Ein Pistolenschuss geht fehl

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T schießt mit Tötungsabsicht aus zwei Meter Entfernung auf O, der sich in einer Gruppe von zehn Menschen aufhält. Er nimmt billigend in Kauf, dass Dritte verletzt werden. T hat nur Munition für einen Schuss. Die Gruppe bewegt sich. T trifft den S am Arm.

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Einordnung des Falls

Ein Pistolenschuss geht fehl

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat versucht, O "mit gemeingefährlichen Mitteln" zu töten (§§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 3, 22, 23 Abs. 1 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Das objektive Mordmerkmal der gemeingefährlichen Mittel erfüllt der Täter, der ein Medium einsetzt, das in der konkreten Tatsituation abstrakt geeignet ist, eine unbestimmte Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben zu gefährden, weil er die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. Das Tötungsmittel werde nicht dadurch gemeingefährlich, dass der Täter infolge äußerer Umstände oder persönlicher Unsicherheit die Waffe nicht ausreichend beherrsche und sein Ziel verfehle. Bei typischerweise im Ausmaß der Wirkungen beherrschbaren Tötungsmitteln bestimme auch nicht der Taterfolg die Einordnung als gemeingefährliches Mittel (RdNr. 12f.). BGH: Auch wenn hier eine Mehrzahl von Personen in den Gefahrenbereich gerate, ist die von der Waffe tatsächlich ausgehende Gefährdung begrenzt: T hat nur eine Kugel.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DIAA

Diaa

10.8.2023, 23:25:38

Aber käme hier ein Versuch aus § 211 II Gru. 2 Alt. 3, §§ 22, 23 I StGB in Betracht?

LELEE

Leo Lee

11.8.2023, 12:30:26

Hallo Diaa, man könnte zwar den Versuch anprüfen. Beachte jedoch, dass wir im Versuch im Grunde nur den Vorsatz auch bzgl. der Gemeingefährlichkeit prüfen (Vorsatz bzgl. obj. Merkmale). Mithin kommt es darauf an, ob der Täter die Umstände kannte, die seine Tat eben nicht gemeingefährlich machten. Vorliegend wusste der Täter, dass er nur einen Schuss hat und somit auch den Umstand, dass seine Handlung eben nicht gemeingefährlich ist. Mithin würden wir mangels Tatentschlusses rausfliegen :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo

marimo

marimo

23.5.2024, 12:50:30

Angenommen man müsste den Fall durchprüfen: wie sähe es mit dem Vorsatz bzgl. S / O aus? Ist das hier ein Fall des abberatio ictus? Der Täter hatte ja

Eventualvorsatz

bzgl. den anderen (inkl. S) also weiß ich nicht so recht, wie ich das behandeln würde. Bejaht man den Vorsatz bzgl. S, ist der Tötungsvorsatz des Täters hinsichtlich einer Person ja eigentlich "verbraucht", steht eine Strafbarkeit bzgl. O gem. §§ 212, 22, 23 I StGB dann noch im Raum?

marimo

marimo

23.5.2024, 12:58:43

oder liegt hier

alternativvorsatz

vor?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

25.5.2024, 12:27:46

Hallo vonkarma, in der Tat ist das kein Fall des Aberratio ictus, da der S vom Vorsatz umfasst war. Hinsichtlich des S liegt eine vollendete, gefährliche vorsätzliche Körperverletzung vor. Hinsichtlich des O ein

fehlgeschlagener Versuch

. Denn er hatte ja jedenfalls im sachgedanklichen Mitbewusstsein die Option, ggfs. doch einen anderen verletzen zu können auch wenn sein zielgerichteter Wille auf den O gerichtet war. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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