Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Geschäftsfähigkeit
Grundwissen beschränkte Geschäftsfähigkeit, lediglich rechtlich vorteilhaft
Grundwissen beschränkte Geschäftsfähigkeit, lediglich rechtlich vorteilhaft
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der 14jährige M bietet dem 20jährigen T ein aufgemotztes Mofa zum Preis von €450 an.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Grundwissen beschränkte Geschäftsfähigkeit, lediglich rechtlich vorteilhaft
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. M ist mit einem Alter von 14 Jahren beschränkt geschäftsfähig (§ 106 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das gegenüber T geäußerte Angebot zum Verkauf des Mofas ist für M lediglich rechtlich vorteilhaft (§ 107 BGB).
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Kathi
1.6.2024, 11:27:27
Liebe Alle, liebes Jurafuchs-Team, eine kurze Verständnisfrage: Angebote zum Verkauf oder Kauf AN einen beschränkt Geschäftsfähigen sind
rechtlich vorteilhaft, weil sie erst einmal nur die Möglichkeiten eröffnen? Aber Angebote zum Verkauf oder Kauf VON einem beschränkt Geschäftsfähigen sind rechtlich nachteilhaft?
Niklas3461
18.6.2024, 18:06:02
Liebe Kathi, würde ich so sehen, weil ja nach § 145 eine rechtliche Bindung an das Angebot besteht, soweit diese nicht ausgeschlossen ist. Würde man dann zulassen, dass der Mdj. Angebote abgeben kann so könnte der andere diese annehmen und der Minderjährige hätte dann ein Geschäft abgeschlossen was rechtlich nachteilig ist. Hoffe ich konnte dir helfen.
Skra8
10.10.2024, 11:42:35
Hi @[Kathi](189118), so absurd es auch klingen mag, im Großen und Ganzen ist das, was du sagst, korrekt: Der Unterschied zwischen den Konstellationen „Von einem Minderjährigen“ und „An den Minderjährigen“ lässt sich besser verstehen, wenn man die dahinterstehende Systematik genauer betrachtet. Während sich die Konstellation „Von einem Minderjährigen“ direkt nach §
107 BGBrichtet, ist bei der Frage der Wirksamkeit der Willenserklärung in der Konstellation „An den Minderjährigen“ zunächst § 131 Abs. 1 u. Abs. 2 BGB zu beachten. In der ersten Konstellation stellt sich sofort die Frage, ob das Angebot zum Kauf oder Verkauf eines Gegenstandes
lediglich rechtlich vorteilhaftim Sinne des §
107 BGBist. Hierfür muss sich die Rechtsstellung des Minderjährigen ausschließlich verbessern. (MüKoBGB/Spickhoff, 9. Aufl. 2021, BGB § 107 Rn. 38, beck-online) Das ist natürlich nicht der Fall, denn bei einem Kauf muss der Minderjährige gemäß § 433 Abs. 2 BGB den Kaufpreis zahlen, und bei einem Verkauf muss er gemäß § 433 Abs. 1 BGB die Kaufsache übergeben und das Eigentum daran verschaffen. Anders sieht es aus, wenn ein Kauf- oder Verkaufsangebot an den Minderjährigen gerichtet wird: Hier stellt sich zunächst die Frage, ob diese Willenserklärung des Anderen überhaupt wirksam geworden ist. Nach §§ 130 Abs. 1, 131 Abs. 1 u. Abs. 2 S. 1 BGB muss die Willenserklärung grundsätzlich dem gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen zugehen, um wirksam zu werden. § 131 Abs. 2 S. 2 BGB lässt jedoch ausnahmsweise den Zugang einer Willenserklärung zu, wenn sie
lediglich rechtlich vorteilhaftist. Der Begriff „
lediglich rechtlich vorteilhaft“ im Sinne von § 131 Abs. 2 S. 2 BGB ist identisch mit dem in §
107 BGB(BeckOGK/Gomille, 1.9.2022, BGB § 131 Rn. 17, beck-online). Betrachtet man ein an einen Minderjährigen gerichtetes Vertragsangebot, so sind die unmittelbaren Folgen dieses Angebots, dass der beschränkt Geschäftsfähige die Wahl zwischen „Annahme und Nichtannahme“ hat, wodurch der Minderjährige technisch gesehen sogar einen Zuwachs an Rechten erlangt (BeckOGK/Gomille, 1.9.2022, BGB § 131 Rn. 17, beck-online). Problematisch wird es dann allerdings wieder bei der Annahme dieses Angebots.
benjaminmeister
12.11.2024, 15:54:58
Naja, das Ergebnis ist genau genommen alles andere als absurd 😉 Ein gegenüber dem Minderjährigen gemachtes Angebot erweitert - wie mehrfach jetzt richtigerweise festgestellt wurde - dessen Rechtskreis nur, weshalb es folgerichtig
lediglich rechtlich vorteilhaftist. Die Annahme dieses gegenüber dem Minderjährigen gemachten Angebots durch den Minderjährigen wiederrum ist dann natürlich nicht mehr
lediglich rechtlich vorteilhaft, weil dem Rechtskreis nicht nur Rechte, sondern eben auch Pflichten hinzugefügt werden würden.
Skra8
13.11.2024, 11:02:38
Hi @[benjaminmeister](216712), bitte verstehe mich nicht falsch; ich meine nicht, dass die Systematik nicht folgerichtig wäre. Das Vorgehen ist durchaus konsequent. Allerdings meine ich schon, dass es für jemanden, der sich ggf. das erste Mal damit beschäftigt, absurd klingen mag, dass das Angebot
lediglich rechtlich vorteilhaftist, weil man a) annehmen kann, was dann wiederum nicht mehr
lediglich rechtlich vorteilhaftist, oder b) ablehnen kann, was zu keiner Rechtsfolge führt. Ich meine nicht, dass das Thema so trivial zu verstehen ist. LG