Divergenz von Einigung und Eintragung

13. Februar 2025

18 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Käufer K und Verkäufer V erklären die Auflassung über ein Grundstück. Aufgrund eines Fehlers des Grundbuchamts wird X als Eigentümer eingetragen.

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Einordnung des Falls

Divergenz von Einigung und Eintragung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hat Eigentum an dem Grundstück erworben.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Eigentumserwerb an einem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB setzt voraus: (1) Einigung über den Eigentumsübergang am Grundstück (Auflassung, § 925 BGB), (2) Eintragung ins Grundbuch, (3) Einigsein, § 873 Abs. 2 BGB, (4) Verfügungsberechtigung des Veräußerers.K und V haben die Auflassung erklärt (§ 925 BGB). Jedoch wurde X statt K ins Grundbuch eingetragen. Die Eintragung soll die an einem Grundstück bestehenden dinglichen Rechte publik machen. Daher muss die Eintragung sich inhaltlich mit der Auflassung decken. Ist dies nicht der Fall, so tritt die beabsichtigte Rechtsänderung nicht ein.
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2. X hat Eigentum an dem Grundstück erworben.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Eigentumserwerb an einem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB setzt voraus: (1) Einigung über den Eigentumsübergang am Grundstück (Auflassung, § 925 BGB), (2) Eintragung ins Grundbuch, (3) Einigsein, § 873 Abs. 2 BGB, (4) Verfügungsberechtigung des Veräußerers.Hier liegt schon keine Auflassung vor. Zwar wurde X als Eigentümer eingetragen, jedoch führt nur das kumulative und sich deckende Vorliegen von Auflassung und Eintragung die Rechtsänderung herbei.

3. K hat gegen X einen Anspruch auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB).

Nein!

Der Grundbuchberichtigungsanspruch aus § 894 BGB setzt voraus: (1) Unrichtigkeit des Grundbuchs, (2) Anspruchsberechtigung, (3) Buchberechtigter als Verpflichteter, (4) Keine Einwendungen. Zu 1: Das Grundbuch ist unrichtig, wenn eine Divergenz zwischen formeller und materieller Grundbuchlage besteht. Das Grundbuch ist unrichtig, wenn eine Divergenz zwischen formeller und materieller Grundbuchlage besteht. Formell ist X als Eigentümer eingetragen, materiell ist nach wie vor V Eigentümer. Das Grundbuch ist also unrichtig. K ist jedoch nicht Anspruchsberechtigter. Da er (noch) nicht Eigentümer geworden ist, ist er durch die falsche Eintragung auch nicht belastet.

4. V hat gegen X einen Anspruch auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB).

Genau, so ist das!

Der Grundbuchberichtigungsanspruch aus § 894 BGB setzt voraus: (1) Unrichtigkeit des Grundbuchs, (2) Anspruchsberechtigung, (3) Buchberechtigter als Verpflichteter, (4) Keine Einwendungen. Zu 1: Das Grundbuch ist unrichtig, wenn eine Divergenz zwischen formeller und materieller Grundbuchlage besteht. Formell ist X als Eigentümer eingetragen, materiell ist nach wie vor V Eigentümer. Das Grundbuch ist also unrichtig. V ist Anspruchsberechtigter, da sein Eigentumsrecht durch die falsche Eintragung belastet ist. X ist als Buchberechtigter auch der Verpflichtete. X kann keine Einwendungen geltend machen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Isabell

Isabell

4.5.2020, 20:55:22

Kann V die Berichtigung in der Art verlangen, dass K ins Grundbuch eingetragen wird? Erst von X auf V zu korrigieren, um dann K einzutragen ist doch doppelt gemoppelt.

EL

Elisabeth

18.8.2020, 10:42:26

Tolle Frage! Wäre auf jedenfalls sinnvoll, v.a. weil nach wirksamen

schuld

rechtlichen Kaufvertrag V dem K die Eigentumsübertragung

schuld

et und möglicherweise Ansprüche wegen Verzögerungsschäden geltend machen kann, oder? Ich denke jedoch üblicherweise wird bei Grundstücksveräußerungen auch viel mit notariellen Vollmachten gearbeitet, also der V könnte dann alleine zum GB-Amt gehen, zunächst die Umschreibung auf sich beantragen und dann im nächsten Schritt sofort mit notarieller Vollmacht des V die Umschreibung auf ihn beantragen. Also so könnte ich es mir sinnvollerweise vorstellen...

BE

Bioshock Energy

23.7.2024, 11:45:00

ggf. kann V den Anspruch auf Zustimmung zur Berichtigung auch an K abtreten? Ich wüsste zumindest nicht was dagegen spricht.

IUS

iustus

2.12.2020, 12:34:21

Die Fälle zum Immobiliarsachenrecht helfen mir echt beim Verständnis! Habe mich erst richtig schwer getan. Danke!

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

2.12.2020, 12:46:40

Hi iustus, vielen Dank für das Feedback! Das freut uns sehr.

JEN

Jenny2905

11.5.2023, 12:31:23

Könnte der Käufer den Grundbuchberichtungsanspruch über

Bereicherungsrecht

geltend machen oder stehen ihm aufgrund der fehlenden Eigentümerstellung gar keine Ansprüche diesbezüglich zu?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

16.5.2023, 11:54:14

Hallo Jenny, auch der Bereicherungsanspruch aus der condictio indebiti (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB) steht grundsätzlich nur dem wahren Berechtigten, also dem tatsächlichen Eigentümer V zu. Zwischen K und V besteht eine rein

schuld

rechtliche Verbindung, die K keine Ansprüche gegen Dritte hinsichtlich des Grundstücks einräumt. Insoweit kann er sich allein an V halten. Dieser ist weiterhin verpflichtet, ihm das Grundstück zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 BGB). Da ihm ein Berichtigungsanspruch zusteht, liegt keine

Unmöglichkeit

vor (

§ 275 Abs. 1 BGB

). Sofern K damit einverstanden ist, könnte V ihm auch

erfüllungshalber

seinen Berichtigungsanspruch abtreten. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DIAA

Diaa

12.9.2023, 21:07:21

Was bedeutet "Divergenz"? Google hilft nicht wirklich weiter..

Paulah

Paulah

14.9.2023, 17:49:56

Eine Divergenz bezeichnet eine Abweichung

Paulah

Paulah

23.6.2024, 14:13:08

Es besteht kein

Grundbuchberichtigungsanspruch

, sondern nur ein Anspruch auf Zustimmung zur Berichtigung. Je nach Dozent wird man gelyncht, wenn man sagt, es bestünde ein

Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs

.


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