Arglosigkeit bei Heimtückemord – Täter tritt Opfer in offen feindseliger Haltung entgegen


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

F möchte sich von T scheiden, nachdem sie ihn 30 Jahre wiederholt gedemütigt hat. Es gibt einen heftigen Streit, bei dem F den T bespuckt. Trotzdem möchte sich T versöhnen. Er betritt nachts über den Balkon das Schlafzimmer der F. F fordert ihn auf, zu verschwinden. Es gibt einen neuen Streit. T entschließt sich, F zu töten und zieht ein Messer. Er nutzt Fs Lage im Bett aus, springt auf den Unterkörper der noch liegenden F und ersticht sie.

Einordnung des Falls

Arglosigkeit bei Heimtückemord – Täter tritt Opfer in offen feindseliger Haltung entgegen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. F war "arglos", als T sie erstochen hat.

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

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Nein, das trifft nicht zu!

Arglos ist, wer sich bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs (= Zeitpunkt des Versuchs (§ 22 StGB)) keines Angriffs auf sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit versieht. BGH: Gehe der Tötungshandlung eine in offener Feindschaft geführte Auseinandersetzung unmittelbar voraus, entfalle bereits deshalb die Arglosigkeit. In dieser Konstellation sei irrelevant, welche Vorstellungen das Opfer sich im Einzelnen über unmittelbar bevorstehende Auswirkungen dieser Feindseligkeit seines Gegenüber gemacht habe. Diese Grenzziehung sei sinnvoll, um die Frage, ob Mord oder Totschlag gegeben ist, nicht von Vorstellungen des Opfers abhängen zu lassen, das im Falle der Tatvollendung keine Auskunft mehr geben könne (RdNr. 4). F und T streiten sich, bevor T sich entschließt, F zu töten.

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