Zivilrecht
Sonstige vertragliche Schuldverhältnisse
Schenkung, §§ 516ff. BGB
Einigung – Zuwendung ohne den Willen der anderen Partei, § 516 Abs. 2 BGB, Annahme durch Schweigen
Einigung – Zuwendung ohne den Willen der anderen Partei, § 516 Abs. 2 BGB, Annahme durch Schweigen
25. April 2025
6 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A schickt dem B ein Geschenk zu seinem Geburtstag mit einer Karte "Für Dich". Dieser meldet sich nicht. A möchte sich Klarheit verschaffen und setzt dem B eine einwöchige Frist, damit dieser die Annahme des Geschenks erklärt. B meldet sich nicht.
Diesen Fall lösen 82,9 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Einigung – Zuwendung ohne den Willen der anderen Partei, § 516 Abs. 2 BGB, Annahme durch Schweigen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Zuschicken des Geschenks stellt ein Angebot des A auf den Abschluss eines Schenkungsvertrags dar.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Schweigen kommt im Rechtsverkehr grundsätzlich keine Bedeutung zu.
Ja!
3. Das Schweigen des B bei Fristablauf stellt nach § 516 Abs. 2 S. 2 BGB eine Annahme dar.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Steinfan
10.4.2024, 22:07:34
Liebes JF-Team, auf die Gefahr hin, mir mit einem eklatanten Verstoß gegen das Trennungsprinzip hier die Blöße zu geben, habe ich trotzdem eine Frage. Meine Frage ist, ob ich bei der
Handschenkungals
schuldrechtlicher Vertragim Rahmen der “Zuwendung” inzident das Verfügungsgeschäft (z.B. § 929 S. 1 BGB) prüfen? Meine Anschlussfrage ist dann, ob auch die Annahmefiktion aus § 516 II BGB auch für das Verfügungsgewchäft gilt??? Denn wie sonst läge in diesen Fällen eine Zuwendung vor? Da ich ungern gegen das Trennungsprinzip verstoßen würde, bin ich über eine Antwort sehr dankbar! :D LG

Burumar🐸
9.10.2024, 11:02:10
*Push

Jakob G.
19.10.2024, 22:18:57
Spannende Frage. Einerseits würde ich denken, dass die Wertung des § 516 II 2 BGB bei der Auslegung der §§ 929 ff. BGB eine Rolle zu spielen hat. Andererseits gibt es keine Verfügung zugunsten Dritter, was auch im Zweipersonenverhältnis zu beachten sein dürfte. Ferner widerspricht sowohl der
Typenzwang(Erweiterung der gesetzlichen Tatbestände contra legem), als auch Publizitätserfordernis des Rechtsverkehrs gegen das Entfallen der Annahmeerklärung. Anderseits dürften wohl Dritte gutgläubig von der "beschenkten" Person erwerben können. Dadurch wird das Bedürfnis des Rechtsverkehrs nach Publizität möglicherweise gemildert. Allerdings trifft dies ja auf jegliche B
esitzkonstellation zu, nicht nur die "schenkungsversuchsbedingte". In dem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass die "Zuwendung" i.S. § 516 II 1 BGB bereits erfolgt ist. Insofern handelt es sich ja um einen Fall der
Handschenkung. Dennoch kann auch nicht gegen den Willen de*r beschenkten Person nach § 929 2 BGB übereignet werden, auch wenn ich das vom Ergebnis her gedacht nicht unplausibel fände.

Tim Gottschalk
26.2.2025, 16:48:31
Hallo @[Steinfan](235363), in der Tat ist im Rahmen der
Handschenkungdas Verfügungsgeschäft inzident zu prüfen. MüKoBGB/Koch, 9. A. 2023, BGB § 516 Rn. 5 schreibt hierzu "Die Zuwendung einer solchen vermögenswerten Position kann durch Rechtsgeschäft (zB
Abtretung, Erlass, konstitutives Schuldanerkenntnis,
Übereignungoder Belastung) oder tatsächliches Handeln (zB Verbindung gemäß § 946) erfolgen.". Zur Frage, ob die Annahmefiktion auch für das Verfügungsgeschäft gilt, schreibt ebendieser unter anderem "Dazu [zu einem Fall von § 516 Abs. 2 BGB] kann es in der Regel nur kommen, wenn eine Zuwendung ohne die Mitwirkung des Bereicherten möglich ist (zB bei der Tilgung fremder Schulden oder beim
Vertrag zugunsten Dritter). Andernfalls wird nämlich die Mitwirkungshandlung regelmäßig die – zumindest konkludente – Annahmeerklärung des Schenkungsangebots mitenthalten." (MüKoBGB/Koch, 9. A. 2023, BGB § 516 Rn. 47). Insofern gilt § 516 II BGB nicht für das Verfügungsgeschäft. Das ist ja auch denklogisch ausgeschlossen, schließlich setzt die
Handschenkungund damit auch das Setzen der Annahmefrist voraus, dass die Zuwendung bereits erfolgt ist. Dazu muss das Verfügungsgeschäft bereits erfolgt sein, und kann nicht seinerseits erst später durch die Fiktion zustande kommen. Es gibt also nur im vorliegenden Fall eigentlich nur zwei Konstellationen: Entweder der B nimmt die
Übereignungdes Geschenks nicht an, bspw. indem er es beim Postboten zurückweist, dann ist die Zuwendung nicht erfolgt und es liegt schon keine
Handschenkungvor. Oder er nimmt es an, dann liegt daran auch konkludent die Annahme des Schenkungsvertrags. Etwas anderes wäre wohl nur denkbar, wenn er beispielsweise dem A explizit erklärt, dass in seiner Annahme der
Übereignungnicht die Annahme des Schenkungsvertrags zu sehen wäre. Insofern ist unsere Aufgabe hier wohl etwas ungenau. Andererseits gehen diese Ausführungen schon sehr weit in die Tiefe. Liebe Grüße, Tim - für das Jurafuchs-Team

Max
14.3.2025, 00:47:06
@[Tim Gottschalk](287974) Was wäre denn, wenn B nicht auf die
Fristsetzunghin geschwiegen, sondern das Angebot abgelehnt hätte, nachdem er das Paket vom Postboten entgegengenommen hat? Wäre dann immer noch in der Abnahme des Pakets eine konsistente Annahme zu sehen und damit die
Handschenkungbereits vollzogen? Was wäre die Folge der nach
Fristsetzungerklärten Ablehnung des Angebots, das durch die Abnahme des Pakets wohl möglich bereits konkludent angenommen wurde?

Tim Gottschalk
14.3.2025, 10:14:57
Hallo @[Max](209767), das ist eine gute Frage. Zunächst gilt: Wenn der Vertrag mit der Annahme konkludent zustande kommt, kann er später nicht einseitig wieder durch die Ablehnung aus der Welt geschafft werden. Daher würde sich dadurch auch an der Annahme des Vollzugs der
Handschenkungnichts ändern. Allenfalls könnte die Erklärung dann als Angebot auf einen Aufhebungsvertrag zu sehen sein, welches der Schenker durch die Rückforderung der Sache konkludent annehmen kann. Eine andere Möglichkeit für den Beschenkten, sich vom Vertrag zu lösen, sehe ich nicht. Wenn er von vornherein nicht möchte, dass der Vertrag zustande kommt, dann muss er dies bereits bei der Annahme der
Übereignungexplizit erklären. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team