Polizeiverordnung (Beispielsfall)

24. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Ordnungsbehörde der Gemeinde G erlässt eine gemeindeweit geltende Verordnung, die einen Leinenzwang für (näher bestimmte) gefährliche Hundearten vorsieht. Bei Verstößen ist ein empfindliches Bußgeld vorgesehen. Hundehalterin H ist hiermit nicht einverstanden und möchte gegen die Verordnung vorgehen.

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Einordnung des Falls

Polizeiverordnung (Beispielsfall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. H kann im Wege des Normenkontrollverfahrens gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gegen die Verordnung vorgehen.

Ja!

Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheidet das OVG auf Antrag über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Die Verordnung als abstrakt-generelle Rechtsvorschrift ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift. § 4 Abs. 1 S. 1 AGVwGO sieht ein Normenkontrollverfahren im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO vor.
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2. Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Verordnung ist § 69 Abs. 1 POG.

Genau, so ist das!

Der Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel ist nach dem Grundsatz der Spezialität verwehrt, soweit eine speziellere Ermächtigungsgrundlage vorliegt. Für die Handlungsform der Rechtsverordnung enthält § 69 Abs. 1 POG eine spezielle Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Gefahrenabwehrverordnungen. Zuständig für deren Erlass sind die allgemeinen Ordnungsbehörden. Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Verordnung ist § 69 Abs. 1 POG. Sowohl die Landesordnungsbehörde als auch die Kreisordnungsbehörden als auch die örtlichen Ordnungsbehörden können für ihren Zuständigkeitsbereich Gefahrenabwehrverordnungen erlassen (§ 69 Abs. 2, Abs. 3 S. 1-2 POG. Achtung: Der Erlass von Gefahrenabwehrverordnungen durch die örtlichen Ordnungsbehörden unterliegt bestimmten Zustimmungserfordernissen (§ 69 Abs. 2 S. 2 POG). Ist eine Angelegenheit durch eine Gefahrenabwehrverordnung einer höheren Behörde geregelt, so darf sie nur insoweit durch eine Gefahrenabwehrverordnung einer nachgeordneten Behörde ergänzend geregelt werden, als die Verordnung der höheren Behörde dies ausdrücklich zulässt (§ 69 Abs. 4 POG).

3. Die Verordnung ist nur rechtmäßig, wenn alle Adressaten eine konkrete Gefahr verursachen.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Tatbestand des § 69 Abs. 1 POG setzt das Vorliegen von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung voraus. Gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 POG ist dieser Gefahrbegriff – anders als bei Maßnahmen nach den allgemeinen Befugnissen – nicht auf die konkrete Gefahr beschränkt. Gefahrenabwehrverordnungen sind damit gerade auch zur Abwehr abstrakter Gefahren zulässig. Eine abstrakte Gefahr bemisst sich gerade nach einer typisierenden Betrachtung, bei der die typische Gefährlichkeit eines Verhaltens dazu Anlass gibt, dieser typischen Gefährlichkeit durch eine abstrakt-generelle Regelung zu begegnen. Eine ordnungsbehördliche Verordnung zur Gefahrenabwehr setzt folglich nicht voraus, dass jeder Adressat eine konkrete Gefahr verursacht. § 9 Abs. 1 S. 2 POG fordert für Gefahrenabwehrverordnungen auch deshalb keine konkrete Gefahr seitens der zahllosen Adressaten einer Verordnung, weil andernfalls der Anwendungsbereich von Gefahrenabwehrverordnungen erheblich verringert wäre. Die Handlungsform der Verordnung wäre der Verwaltung dann kaum eröffnet, da ein solches Erfordernis kaum vorliegt und eine solche Prüfung praktisch kaum zu leisten wäre.

4. Rechtmäßige Verordnungen sind Teil der Rechtsordnung und fallen damit unter das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit.

Ja!

Ein Teilschutzgut der öffentlichen Sicherheit ist die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung. Dies umfasst die gesamte Rechtsordnung und damit Gesetze im formellen und materiellen Sinn. Die Verordnung als Gesetz im materiellen Sinne ist damit Teil des Schutzguts der öffentlichen Sicherheit in Form der Unverletzlichkeit der Rechtsordnung. Dies hat zur Folge, dass eine (drohende) Verletzung eines in einer Verordnung enthaltenen Ge- oder Verbots die Polizei in einem konkreten Fall - vorbehaltlich des Vorliegens einer Gefahr - dazu ermächtigt, Maßnahmen zu treffen, die der Abwehr der konkreten Gefahr dienen. Diese Maßnahmen könnten dann etwa auf die Generalklausel des § 9 Abs. 1 S. 1 POG gestützt werden.
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