hat dem Vorstand die Weisung erteilt, Geschäfte mit einem Wert von mehr als €1.000 gemeinsam vorzunehmen. Die Einzelgeschäftsführungsbefugnis gilt also dort nicht, weshalb V die Tore nicht allein erwerben durfte.

3. Ist das Geschäft zwischen B und dem Verein damit (schwebend) unwirksam?

Nein, das trifft nicht zu!

Das rechtliche Können (Vertretungsmacht) ist vom rechtlichen Dürfen (Geschäftsführungsbefugnis) zu trennen. Die Vertretungsmacht des Vorstands ist grundsätzlich unbeschränkt. Sie kann mit Außenwirkung nur beschränkt werden, wenn die Beschränkung in der Satzung geregelt und im Vereinsregister eingetragen ist. Hier hat lediglich die Mitgliederversammlung diese Beschränkung beschlossen. Diese ist jedoch nicht in der Satzung und daher auch nicht im Vereinsregister eingetragen. Die Beschränkung gilt daher nicht gegenüber Dritten. Da V entsprechende Vertretungsmacht zustand, muss der Verein sich Vs Handeln nach § 164 Abs. 1 BGB zurechnen lassen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PAUL21

Paul21

20.7.2024, 15:31:29

Es ist klar, dass die Geschäftsführung das rechtliche Dürfen und dass die Vertretung das rechtliche Können beschreibt und das Erstgenanntes nicht zur Beschränkung des Letztgenannten führt. I. R. d. § 26 II 1 BGB geht es aber – ausweislich der amtlichen Überschrift, aber auch des insoweit eindeutigen Wortlauts – gerade um die Vertretung und gerade nicht um die Geschäftsführung. So ähnlich liegen die Dinge etwa auch bei der GbR (vgl. § 720 I BGB), für die (wenn auch dispositiv) eine gemeinsame Vertretungsbefugnis gilt. Verstöße führen hier nach § 177 I BGB zur schwebenden Unwirksamkeit. Warum gilt das für das Vereinsrecht nicht?

PAUL21

Paul21

20.7.2024, 15:39:26

Ich habe mich beim Lesen der Aufgabe verlesen, das Problem hat sich geklärt!


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