Öffentliches Recht

VwGO

Allgemeine Leistungsklage

Fälle der Klagebefugnis: Unterlassungsklage bei wiederholtem Handeln

Fälle der Klagebefugnis: Unterlassungsklage bei wiederholtem Handeln

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der AStA (Allgemeine Studentenauschuss) der verfassten Studierendenschaft der Uni U äußert sich zum wiederholten Male zu einer allgemeinpolitischen Frage, die keinen universitären Bezug hat. Student S will, dass der AStA dies künftig unterlässt.

Diesen Fall lösen 80,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Fälle der Klagebefugnis: Unterlassungsklage bei wiederholtem Handeln

Dieser Fall lief bereits im 1./2. Juristischen Staatsexamen in folgenden Kampagnen
Examenstreffer 2021
Examenstreffer Hessen 2021

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach erfolglosem Antrag bei der Behörde klagt S. Statthaft ist die allgemeine Leistungsklage.

Genau, so ist das!

Die allgemeine Leistungsklage ist statthaft, wenn der Bürger ein hoheitliches Handeln oder ein Unterlassen eines hoheitlichen Handelns begehrt. Verfasste Studierendenschaften an einer öffentlich-rechtlichen Universität sind öffentlich-rechtliche (Glied-)Körperschaften. Die öffentlichen Äußerungen des AStAs sind deswegen öffentlich-rechtlicher und nicht privatrechtlicher Natur. S will, dass der AStA allgemeinpolitische Aussagen unterlässt.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. S ist nur klagebefugt, wenn er darlegen und beweisen kann, dass die Äußerungen des AStA ihn in seinen subjektiven Rechten verletzen.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Klagebefugnis der allgemeinen Leistungsklage - hier in Form der Unterlassungsklage - richtet sich nach § 42 Abs. 2 VwGO analog. Danach ist klagebefugt, wer die Möglichkeit einer subjektiven Rechtsverletzung begründen kann. Die Möglichkeit besteht, wenn die Rechtsverletzung nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Der Kläger muss die Rechtsverletzung gerade nicht vollständig nachweisen. Ob eine Rechtsverletzung wirklich besteht, wird erst im Rahmen der Begründetheit von Amts wegen geprüft. S ist klagebefugt, wenn die nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass die Äußerungen des AStA ihn in seinen subjektiven Rechten verletzen.

3. S begehrt, dass der AStA künftige Aussagen unterlässt. Um die mögliche Rechtsverletzung zu begründen, kann er das bisherige Verhalten des AStA heranziehen.

Ja!

Richtet sich das Klagebegehren gegen ein künftiges hoheitliches Handeln, muss im Rahmen der Klagebefugnis das künftig zu erwartenden Verhalten betrachtet werden. Es gilt zu beurteilen, ob das künftige Verhalten den Kläger in seinen Rechten verletzen könnte. Will der Kläger gegen ein zum wiederholten Male auftretendes Verhalten vorgehen, kann das vergangene hoheitliche Handeln in die Beurteilung der Rechtsverletzung mit einbezogen werden. Denn das vergangene Verhalten ist die Rechtsverletzung, die der Kläger in Zukunft verhindern will. Zur Begründung der Klagebefugnis kann S die vergangenen Äußerungen des AStAs heranziehen.

4. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass R durch die allgemeinpolitischen Äußerungen des AStA in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) verletzt ist. S ist klagebefugt.

Genau, so ist das!

Studierenden steht wegen ihrer zwangsweisen Mitgliedschaft in der verfassten Studierendenschaft auf Grundlage der Landeshochschulgesetze (z.B. § 20 Abs. 1 Satz 2 Nds. HochschulG) ein aus der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) abgeleiteter Abwehranspruch zu. Das Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn der AStA Tätigkeiten ausführt, die nicht zu seinen gesetzlichen Aufgaben gehören. Dies umfasst insbesondere die Anmaßung eines allgemeinpolitischen Mandats. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass durch die allgemeinpolitischen Äußerungen des AStAs S's Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt ist und das somit auch künftige Äußerungen eine solche Rechtsverletzung herbeiführen würden.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Elli👩🏻‍🎤

Elli👩🏻‍🎤

14.12.2021, 18:00:17

Diese Thematik lief im 2. StEx in Hessen im November 2021

Der BGBoss

Der BGBoss

14.12.2021, 19:59:56

Danke für die Info

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

14.12.2021, 20:21:29

Vielen Dank, Elli! Das bekommt direkt einen Tag :-)

Johannes Nebe

Johannes Nebe

14.3.2023, 07:34:36

Schöner Fall. Die Welt da draußen schreibt AStA seit Generationen und auch heute noch hinten mit großem A. Das VG Osnabrück auch.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

16.3.2023, 09:56:22

Dem wollen wir uns nicht verschließen! Vielen Dank für den Hinweis, Johannes :-)


© Jurafuchs 2024