Ein Pistolenschuss geht fehl
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T schießt mit Tötungsabsicht aus zwei Meter Entfernung auf O, der sich in einer Gruppe von zehn Menschen aufhält. Er nimmt billigend in Kauf, dass Dritte verletzt werden. T hat nur Munition für einen Schuss. Die Gruppe bewegt sich. T trifft den S am Arm.
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Einordnung des Falls
Ein Pistolenschuss geht fehl
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat versucht, O "mit gemeingefährlichen Mitteln" zu töten (§§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 3, 22, 23 Abs. 1 StGB).
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Diaa
10.8.2023, 23:25:38
Aber käme hier ein Versuch aus § 211 II Gru. 2 Alt. 3, §§ 22, 23 I StGB in Betracht?
Leo Lee
11.8.2023, 12:30:26
Hallo Diaa, man könnte zwar den Versuch anprüfen. Beachte jedoch, dass wir im Versuch im Grunde nur den Vorsatz auch bzgl. der Gemeingefährlichkeit prüfen (Vorsatz bzgl. obj. Merkmale). Mithin kommt es darauf an, ob der Täter die Umstände kannte, die seine Tat eben nicht gemeingefährlich machten. Vorliegend wusste der Täter, dass er nur einen Schuss hat und somit auch den Umstand, dass seine Handlung eben nicht gemeingefährlich ist. Mithin würden wir mangels Tatentschlusses rausfliegen :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
marimo
23.5.2024, 12:50:30
Angenommen man müsste den Fall durchprüfen: wie sähe es mit dem Vorsatz bzgl. S / O aus? Ist das hier ein Fall des abberatio ictus? Der Täter hatte ja
Eventualvorsatzbzgl. den anderen (inkl. S) also weiß ich nicht so recht, wie ich das behandeln würde. Bejaht man den Vorsatz bzgl. S, ist der Tötungsvorsatz des Täters hinsichtlich einer Person ja eigentlich "verbraucht", steht eine Strafbarkeit bzgl. O gem. §§ 212, 22, 23 I StGB dann noch im Raum?
marimo
23.5.2024, 12:58:43
Nora Mommsen
25.5.2024, 12:27:46
Hallo vonkarma, in der Tat ist das kein Fall des Aberratio ictus, da der S vom Vorsatz umfasst war. Hinsichtlich des S liegt eine vollendete, gefährliche vorsätzliche Körperverletzung vor. Hinsichtlich des O ein
fehlgeschlagener Versuch. Denn er hatte ja jedenfalls im sachgedanklichen Mitbewusstsein die Option, ggfs. doch einen anderen verletzen zu können auch wenn sein zielgerichteter Wille auf den O gerichtet war. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team