Polizeigesetzliche Generalklausel

1. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Polizeistudentin P erkennt eine Gefahr. Sie fragt sich unter welchen Voraussetzungen sie eine Maßnahme auf die Generalklausel stützen kann.

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Einordnung des Falls

Polizeigesetzliche Generalklausel

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Erlaubt die Generalklausel nur Realakte?

Nein, das ist nicht der Fall!

Unterschieden werden kann die einzelfallbezogene Generalklausel des § 9 Abs. 1 S. 1 POG und die Generalklausel zum Erlass von Gefahrenabwehrverordnungen des § 69 Abs. 1 POG. Die einzelfallbezogene Generalklausel des § 9 Abs. 1 S. 1 POG ermächtigt zum Erlass von Verwaltungsakten und zur Vornahme von Realakten. Auch Realakte benötigen insbesondere dann einer Ermächtigungsgrundlage, wenn sie in Grundrechte eingreifen.
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2. Eine Maßnahme kann immer dann auf die Generalklausel gestützt werden, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen einer spezielleren Ermächtigung nicht erfüllt sind.

Nein, das trifft nicht zu!

Grundsätzlich gilt der Grundsatz der Spezialität (lex specialis derogat legi generalis): Soweit eine speziellere Norm einen Sachverhalt regelt, können die vom Gesetzgeber getroffenen Wertungen nicht dadurch umgangen werden, dass auf eine allgemeinere Norm zurückgegriffen wird. Hierbei kommt es darauf an, ob die von der Verwaltung bezweckte Maßnahme von einer spezielleren Norm umfasst. Das Vorliegen von Tatbestandsvoraussetzungen sperrt den Rückgriff auf andere Normen nicht. Diese Subsidiarität ist in § 9 Abs. 1 S. 1 POG a.E. ausdrücklich angeordnet.

3. Soweit eine Maßnahme nicht von einer speziellen Ermächtigung umfasst ist, kann immer auf die Generalklausel zurückgegriffen werden.

Nein!

Dem Rückgriff auf die polizeirechtliche Generalklausel sind Grenzen gesetzt. Diese ergeben sich mittelbar aus der lückenfüllenden Funktion der Generalklauseln. Grundsätzlich hat der unmittelbar durch Volkswahl legitimierte Gesetzgeber die Aufgabe, die wesentlichen Entscheidungen zu treffen (Art. 20 Abs. 2 GG). Daraus folgt, dass die Generalklauseln die Verwaltung weder zu besonders gewichtigen Grundrechtseingriffen, noch zu politisch stark umstrittene Maßnahmen ermächtigen. Das BVerwG hat 1960 daher etwa ungeachtet des Vorliegens einer Störung oder Gefahr der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung einen Rückgriff auf die Generalklausel für ein Verbot des Aufstellens von Kondomautomaten abgelehnt.

4. Darf die Generalklausel nach hM nur bei atypischen Gefahrenlagen angewandt werden?

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach einer in der Literatur vertretenen Meinung, ist der Rückgriff auf die Generalklausel auch dann versperrt, wenn regelmäßig auftretende Gefahrenlagen bestimmte Formen der Gefahrenabwehr nach sich ziehen. Die damit verbundenen Eingriffe seien dann so wesentlich, dass eine spezielle Normierung erforderlich würde. Die hM sieht hierin jedoch eine Überdehnung des grundrechtlichen Parlamentsvorbehalts. Wichtig ist, sich im Umgang mit den Generalklauseln die Gefahrenlage zu vergegenwärtigen, die durch einen extensiven Gebrauch entsteht: Setzte man der Verwaltung keine Grenzen bei der Anwendung der recht unbestimmten Generalklauseln, so hätte sie eine kaum eingrenzbare Befugnis, Entscheidungen zu treffen, die z.B. dem Parlamentsgesetzgeber vorbehalten sind.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

GARFUC

GARFuchs

3.8.2023, 08:35:27

Der Aufgabentext beginnt mit "BVerwG" ohne weitere Angaben, sicher ein Versehen...


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