Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Formfreiheit und Grenzen

Öffentliche Beglaubigung des Handzeichens § 129 Abs. 2 S. 2 BGB

Öffentliche Beglaubigung des Handzeichens § 129 Abs. 2 S. 2 BGB

16. Februar 2025

13 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M und F schließen wirksam die Ehe. Sie bestimmen jedoch den Ehenamen erst nach der Eheschließung. Sie entscheiden sich für den Namen der F und schreiben die Bestimmung schriftlich auf Papier nieder. Die Unterzeichnung erfolgt mittels beglaubigten Handzeichens.

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Einordnung des Falls

Öffentliche Beglaubigung des Handzeichens § 129 Abs. 2 S. 2 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die nachträgliche Bestimmung des Ehenamens ist formlos möglich.

Nein!

Das Gesetz sieht ein Schriftformerfordernis in Form der öffentlichen Beglaubigung bei der Bestimmung des Ehenamens nach der Eheschließung vor (§ 1355 Abs. 3 S. 2 BGB). M und F bestimmen den Ehenamen nicht im Zeitpunkt der Eheschließung, sondern nachträglich.
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2. Die öffentliche Beglaubigung setzt zwingend die Beglaubigung der Unterschrift des Erklärenden voraus.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Erklärung kann mittels Handzeichen unterzeichnet werden (§ 129 Abs. 2 BGB). Das Handzeichen ersetzt die Unterschrift. Ausreichend ist die Beglaubigung des Handzeichens(§ 129 Abs. 2 BGB). M und F mussten nicht eigenhändig handschriftlich unterschreiben.

3. M und F erfüllen die Voraussetzungen der öffentlichen Beglaubigung.

Ja, in der Tat!

Die Erklärung muss schriftlich abgefasst und die Unterschrift des Erklärenden oder das Handzeichen notariell beglaubigt sein (§ 129 Abs. 1 BGB). Die rechtlichen Anforderungen an die notarielle Beglaubigung richten sich nach dem BeurkG (§ 39 BeurkG, § 40 BeurkG). Das Handzeichen ist eigenhändig zu erstellen und kann beispielsweise in den Anfangsbuchstaben des Namens bestehen oder auch in Strichen bestehen. Die Bestimmung des Ehenamens wird auf Papier niedergeschrieben und damit in Schriftzeichen verkörpert. Das Handzeichen ist notariell beglaubigt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Tigerwitsch

Tigerwitsch

5.5.2021, 22:16:56

Wie kann ich mir dieses Handzeichen vorstellen? Wenn es eigenhändig auf Papier sein muss, ist es doch wie eine Art „Unterschrift“?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

6.5.2021, 12:12:20

Hallo Tigerwitsch, das Handzeichen (auch Paraphe) genannt, ist eine erkennbar abgekürzte Form des Namens. Die Abgrenzung zur Unterschrift ist mitunter nicht leicht, da die Rechtsprechung hier recht großzügig verfährt und regelmäßig nicht verlangt, dass die Unterschrift lesbar ist. Eine "gekrümmte Linie" erfüllt aber beispielsweise nicht die Anforderungen einer Unterschrift (vgl. BGHNJW 1974, 1090) und müsste insofern als bloßes Handzeichen öffentlich beglaubigt werden, um die Schriftform zu wahren. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

IUS

iustus

13.6.2021, 21:05:44

Warum gibt es eigl diese Norm? Kann man nicht erwarten, dass man seinen Namen schreiben kann oder ist das tatsächlich eher für Fälle des Analphabetismus bzw. Leute gedacht, die bspw nicht mehr Schreiben können?

🔥1312

🔥1312🔥

8.11.2021, 07:17:34

Gut, dass hier noch mal nachgefragt wurde. Ich dachte die ganze Zeit, es geht darum, dass die sich dann zum Beispiel vor dem Notar per 'Handzeichen' melden, also gar nichts selber schreiben.

Cocos.lawstudy

Cocos.lawstudy

26.2.2022, 18:52:01

Frage ich mich auch iustus

QUIG

QuiGonTim

29.6.2022, 15:08:30

Das beglaubigte Handzeichen soll als Alternative zur (beglaubigten) Unterschrift Analphabeten, aber beispielsweise auch Menschen, die aus physischen Gründen nicht schreiben können, die Teilnahme am formgebundenen Rechtsverkehr ermöglichen.

Jonas22

Jonas22

9.4.2024, 09:34:12

Ich dachte jahrelang, Handzeichen bedeutet, dass man sich beim Notar meldet. So wie bei einer Abstimmung 😅. Ich finde das echt krass. Weil extrem viele Leute haben doch eine unleserliche Unterschrift, wo man den Namen nicht ansatzweise entziffern kann. Ist bei all diesen Leuten dann die Schriftform nicht gewahrt, wenn sie unterschreiben?

TI

Timurso

2.9.2024, 11:30:33

@[Jonas22](209572) die Frage stelle ich mir auch gerade.

BEN

benjaminmeister

16.11.2024, 22:04:00

@[Jonas22](209572) @[Timurso](197555) theoretisch ja, praktisch lässt die Rechtsprechung da echt viel durchgehen, solange man am Ende nur irgendwie (und mit irgendwie meine ich wortwörtlich irgendwie) von dem Gekrakel auf den Nachnamen schließen kann.

UL

Ulmenhorst

12.3.2023, 20:08:12

Die Zitation der Normen zum Handzeichen sind in der vorletzten Frage unzutreffend (129 Abs. 1 S. 2 statt 129 Abs. 2).

Nora Mommsen

Nora Mommsen

20.3.2023, 18:41:19

Hallo Ulmenhorst, danke dir. Das haben wir geändert :) Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Eichhörnchen I

Eichhörnchen I

11.9.2024, 09:50:48

Ein tolles praktisches Beispiel, wie man für alle und jeden notwendiges Jura-Wissen schon zu Schulzeiten niedrigschwellig in den Lernplan integrieren könnte. Gab es bei mir leider gar nicht. Dafür hier ein mega Aha-Erlebnis. Vielen Dank Jura(fuchs)

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

13.9.2024, 15:53:09

Hallo Eichhörnchen I, vielen Dank für dein Lob! Deine positive Rückmeldung motiviert uns, weiterhin unser Bestes zu geben. Beste Grüße, Christian Leupold-Wendling, für das Jurafuchs-Team


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