Zivilrecht

Sachenrecht

Gesetzlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen

Abwandlung: zur Vernichtung bestimmt (z. B. EC-Karte, Bild)

Abwandlung: zur Vernichtung bestimmt (z. B. EC-Karte, Bild)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Nachdem A sich von ihm getrennt hat, rafft L sich endlich dazu auf, die alten Bilder von ihm und A wegzuwerfen. Die neugierige N beobachtet L dabei und fischt die Fotos wieder aus dem Müll, um sie in ihr privates Fotoalbum zu kleben.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Abwandlung: zur Vernichtung bestimmt (z. B. EC-Karte, Bild)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem L die Fotos in den Müll geworfen hat, wurden diese herrenlos.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Dereliktion setzt neben der Aufgabe des Besitzes insbesondere den Willen voraus, auf das Eigentum an den Gegenständen zu verzichten. Allein aus dem Umstand, dass der Eigentümer etwas in den Müll geworfen hat, kann nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass ihm gleichgültig ist, was mit den Gegenständen passiert. Insbesondere bei sehr persönlichen Gegenständen möchte der Eigentümer regelmäßig sicherstellen, dass diese vernichtet werden.L hat die Fotos mit A weggeworfen. Die Bilder haben für den L eine höchstpersönliche Bedeutung und es ist davon auszugehen, dass L nicht will, dass Dritte diese an sich nehmen. Ein Wille zur Aufgabe des Eigentums ist daher nicht ersichtlich.
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2. Wegen der wirtschaftlichen Wertlosigkeit der Fotos, liegt trotzdem eine Aufgabe des Eigentums vor.

Nein, das trifft nicht zu!

Entscheidender Ausgangspunkt bei der Beurteilung von § 958 BGB ist der Wille des Eigentümers. Will der Eigentümer nicht, dass ein Dritter neues Eigentum an der Sache erlangt, ist dieser Wille zu respektieren, selbst wenn die Sache wirtschaftlich wertlos ist.L will, dass die Fotos vernichtet werden. Er gibt damit das Eigentum daran bis zur Vernichtung nicht auf, sondern macht dem Abfallentsorgungsunternehmen einen Antrag auf Entsorgung des Altpapiers.Auch das Müllabfuhrunternehmen ist lediglich zur Entsorgung des Altpapiers berechtigt und nicht befugt, die Fotos aus dem Müll zu verwerten.

3. Ist N durch die Inbesitznahme Eigentümerin der Fotos geworden?

Nein!

§ 958 BGB regelt, dass jemand, der eine (1) herrenlose, (2) bewegliche Sache in (3) Eigenbesitz nimmt, wenn (4) kein Aneignungsverbot oder kein ausschließliches Aneignungsrecht eines anderen besteht.Die Fotos des L sind in dem Zeitpunkt, in dem N sie an sich nimmt, nicht herrenlos. Eine Aneignung nach § 958 BGB scheidet damit aus.L kann die Fotos von L also nach § 985 BGB zurückverlangen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Mangopüree

Mangopüree

4.10.2022, 01:30:57

Worin liegt der Unterschied zwischen dem zweiten und dritten Fall? Beim zweiten Fall wird ein Angebot hinsichtlich des e.v. Angenommen, warum kann im letzten Fall kein Angebot an die Müllabfuhr gesehen werden, wenn es in den für die Müllabfuhr vorgesehenen Hausmüll geworfen wird?

ER

Eric

23.11.2022, 13:40:20

@[Mangopüree](151570) Steht (mittlerweile?) so in der Subsumtion :)

Edward Hopper

Edward Hopper

30.11.2022, 22:41:38

Wie ist der meiningsstand bei Sperrmüll? In den Fällen geht es ja immer um Kunstwerke oder Pers. Gegenstände (Fotos). Gibt es BGH Rechtsprechung für "normalen" Sperrmüll? Lese da jedes Jahr was anderes

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.12.2022, 09:14:44

Hallo Edward, vielen Dank für die Nachfrage. Um eine

Eigentumsaufgabe

(

Dereliktion

), anzunehmen muss der Derelinquierende verfügungsbefugt und geschäftsfähig sein und der Verzichtswille erkennbar betätigt werden sowie mit einem Verlust des unmittelbaren Besitzes einhergehen. Ob ein entsprechender Verzichtswille vorliegt, muss dabei je nach den Umständen im Einzelfall geprüft werden. In der Tat finden sich in der Rechtsprechung sowohl Fälle, in denen dies bejaht wird (LG Bonn 25.6.2002 – 18 O 184/01, NJW 2003, 673 (674)), als auch Fälle in denen dies abgelehnt wird, zB mit Blick auf ein besonderes persönliches Interesse (LG Ravensburg 3.7.1987 – 3 S. 121/87, NJW 1987, 3142). Bei "normalem" Sperrmüll bzw. Altpapier wird man aber regelmäßig einen dahingehenden Aufgabewillen annehmen können (Schmitz, in: MüKo-StGB, 4. Aufl. 2021, § 242 Rn. 34). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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