Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Geschäftsfähigkeit

Beschränkte Geschäftsfähigkeit des Empfängers (§ 131 Abs. 2 BGB) – Lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft

Beschränkte Geschäftsfähigkeit des Empfängers (§ 131 Abs. 2 BGB) – Lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft

19. Februar 2025

11 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

J ist 15 Jahre alt und hat vor kurzem seinen Mofa-Führerschein gemacht. T übergibt J ein schriftliches Kaufangebot. Darin bietet er J sein altes Piaggio Ciao (Baujahr 1975) zum Preis von € 500 an.

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Einordnung des Falls

Beschränkte Geschäftsfähigkeit des Empfängers (§ 131 Abs. 2 BGB) – Lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Angebot wird in dem Moment wirksam, in dem T es J übergibt.

Genau, so ist das!

Im Grundsatz gilt: Wird eine Willenserklärung gegenüber einem beschränkt Geschäftsfähigen abgegeben, wird sie erst wirksam, wenn sie dem gesetzlichen Vertreter zugeht (§ 131 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 BGB). Hiervon bestehen zwei Ausnahmen: Die gegenüber einem beschränkt Geschäftsfähigen abgegebene WE wird bereits mit Zugang bei diesem selbst wirksam, wenn sie (1) ihm lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt oder (2) der gesetzliche Vertreter die Einwilligung erteilt hat (§ 131 Abs. 2 S. 2 BGB). Das Angebot bringt J lediglich einen rechtlichen Vorteil: Er wird nicht verpflichtet, erlangt aber die Möglichkeit der Annahme. Das Angebot ist mit Übergabe an J wirksam geworden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SI

sinaaaa

17.1.2023, 15:04:50

Warum erlangt der Minderjährige hier einen rechtlichen Vorteil? Er muss gem. 433 II den Kaufpreis bezahlen. In der vorherigen Erklärung aus einer Frage stand dass dir Willenserklärung unwirksam ist wenn der Minderjährige persönlich verpflichtet wird und hier wird er zur Kaufpreiszahlung verpflichtet.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.1.2023, 11:44:53

Hallo sinaaaa, hier musst Du etwas aufpassen. In dem vorliegenden Fall geht es allein um das Angebot, nicht um den Kaufvertrag. Das Angebot stellt für J erst einmal eine Verbesserung seiner Rechtsstellung dar. Denn durch dieses erhält er die Möglichkeit, das Mofa zu erwerben. Ein rechtlicher Nachteil geht mit dieser Option erst einmal nicht einher. Dieser entsteht erst durch die Annahme des Angebotes, da dann - wie Du richtig einwendest - die Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung bestünde. Darum ging es an dieser Stelle allerdings noch nicht :-). Deshalb wird das Angebot unmittelbar durch Zugang bei J wirksam. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

SI

silasowicz

11.8.2023, 10:45:42

Ich verstehe es auch nicht ganz… Könnte man das Angebot nicht auch so verstehen, dass es unter der Bedingung der Kaufpreiszahlung bzw. der Verpflichtung dazu abgegeben wurde, die rechtlich nachteilhaft wäre?

BL

Blotgrim

28.3.2024, 11:49:05

Das Angebot muss aber trotzdem angenommen werden egal unter welcher Bedingung es gemacht wurde. Solange der J nicht zustimmt kann er nicht verpflichtet werden und solange er dies nicht tut hat er erstmal nur das Angebot welches ihm die Möglichkeit des Erwerbs verschafft und daher

lediglich rechtlich vorteilhaft

ist

BL

Blotgrim

28.3.2024, 11:52:12

Das Angebot muss aber trotzdem angenommen werden egal unter welcher Bedingung es gemacht wurde. Solange der J nicht zustimmt kann er nicht verpflichtet werden und solange er dies nicht tut hat er erstmal nur das Angebot welches ihm die Möglichkeit des Erwerbs verschafft und daher

lediglich rechtlich vorteilhaft

ist. Außerdem ist eine solche Bedingung nicht möglich bzw. nicht sinnvoll, da sie ja die Rechtsfolge beschreibt die eintritt wenn ich das Angebot annehme, wird das Angebot nicht angenommen erlischt es ja ohnehin, dazu muss ich keine Bedingung stellen und wenn es angenommen wird muss der Kaufpreis gezahlt werden auch hier brauche ich keine Bedingung

UGE

Ugento

12.9.2024, 10:58:17

Besteht nicht ein rechtlicher Nachteil darin, dass das Angebot, welches unter Anwesenden gemacht wird, nur sofort angenommen werden kann? Geht man hier von einer Wirksamkeit aus, kann der Minderjährige nur sofort annehmen, diese Willenserklärung wäre dann

schwebend unwirksam

. Für den Rechtsverkehr erscheint es dann doch sinnvoller, einen rechtlichen Nachteil darin zu sehen, damit die WE erst mit Zugang bei den Eltern zugeht. Es liegt nahe, dass dann eine etwaige Annahme durchdachter ist, so ist der Minderjährige geschützt und der Anbietende kann sich ein wenig sicherer fühlen, weil er nicht befürchten muss, dass die Willenserklärung seines Vertragspartners

schwebend unwirksam

ist. Oder bin ich hier komplett auf dem Holzweg?

MAR

Marius

9.10.2024, 16:59:14

Zur erklärenden Illustration für alle, die sich nach dem Sinn eines bloßen Angebots fragen: „Ich mache ihm ein Angebot, das er nicht annehmen kann…“ ;) Zumindest nicht selbst, aber denkbar wäre ja, dass die gesetzlichen Vertreter noch zustimmen. Daher ist das Angebot alleine nicht automatisch sinnlos.

BEN

benjaminmeister

12.11.2024, 16:05:44

@[Ugento](179280) Der Minderjährigenschutz soll aber nicht bezwecken, dass dem Minderjährigen nur gute Angebot zugehen und dann auch noch erhalten bleiben. Finde es sehr abwegig in dem Angebotsablauf einen rechtlich erheblichen Nachteil im Sinne der Norm zu sehen, weil dieser "Rechtsnachteil" (Erlöschen des Angebots weil Annahme nicht sofort erfolgt ist) nicht unmittelbar durch die Willenserklärung des Antragenden eintritt, mit der er das Angebot unterbreitet, sondern erst mittelbar im nächsten Schritt durch eine nicht erfolgte Annahme. Bei Gesamtbetrachtung geht dem Minderjährigen mit dem Angebot nur eine Erweiterung seines Rechtskreises zu (Möglichkeit jetzt in diesem Moment annehmen zu können). Das Problem mit der Unsicherheit wegen schwebender Unwirksamkeit auf Seiten des Antragenden löst sich übrigens ganz elegant durch §§ 108,

109 BGB

.

AN

Antonia

20.10.2024, 21:55:07

In einer vorherigen Aufgabe hieß es bzgl. des Zugangs im Falle von Geschäftsunfähigen, dass nur dann ein Zugang nach §131 I vorliegt, wenn der Erklärende die Willenserklärung an den gesetzlichen Vertreter des Geschäftsunfähigen gerichtet hat oder seine Absicht hierzu erkennbar nach Außen getreten ist. Gilt dies auch für beschränkt Geschäftsfähige? Liegt also kein Zugang vor, wenn die WE an den beschränkt Geschäftsfähigen gerichtet ist, der gesetzliche Vertreter aber tatsächlich Kenntnis genommen hat?


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