Zivilrecht

Sonstige vertragliche Schuldverhältnisse

Schenkung, §§ 516ff. BGB

Einigung – Zuwendung ohne den Willen der anderen Partei, § 516 Abs. 2 BGB, Annahme durch Schweigen

Einigung – Zuwendung ohne den Willen der anderen Partei, § 516 Abs. 2 BGB, Annahme durch Schweigen

30. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A schickt dem B ein Geschenk zu seinem Geburtstag mit einer Karte "Für Dich". Dieser meldet sich nicht. A möchte sich Klarheit verschaffen und setzt dem B eine einwöchige Frist, damit dieser die Annahme des Geschenks erklärt. B meldet sich nicht.

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Einordnung des Falls

Einigung – Zuwendung ohne den Willen der anderen Partei, § 516 Abs. 2 BGB, Annahme durch Schweigen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Zuschicken des Geschenks stellt ein Angebot des A auf den Abschluss eines Schenkungsvertrags dar.

Ja, in der Tat!

Beim Schenkungsvertrag müssen sich die Parteien darüber einigen, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt (§ 516 Abs. 1 BGB). Angebot und Annahme können bei Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont nach §§ 133, 157 BGB auch konkludent erfolgen. A schickt dem B ein Geschenk mit einer Karte "Für Dich" zu. Dieses Verhalten stellt nach Auslegung des objektiven Empfängerhorizonts ein Angebot für einen unentgeltlichen Schenkungsvertrag iSv. § 516 BGB dar.
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2. Schweigen kommt im Rechtsverkehr grundsätzlich keine Bedeutung zu.

Ja!

Im Gegensatz zu aktivem konkludentem Verhalten vermag bloßes passives Schweigen keinen Erklärungstatbestand zu setzen. Schweigen ist daher grundsätzlich nicht als Annahme zu verstehen. Ausnahmsweise kommt Schweigen eine Bedeutung im Rechtsverkehr zu, wenn der Gesetzgeber dies anordnet (sog. normiertes Schweigen) oder die Parteien vereinbart haben, dass Schweigen Erklärungswert zukommen soll (sog. beredetes Schweigen).

3. Das Schweigen des B bei Fristablauf stellt nach § 516 Abs. 2 S. 2 BGB eine Annahme dar.

Genau, so ist das!

Ist eine Zuwendung ohne den Willen des Beschenkten erfolgt, kann der Schenker ihm nach § 516 Abs. 2 S. 1 BGB eine Frist zur Annahme des (konkludent) erfolgten Angebots setzten. In § 516 Abs. 2 S. 2 BGB ist normiert, dass ein Schweigen auf diese Annahmefrist bei der Schenkung ausnahmsweise als Annahme gilt. Die Ausnahme ist gerechtfertigt, weil das Interesse des Beschenkten sich keine Bereicherung aufdrängen lassen zu müssen, weniger wiegt als der Wunsch des Schenkers, Gewissheit über den Bestand der Zuwendung zu erlangen. A hat dem B eine Frist zur Annahme gemäß § 516 Abs. 2 S. 1 BGB gesetzt. Nach § 516 Abs. 2 S. 2 BGB gilt das Schweigen des B bei Fristablauf ausnahmsweise als Annahme des Schenkungsvertrags. Es liegt dann ein schuldrechtlicher Schenkungsvertrag für die Zuwendung vor.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Steinfan

Steinfan

10.4.2024, 22:07:34

Liebes JF-Team, auf die Gefahr hin, mir mit einem eklatanten Verstoß gegen das Trennungsprinzip hier die Blöße zu geben, habe ich trotzdem eine Frage. Meine Frage ist, ob ich bei der

Handschenkung

als schuldrechtlicher Vertrag im Rahmen der “Zuwendung” inzident das

Verfügungsgeschäft

(z.B. § 929 S. 1 BGB) prüfen? Meine Anschlussfrage ist dann, ob auch die Annahmefiktion aus § 516 II BGB auch für das Verfügungsgewchäft gilt??? Denn wie sonst läge in diesen Fällen eine Zuwendung vor? Da ich ungern gegen das Trennungsprinzip verstoßen würde, bin ich über eine Antwort sehr dankbar! :D LG

Burumar🐸

Burumar🐸

9.10.2024, 11:02:10

*Push

Jakob G.

Jakob G.

19.10.2024, 22:18:57

Spannende Frage. Einerseits würde ich denken, dass die Wertung des § 516 II 2 BGB bei der Auslegung der §§ 929 ff. BGB eine Rolle zu spielen hat. Andererseits gibt es keine Verfügung zugunsten Dritter, was auch im Zweipersonenverhältnis zu beachten sein dürfte. Ferner widerspricht sowohl der Typenzwang (Erweiterung der gesetzlichen

Tat

bestände contra legem), als auch Publizitätserfordernis des Rechtsverkehrs gegen das Entfallen der Annahmeerklärung. Anderseits dürften wohl Dritte gutgläubig von der "beschenkten" Person erwerben können. Dadurch wird das Bedürfnis des Rechtsverkehrs nach Publizität möglicherweise gemildert. Allerdings trifft dies ja auf jegliche Besitzkonstellation zu, nicht nur die "schenkungsversuchsbedingte". In dem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass die "Zuwendung" i.S. § 516 II 1 BGB bereits erfolgt ist. Insofern handelt es sich ja um einen Fall der

Handschenkung

. Dennoch kann auch nicht gegen den Willen de*r beschenkten Person nach § 929 2 BGB übereignet werden, auch wenn ich das vom Ergebnis her gedacht nicht unplausibel fände.


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