Öffentliches Recht

VwGO

Allgemeine Leistungsklage

Keine Klagebefugnis bei anspruchsausschließenden Normen

Keine Klagebefugnis bei anspruchsausschließenden Normen

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Lieselotte Löwenzahn bewohnt einen Bauwagen in der Gemeinde G. L fühlt sich von den zunehmenden Gewerbebetrieben in der Nachbarschaft gestört. Sie will deswegen, dass G einen Bebauungsplan erlässt, wonach das Gebiet zum reinen Wohngebiet (§ 3 BauNVO) wird.

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Einordnung des Falls

Keine Klagebefugnis bei anspruchsausschließenden Normen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach erfolglosem Antrag bei der G klagt L. L begehrt den Erlass eines Verwaltungsakts. Statthaft ist die Verpflichtungsklage.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Verpflichtungsklage ist eine spezielle Leistungsklage. Sie ist statthaft, wenn die begehrte Leistung im Erlass eines Verwaltungsakts besteht. Dagegen ist die allgemeine Leistungsklage statthaft, wenn der Kläger ein hoheitliches Handeln begehrt, was nicht im Erlass eines Verwaltungsakts besteht (= sonstiges, schlichtes Verwaltungshandeln). L möchte, dass G einen Bebauungsplan erlässt. Dabei handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine Satzung (vgl. § 10 Abs. 1 BauGB). Statthaft ist die allgemeine Leistungsklage gerichtet auf den Erlass der Satzung durch G.Da die Stadtstaaten Hamburg und Berlin keine Gemeinden haben, gibt es hier auch keine Satzungen. Entsprechend bedarf es einer Regelung, ob der B-Plan als Verordnung oder Gesetz ergehen soll (§ 246 Abs. 2 BauGB). Beide Städten haben sich für die Rechtsverordnung entschieden (Hamburg: § 3 Abs. 1 des BauleitplanFestG; Berlin: § 6 Abs. 3 AG BauGB Berlin).
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2. Im Rahmen der allgemeinen Leistungsklage ist grundsätzlich klagebefugt, wer die Möglichkeit einer Rechtsverletzung geltend machen kann.

Ja!

Die Klagebefugnis richtet sich nach § 42 Abs. 2 VwGO analog. Danach ist klagebefugt, wer die Möglichkeit einer Rechtsverletzung geltend machen kann. Begehrt der Kläger ein Handeln der Verwaltung, muss er die Möglichkeit des Bestehen eines Anspruchs auf dieses Handeln geltend machen.

3. Ein Anspruch auf Erlass eines Bebauungsplans ist gesetzlich ausgeschlossen. Damit scheidet auch die Klagebefugnis der L aus.

Genau, so ist das!

Nach § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB hat niemand einen Anspruch auf Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen. Die Vorschrift stellt zudem klar, dass ein Anspruch auch nicht durch Vertrag begründet werden kann. Die Bauleitplanung ist originäres Recht der Gemeinde. Selbst wenn die Gemeinde gemäß § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB zur Bauleitplanung verpflichtet ist, ergibt sich daraus kein subjektives Recht des Bürgers. Auf Erlass eines Bebauungsplans besteht kein Anspruch. Damit scheidet die Möglichkeit eines Anspruchs der L von vornherein aus. L ist deswegen nicht klagebefugt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EVA

evanici

29.8.2023, 18:15:32

Wie sähe das denn bei einem begehrten Erlass einer

Allgemeinverfügung

aus? Wäre hier die Verpflichtungsklage wegen § 35 S. 2 statthaft, der die AV ja als VA qualifiziert?

STE

StellaChiara

2.9.2023, 15:00:35

Wäre hier nach der hM nicht auch die

Feststellungsklage

statthaft, wie in den vorangegangenen Fällen? oder wo liegt hier der Unterschied ?

Nils

Nils

17.4.2024, 11:54:53

In Hamburg ergeht der Bebauungsplan nicht als Satzung sondern in der Rechtsform einer Rechtsverordnung, vgl. § 246 II BauGB, § 3 BauleitplanFestG. Das ist eine sehr beliebte Frage in der mündlichen Prüfung.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

23.4.2024, 17:23:15

Vielen Dank für den Hinweis, Nils! Wir haben einen Vertiefungshinweis zu dieser Besonderheit der Stadtstaaten ergänzt! Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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