Grundfall zur Heimtücke

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T erfährt, dass seine Ehefrau F ihn seit fünf Jahren betrügt. T lädt die F deshalb unter dem Vorwand eines romantischen Abendessens in seine Stadtwohnung ein, um sie dort zu töten. Als F klingelt, öffnet T ihr die Tür und erschießt sie ohne Vorwarnung.

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Einordnung des Falls

Grundfall zur Heimtücke

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. "Heimtückisch" (§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1 StGB) tötet, wer die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung in feindseliger Willensrichtung ausnutzt.

Ja!

Das objektive Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt der Täter, der die Arg- und die darauf beruhende Wehrlosigkeit des Opfers in feindseliger Willensrichtung bewusst zur Tötung ausnutzt. Die Ratio dahinter: Ein Täter, der die Arg-und Wehrlosigkeit eines anderen in hinterhältiger Weise zu einem Überraschungsangriff ausnutzt, um das Opfer so daran zu hindern, sich zu verteidigen oder zu fliehen, geht besonders verwerflich und gefährlich vor. Dies rechtfertige eine höhere Strafandrohung (lebenslange Freiheitsstrafe).
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2. F war "arglos", als T sie erschossen hat.

Genau, so ist das!

Arglos ist, wer sich bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs (= Zeitpunkt des Versuchs (§ 22 StGB)) keines Angriffs auf sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit versieht. F hat nicht mit einem Angriff des T gerechnet. Sie erwartete ein romantisches Abendessen. Sie wusste auch nicht, dass T erfahren hatte, dass sie ihn betrügt.

3. F war "wehrlos", als sie von T erschossen wurde.

Ja, in der Tat!

Wehrlos ist, wer infolge seiner Arglosigkeit zur Verteidigung außerstande oder in seiner natürlichen Abwehrbereitschaft und Abwehrfähigkeit stark eingeschränkt ist. Die Wehrlosigkeit muss gerade auf der Arglosigkeit beruhen. F war aufgrund ihrer Arglosigkeit nicht in der Lage, dem Schuss auszuweichen, entgegenzutreten oder sich in sonstiger Weise zu verteidigen.

4. T handelte in "feindseliger Willensrichtung".

Ja!

Die Rechtsprechung hat den Tatbestand der Heimtücke durch das Merkmal der "feindseligen Willensrichtung" (oft auch: "feindliche Willensrichtung") eingeschränkt. An einer solchen feindseligen Willensrichtung kann es nur dann fehlen, wenn die Tat dem ausdrücklichen Willen des Getöteten entspricht oder – aufgrund einer objektiv nachvollziehbaren und anzuerkennenden Wertung – mit dem mutmaßlichen Willen des zu einer autonomen Entscheidung nicht fähigen Opfers geschieht. Dies kommt bei Tötungen aus Mitleid und bei missglücktem Mitnahmesuizid in Betracht. Hier deutet nichts daraufhin, dass die Tat dem Willen der F entspricht. Dieses Merkmal stößt in der Literatur zumeist auf Kritik, wird jedoch im Ergebnis gebilligt.

5. T ist nur strafbar wegen heimtückischen Mordes (§ 211 Abs. 1, Abs. 2 Gr. 2 Var. 1 StGB), wenn sich sein Vorsatz darauf bezieht.

Genau, so ist das!

Der Vorsatz muss sich auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale beziehen (Umkehrschluss aus § 16 StGB). Das Mordmerkmal der "Heimtücke" ist ein tatbezogenes, objektives Mordmerkmal. Zusätzlich ist erforderlich, dass der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit erkennt und diese zur Tatbegehung ausnutzt (Ausnutzungsbewusstsein als subjektives Merkmal der Heimtücke). T war bewusst, dass die F arg- und wehrlos vor der Wohnungstür warten würde und er hat diese Situation bewusst für die Tatausführung ausgenutzt. Teilweise wird das Ausnutzungsbewusstsein statt im subjektiven im objektiven Tatbestand geprüft - beides ist vertretbar.
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