Zulässigkeit von Nebenbestimmungen bei rechtswidrigem Bauvorhaben


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Sportsfreundin S beantragt eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Fitnessstudios. Die zuständige Behörde (B) erteilt die Genehmigung unter der Maßgabe, dass S bei der Errichtung des Studios spezielle Brandschutzvorkehrungen trifft.

Einordnung des Falls

Zulässigkeit von Nebenbestimmungen bei rechtswidrigem Bauvorhaben

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Baugenehmigung ist ein Verwaltungsakt. Verwaltungsakte können mit Nebenbestimmungen erlassen werden.

Ja, in der Tat!

Ein Verwaltungsakt ist ist eine (1) hoheitliche Maßnahme einer (2) Behörde auf dem (3) Gebiet des öffentlichen Rechts (4) zur Regelung (5) eines Einzelfalls (6) mit Außenwirkung. Nebenbestimmungen können als Zusatz zum eigentlichen Verwaltungsakt erlassen werden (§ 36 VwVfG). § 36 Abs. 1 VwVfG regelt Nebenbestimmungen zu gebundenen Verwaltungsakten, § 36 Abs. 2 VwVfG Nebenbestimmungen zu Ermessensverwaltungsakten. Die Baugenehmigung ist ein Paradefall eines Verwaltungsakts.

2. Die Bestimmung, dass S bestimmte Brandschutzvorkehrungen treffen muss, ist eine Inhaltsbestimmung.

Nein!

Nebenbestimmungen müssen von Inhaltsbestimmungen des Verwaltungsakts abgegrenzt werden. Nebenbestimmungen treten als Zusatz neben den eigentlichen Verwaltungsakt, während Inhaltsbestimmungen den Kern des Verwaltungsakt betreffen. Die Abgrenzung von Nebenbestimmungen und Inhaltsbestimmungen des Verwaltungsakt erfolgt danach, ob der Hauptverwaltungsakt aus Sicht des Empfängers auch ohne den Zusatz eine sinnvolle Regelung ist. Die Baugenehmigung über den Bau des Studios ist aus S's Sicht auch ohne den Zusatz über die Brandschutzvorkehrungen eine sinnvolle Regelung. Es handelt sich um eine Nebenbestimmung.

3. Der Erlass einer Baugenehmigung (z.B. § 74 Abs. 1 BauO NRW) ist eine gebundene Entscheidung. Die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen richtet sich nach § 36 Abs. 1 VwVfG.

Genau, so ist das!

Der Erlass der Baugenehmigung ist in der Regel eine gebundene Erlaubnis, das heißt der Bauherr hat einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, wenn das Vorhaben mit dem öffentlichen Baurecht übereinstimmt. Die Behörde hat demnach kein Ermessen. Die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen richtet sich bei gebundenen Entscheidungen nach § 36 Abs. 1 VwVfG. Danach kann die Behörde den Verwaltungsakt mit Nebenbestimmungen erlassen, wenn diese durch Rechtsvorschrift zugelassen sind (§ 36 Abs. 1 Alt. 1 VwVfG) oder wenn sie sicherstellen sollen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (§ 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG).

4. Die Errichtung des Studios entspricht ohne die speziellen Vorkehrungen zum Brandschutz nicht den gesetzlichen Vorschriften. Ist der Erlass der Nebenbestimmung zulässig (§ 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG)?

Ja, in der Tat!

Nebenbestimmungen zu gebundenen Verwaltungsakten sind zulässig, wenn diese durch Rechtsvorschrift zugelassen sind (§ 36 Abs. 1 Alt. 1 VwVfG) oder wenn sie sicherstellen sollen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (§ 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG). S' Baugenehmigung erfüllt die Voraussetzungen der anwendbaren Landesbauordnung, wenn sie mit dem öffentlichen Baurecht vereinbar ist (vgl. § 70 Abs. 1 S. 1 NBauO, § 74 Abs. 1 HBO, Art. 68 Abs. 1 S. 1 BayBO). Dies setzt unter anderem zwingend voraus, dass hinreichende Vorkehrungen zum Brandschutz getroffen werden (vgl. § 14 NBauO, § 14 HBO, Art. 12 BayBO). Die Nebenbestimmung ist mithin zulässig.

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