§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB - Individualabrede
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Student S will ein Fahrrad kaufen. Händlerin H legt S ein vorgedrucktes Kaufvertragsformular vor. Darin steht, H hafte nur ein Jahr ab Verkauf für Mängelgewährleistungsschäden. S und H diskutieren über die Klausel. Sie ändern den Zeitrahmen einvernehmlich auf zwei Jahre.
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Einordnung des Falls
§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB - Individualabrede
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Bei der von H ursprünglich vorgelegten Klausel handelt es sich eine „vorformulierte Vertragsbedingung“ (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die von H ursprünglich vorgelegte Klausel ist „für eine Vielzahl von Verträgen“ aufgestellt und „von einer Vertragspartei (Verwender) gestellt“ (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB).
Genau, so ist das!
3. Bei der von H und S abgeänderten Gewährleistungsklausel handelt es sich demnach um AGB im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Domenic
16.11.2021, 18:22:13
Vielleicht könntet ihr hier in der Lösung noch speziell den § 305 Abs. 1 S. 3 BGB anbringen. :)
Lukas_Mengestu
17.11.2021, 19:36:20
Danke Domenic, wir haben die Norm nun explizit in die Lösung mit aufgenommen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
hannabuma
29.1.2024, 12:09:37
Sandra
29.3.2024, 16:49:04
Ich vermute, dass § 305 I 3 grundsätzlich nur festlegt, wann es sich nicht um AGB handelt bzw. dass es sich bei ausgehandelten Abreden eben nicht um AGB handelt (Abgrenzung) und § 305b macht deutlich, dass diese
Individualabreden Vorrang vor AGB haben (Geltung)
Flohm
2.4.2024, 12:03:12
Sehe ich auch so. §305b greift, wenn sowohl AGB als auch eine
Individualabredevorliegen (die sich z.B. widersprechen)
Arno
25.9.2024, 12:58:29
Liebes Jura-Fuchs-Team, mich interessiert aus welchem Grund § 305 I S.3 hier gilt, obwohl doch § 310 III Nr.1 bei einem Verbrauchervertrag, wie hier vorliegt, konstatiert, dass die AGB -also auch die fragliche Klausel- als vom Unternehmer gestellt gelten, soweit sie nicht vom Verbraucher eingebracht wurden. Vorliegend haben sie sich doch lediglich in einer Parteienabrede darauf geeinigt, demnach wurden sie nicht durch den Verbraucher eingebracht, sondern lediglich in
Individualabredeangepasst, daher müsste doch eigentlich die Vermutung des § 310 III Nr.1 BGB greifen. Oder liegt das daran, dass sonst der Anwendungsbereich des § 305 I S.3 BGB und damit die Privatautonomie bei Verbraucherverträgen zu stark eingeschränkt werden würde? Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen! Lieben Dank euch und großes Lob für euere tolle Arbeit!
Skra8
10.10.2024, 22:33:19
Hi @[Arno](234530), vielleicht verstehe ich die Frage nicht ganz richtig, aber vereinfacht gesagt behandeln die Regelungen in § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB und § 305 Abs. 1 S. 3 BGB zwei unterschiedliche Fragen. Während § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB die Fiktion des „Stellens“ von AGB betrifft (BeckOK BGB/Becker, 71. Ed. 1.5.2024, BGB § 310 Rn. 16, beck-online), geht es in § 305 Abs. 1 S. 3 BGB um die Frage, ob überhaupt AGB vorliegen (MüKoBGB/Fornasier, 9. Aufl. 2022, BGB § 305 Rn. 36, beck-online). Wenn § 305 Abs. 1 S. 3 BGB einschlägig ist, wird die Frage, wer die AGB "gestellt" hat, irrelevant, da es sich an diesem Punkt nicht mehr um AGB handelt. Hilft diese Einordnung weiter?