Bombenwürfe in ein Lokal – Problem der Mehrfachtötungen 2
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Von der Straße aus beobachtet T, wie seine Ex-Frau O mit ihrem neuen Freund F und dessen zwei Kindern im Wintergarten Karten spielt. Er beschließt, die fröhliche Gesellschaft umzubringen und wirft eine Sprengstoffbombe durch das Glas. O und F sterben bei der Explosion.
Einordnung des Falls
Bombenwürfe in ein Lokal – Problem der Mehrfachtötungen 2
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat O und F "mit gemeingefährlichen Mitteln" getötet (§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 3 StGB).
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Orfeas
17.3.2021, 20:30:52
Evtl. könnte noch darauf eingegangen werden, dass hierin ein Wertungswiderspruch liegt. Im Endeffekt steht damit derjenige Täter, der von vornherein eine konkrete Vielzahl von Opfer durch ein in seinem Gefahrenpotential nicht beherrschbares Mittel tötet, gegenüber demjenigen Täter besser, der ohne diese Konkretisierung aufgrund der Gemeingefahr des Tötungsmittels auch nicht bereits individualisierte Opfer in Kauf nimmt. Das Unrecht auf der Handlungsseite ist bei ersterem eigentlich größer.

Lukas_Mengestu
18.3.2021, 10:39:25
Hallo Orfeas, in der Tat wird dieser Ansatz der Rechtsprechung in Teilen der Literatur als wertungswidersprüchlich bemängelt. Denn wenn T nur die Ex-Frau hätte töten wollen, so hätte man kein Problem das Vorliegen eines gemeingefährlichen MIttels in Bezug auf F und dessen Kinder anzunehmen. Auch wenn dies im Ergebnis wertungswidersprüchlich erscheint, konnten sich Ansätze hier Abhilfe zu schaffen nicht durchsetzen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Umstand, dass T Menschen töten will, bereits über § 212 I StGB strafbewehrt ist. Die im Merkmal des "gemeingefährlichen MIttels" zum Ausdruck kommende Strafschärfung hat ihren HIntergrund indes gerade in der Unkontrollierbarkeit des Angriffes des Täters und der darin zum Ausdruck kommenden besonderen Sozialgefährlichkeit der Tat.

Lukas_Mengestu
18.3.2021, 10:42:07
Berücksichtigt man dies, so erscheint es durchaus konsquent die "Mehrfachtötung" nicht unter das Tatbestandsmerkmal zu subusumieren und diese Fälle entweder nur im Hinblick auf die Strafzumessung zu berücksichtigen oder - je nach EInzelfall - ggfs. niedrige Beweggründe anzunehmen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Orfeas
18.3.2021, 15:20:11
Stimme dir vollkommen zu. Nur, dass dann leider wieder die Gefahr besteht die besonderen Anforderungen der speziellen Mordmerkmale über die niedrigen Beweggründe auszuhöhlen. Was wiederum einen Konflikt mit Art. 103 II GG bedeutet. Deswegen ist es m.E. ein echt verzwicktes Problem. Beste Grüße

Burumar🐸
16.7.2022, 12:23:49
In dem Fall hier könnte man vermutlich aber auch Heimtücke bejahen.