Konkurrenzverhältnisse
12. April 2025
4 Kommentare
4,8 ★ (7.110 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T bekommt von ihrem Arzt ein starkes Schmerzmittel verschrieben. Da sie die Sucht gepackt hat, tauscht sie die 1 auf dem ärztlichen Rezept durch eine 2 aus, um die doppelte Menge zu erhalten. Dieses Rezept legt sie dann bei der Apotheke vor.
Diesen Fall lösen 77,6 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Konkurrenzverhältnisse
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem T auf dem ärztlichen Rezept die 1 durch eine 2 austauscht und dieses bei der Apotheke vorlegt, hat sie alle Varianten der Urkundenfälschung verwirklicht (§ 267 Abs. 1 StGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Da hier verschiedene Tatbestandsvarianten einschlägig sind, muss deren Konkurrenzverhältnis geklärt werden.
Ja, in der Tat!
3. Da T das Rezept sowohl gefälscht als auch gebraucht hat, liegen zwei Urkundenfälschungen vor, die zueinander in Tatmehrheit (Realkonkurrenz) stehen.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Bioshock Energy
26.4.2024, 14:49:33
Hallo, irgendwie geht mir gerade nicht in den Kopf rein wieso hier ein Verfälschen vorliegt. Fälschung ist jede nachträgliche Veränderung des gedanklichen Inhalts. Durch die nachträgliche Veränderung muss der Anschein erweckt werden, dass der Aussteller die Erklärung von Anfang an in der jetzt vorliegenden Form abgegeben habe. Die Zeichnungen bei Jurafuchs gehören mit zum Sachverhalt. Wie kann hier bei irgendjemanden der Anschein erweckt werden, dass die nachträglich veränderte Gedankenerklärung die ursprüngliche Erklärung des ursprünglichen Ausstellers ist. Ich meine die Dame hat die eins rot durchgestrichen und eine rote zwei drüber gemalt und die Schrift auf dem Ursprungsrezept ist auch noch schwarz. Mit dem herstellen der
Urkundebin ich fein, aber hier kann doch nicht ernsthaft eine Verfälschung vorliegen oder??? Das würde die Definition absolut hinfällig machen. LG
Timurso
27.4.2024, 09:58:24
Da bin ich bei dir. Es würde allenfalls 274 in Betracht kommen, allerdings gehört die
Urkundevorliegend wohl alleine der Täterin, weshalb auch der wegfällt.
L.Goldstyn
2.8.2024, 18:18:12
Interessante Überlegung! Wäre aus meiner Sicht auf jeden Fall gut vertretbar, hier ang
esichts der Zeichnung ein Verfälschen abzulehnen. Meine Vermutung: Da der Sachverhalt von „austauschen“, nicht von „durchstreichen“ spricht, ist wohl beim Anfertigen der Zeichnung ein Fehler passiert.

Sebastian Schmitt
3.3.2025, 17:45:20
Hallo @[Bioshock Energy](207759), darüber kann man natürlich nachdenken. In der Tat ist unsere Zeichnung hier vielleicht etwas zu "überzeichnet", wie schon @[L.Goldstyn](251555) richtig sagt. Das korrespondierende Beispiel im Rengier (BT II, 20. Aufl 2020, § 33 Rn 36 ff) geht von einem Ausradieren und Ersetzen aus. Ob durch eine Veränderung noch der Anschein erweckt wird, die
Urkundestamme vom ursprünglichen Aussteller, ist dann eine Einzelfallfrage. Ich gehe davon aus, dass ein Arzt hier üblicherweise ein neues Rezeptblatt nehmen würde (und nicht einfach die "2" nach dem Durchstreichen ergänzen). Ebenso gehe ich davon aus, dass das wohl auch eine Apothekerin in unserem Fall wüsste und man dementsprechend mit Deiner Begründung gut ein Verfälschen ablehnen könnte. Letztlich kann ich das aber offen gesagt nicht wirklich einschätzen, weil ich die Gepflogenheiten bei der Rezeptausstellung/Medikamentenvergabe nicht kenne. Wenn wir hier ein Verfälschen ablehnen, bleibt uns natürlich zunächst noch der Versuch nach
§ 267II StGB. Ob die
Urkundehier wirklich (allein) T "gehört" iSd § 274 I Nr 1 StGB, ihr also das alleinige Beweisführungsrecht zusteht, @[Timurso](197555), würde ich vorsichtig bezweifeln, jedenfalls nicht sofort pauschal annehmen wollen. Zumindest nachdenken könnte man in diesem Zuge auch noch über § 303 StGB durch das Verändern. Darum soll es in unserem Fall allerdings gar nicht näher gehen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team