Öffentliches Recht
Verwaltungsrecht AT
Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten
Zulässigkeit von Nebenbestimmungen bei bestehendem Anspruch auf Erlass einer Baugenehmigung
Zulässigkeit von Nebenbestimmungen bei bestehendem Anspruch auf Erlass einer Baugenehmigung
10. Juli 2025
12 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Sportsfreundin S beantragt eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Fitnessstudios. S's Vorhaben ist mit dem öffentlichen Baurecht vereinbar. Die zuständige Behörde erteilt die Genehmigung unter der Maßgabe, dass S mindestens 20 Wasserspender bereitstellt.
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Einordnung des Falls
Zulässigkeit von Nebenbestimmungen bei bestehendem Anspruch auf Erlass einer Baugenehmigung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Behörde kann einen Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, immer mit einer Nebenbestimmung versehen.
Nein!
2. Die Entscheidung über den Erlass einer Baugenehmigung ist eine Ermessensentscheidung. Die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen richtet sich nach § 36 Abs. 2 VwVfG.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Bei der Maßgabe, dass S 20 Wasserspender bauen soll, handelt es sich um eine Nebenbestimmung.
Ja, in der Tat!
4. S hat einen Anspruch auf die Baugenehmigung. Für den Erlass der Nebenbestimmung über die Wasserspender bedarf es einer Rechtsgrundlage.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Dogu
5.12.2023, 22:05:26
Dort steht nicht, dass die Nebengenehmigung dazu dienen muss, die Vereinbarkeit mit dem öffentlichen Baurecht sicherzustellen. § 36 I LVwVfG ist deckungsgleich zum BVwVfG, sodass eine Rechtsvorschrift zur Zulässigkeit ausreicht.
Dogu
5.12.2023, 22:08:21
§ 72 BauO Hamburg ist ähnlich formuliert.

Nora Mommsen
8.12.2023, 10:28:53
Hallo Dogu, danke für deine Rückmeldung. Könntest du deine Frage noch einmal wiederholen? § 36 VwVfG normiert einheitlich für das gesamte
Verwaltungsrecht, dass
Nebenbestimmungennur erlassen werden dürfen, wenn sie der
Sicherstellungder Rechtmäßigkeit des zu erlassenden Verwaltungsaktes dienen. § 72 BauO HH normiert nur, dass die Baugenehmigung grundsätzlich durch
Nebenbestimmungenmodifiziert werden darf. Dadurch wird nicht geregelt, dass die Baugenehmigung ohne jegliche Voraussetzung mit
Nebenbestimmungenversehen werden darf. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Dogu
8.12.2023, 13:19:18
Hallo Norah, danke für die Rückmeldung. In § 36 I VwVfG steht aber, dass
Nebenbestimmungenzugelassen sind, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist ODER wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Nach den entsprechenden Vorschriften der beiden BauO ist also auch ohne das von Dir genannte Kriterium der Herstellung der Rechtmäßigkeit des VA die Aufnahme einer Nebenbestimmung möglich oder übersehe ich da was?
Dogu
8.12.2023, 13:20:05
Das heißt auch Wasserspender als Nebenbestimmung wären nach BauO HH oder NRW wären zumindest auf Tatbestandsebene nicht ausgeschlossen, oder?
Dogu
8.12.2023, 13:22:53
Konkret bezog sich der Punkt auf die Aussage in der Musterlösung: Eine Rechtsgrundlage für die Aufnahme der Nebenbestimmung ist nicht ersichtlich, da das Vorhaben mit dem öffentlichen Baurecht vereinbar ist. Die o.g. Bestimmungen würden aber meines Erachtens in Betracht kommen. Die Aufnahme überflüssiger
Nebenbestimmungenwäre dann eine Frage der
Ermessenfehler, oder?
Marie
12.2.2024, 11:56:51
Eher auf Tatbestandsebene zur Rechtsgrundlage des 36 VwVfG, oder („wenn sie sicherstellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des VA erfüllt sind). Vorhaben ist im Einklang mit den maßgeblichen öffentlich rechtlichen Vorschriften. Ergo die Vss. des 36 VwVfG nicht erfüllt. Stimme aber zu, das die Formulierung, es fehle an der Rechtsgrundlage zu unpräzise ist.
Findet Nemo Tenetur
1.2.2025, 21:46:40
Ich habe mal gelesen, dass § 72 III HBauO eine ünnötige Wiederholung von § 36 I Var. 2 VwVfG sei. Weiß nicht, ob die das hilft, @[Dogu](137074) ?

Lexpecto Patronum
25.5.2025, 15:59:50
@[Dogu](137074) @[Findet
Nemo Tenetur](254807) Ich habe das Problem bzw. den "Schlenker in der Lösung" so verstanden: Nach § 36 I Alt. 1 (Hmb)VwVfG ist die Beifügung einer Nebenbestimmung nur zulässig, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Gemäß (z.B.) § 72 III HBauO dürfen Baugenehmigungen mit
Nebenbestimmungenversehen werden. § 72 III HBauO enthält explizit keine
Tatbestandsvoraussetzungenfür den Erlass einer Nebenbestimmung. Daher könnte es sich um eine auf Tatbestandsebene voraussetzungslose
Ermessensvorschrift handeln, die es der
Behördeerlaubt, bei Vorliegen von sachlichen Gründen (Willkürverbot) beliebige
Nebenbestimmungenzu erlassen. Dann stellt sich jedoch folgendes Problem: § 72 I HBauO gewährt einen Anspruch auf die Erteilung der Baugenehmigung (kein
Ermessen), welcher nicht durch die beliebige Beifügung von
Nebenbestimmungenverwässert werden darf -> § 72 III HBauO ist deshalb einschränkend so zu verstehen, dass der Erlass einer Nebenbestimmung nur dann zulässig ist, wenn dadurch sichergestellt wird, dass die Voraussetzungen zur Erteilung einer Baugenehmigung vorliegen. § 72 III HBauO stellt somit, wie Dogu sagt, eine Wiederholung von § 36 I Alt. 2 VwVfG dar und hat lediglich klarstellende Funktion. Somit stellt sich im konkreten Fall dann die Frage, ob die Nebenbestimmung i.S.d. § 36 I Alt. 2 VwVfG erforderlich ist, um sicherzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Baugenehmigung eingehalten werden. Ich würde also § 72 III HBauO i.V.m. § 36 I Alt.
1 VwVfGschon ansprechen, dann aber das Problem benennen und die Voraussetzungen von § 36 I Alt. 2 VwVfG prüfen. Vielleicht hilft das :)
okalinkk
19.4.2025, 12:47:16
ich hatte gelesen, dass die VS des 36 I VwVfG (
Sicherstellungder gesetzl Voraussetzungen des Va) auch für
Ermessensverwaltyngsakte des 36 II VwVfG gelten?
okalinkk
19.4.2025, 12:50:23
im Ergebnis durfte hier also keine NB erlassen werden?
ne_ra_
30.4.2025, 11:13:31
genau, da die Baugehmigung eine
gebundene Entscheidungist und daher der § 36 I VwVfG einschlägig ist, die 20 Wasserspender aber weder "durch Rechtsvorschrift" (Alt. 1) zugelassen sind noch sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des VAs erfüllt werden (Alt. 2)