Minderjährige (§ 52 Abs. 2 ZPO)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Opa O ist Beschuldigter in einem Strafverfahren. Sein 17-jähriger Enkel E, der kurz vor seinem Abitur steht, soll im Verfahren als Zeuge vernommen werden. E weiß, dass seine Aussage für die Verurteilung des O von Bedeutung ist. E sagt aus. Es Mutter M hat der Vernehmung widersprochen.

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Einordnung des Falls

Minderjährige (§ 52 Abs. 2 ZPO)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Stand E ein Zeugnisverweigerungsrecht (§§ 163 Abs. 3 S. 2, 52 StPO) zu?

Genau, so ist das!

Verwandte des Beschuldigten haben ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 52 Abs.1 Nr.3 StPO. E ist der Enkel des Beschuldigten O. E steht daher ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Indem er ausgesagt hat, hat E auf dieses Zeugnisverweigerungsrecht hier allerdings verzichtet.
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2. Auch wenn ein Minderjähriger auf sein Zeugnisverweigerungsrecht verzichtet, darf er stets nur mit Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter vernommen werden (§§ 163 Abs. 3 S. 2, 52 Abs.2 StPO).

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 52 Abs.2 StPO dürfen Minderjährige, die wegen mangelnder Verstandesreife oder einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung haben, nur vernommen werden, wenn sie (1) zur Aussage bereit sind und (2) auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt.

3. Durfte E hier trotz fehlender Zustimmung der M vernommen werden (§§ 163 Abs. 3 S. 2, 52 Abs. 2 StPO)?

Ja!

Es bedarf zur Vernehmung eines Minderjährigen nur dann der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, wenn der Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung hat (§ 52 Abs.2 StPO). Die notwendige Verstandesreife hat der Zeuge, wenn er erkennen kann, dass der Beschuldigte etwas Unrechtes getan hat, dass ihm hierfür Strafe droht und dass die Zeugenaussage möglicherweise zu dieser Bestrafung beitragen kann. Für die Annahme der Verstandesreife gibt es keine feste Altersgrenze. Bei 17-Jährigen wird die Verstandesreife regelmäßig vorhanden sein. E ist 17 Jahre alt, macht bald sein Abitur und hat erkannt, dass seine Aussage für die Verurteilung des O von Bedeutung ist. E besitzt die notwendige Verstandesreife. Er durfte daher ohne Zustimmung der M vernommen werden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FABI1

fabi1

22.5.2024, 13:36:55

Präziser wäre es bei der Definition der notwendige Verstandesreife davon zu sprechen, dass dem Beschuldigten etwas Unrechtes vorgeworfen oder zur Last gelegt wird.


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