Strafrecht
BT 3: Straftaten gegen Freiheit u.a.
Freiheitsberaubung, § 239 StGB
Freiheitsberaubung nach § 239 StGB – Beeinträchtigung der potentiellen Fortbewegungsmöglichkeit
Freiheitsberaubung nach § 239 StGB – Beeinträchtigung der potentiellen Fortbewegungsmöglichkeit
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T schließt seine schlafende Freundin F im Schlafzimmer ein. Als er nach einer Stunde die Tür wieder öffnet, liegt sie noch immer schlafend im Bett. Vom Einschließen hatte sie nichts bemerkt.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Freiheitsberaubung nach § 239 StGB – Beeinträchtigung der potentiellen Fortbewegungsmöglichkeit
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Zeitraum von einer Stunde genügt, um den Tatbestand der Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 1 StGB) zu erfüllen.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das Tatbestandsmerkmal des "Einsperrens" (§ 239 Abs. 1 Var. 1 StGB) ist nach h.M. nur erfüllt, wenn das Opfer Kenntnis davon hat.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jan
4.6.2024, 11:18:00
folgt man der Rspr. wird ja auch der potentielle Fortbewegungswille geschützt. Allerdings wird meine ich in dieser Theorie weiter danach differenziert, ob das Opfer zum Zeitpunkt der
Tathandlungauch einen solchen Willen hätte bilden können. Bei schlafenden Personen dürfte dies nicht der Fall sein, sodass nur ein Versuch vorliegen dürfte. Das kann man vielleicht noch klarstellen :)
Michael
5.6.2024, 17:28:33
Sollte richtig sein wie du es sagst. "Streitig ist, inwieweit dies auch für Schlafende und Bewusstlose gilt, bei denen der Fortbewegungswille nur vorübergehend fehlt. Richtigerweise wird das Opfer in seiner potentiellen Fortbewegungsfreiheit nur be- troffen, wenn es einen aktuellen Fortbewegungswillen zumindest bil- den könnte. Bei Schlafenden und Bewusstlosen ist aber die Möglich- keit einer solchen Willensbildung während der Dauer dieses Zustandes nicht gegeben" (Rengier, Strafrecht BT II, § 22 Rn. 5)
Nora Mommsen
8.6.2024, 13:46:17
Hallo ihr beiden, danke für den regen Austausch zu dem Fall. In der Tat ist der BGH an dieser Stelle großzügig und lässt den "potentiellen Fortbewegungswillen" ausreichend. Es darf für den Täter nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sein, dass das Opfer während der Zeit erwacht und seinen Willen aktualisiert. Dies wird in der Literatur durchaus kritisch gesehen, wie von dir angemerkt Michael. Das Hauptargument dabei ist, dass der Vollendungszeitpunkt zu weit nach vorn verlegt wird und den Versuch ausschließt. Zur Vertiefung anbei zwei BGH Urteile, die sich mit der potentiellen Fortbewegungsfreiheit auseinandersetzen: BGHSt 14, 314 (316) und BGHSt 32, 183 (188). Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team