Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Objektive Zurechnung

Neffe überredet Onkel zu Flugreise (Erlaubtes Risiko / Sozialadäquanz)

Neffe überredet Onkel zu Flugreise (Erlaubtes Risiko / Sozialadäquanz)

25. Januar 2025

14 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

N will den Tod seines schwerreichen Onkels O herbeiführen und überredet ihn zu einer Flugreise. N hofft, dass das Flugzeug abstürzt. Es stürzt tatsächlich ab und O stirbt.

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Einordnung des Falls

Neffe überredet Onkel zu Flugreise (Erlaubtes Risiko / Sozialadäquanz)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. N hat den Tod des O kausal verursacht.

Ja!

Rspr. und hL bestimmen die Kausalität überwiegend nach der Äquivalenztheorie (= conditio sine qua non Formel). Eine Handlung ist danach kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.Hätte N den O nicht zur Unternehmung der Flugreise überredet, wäre O nicht in das Flugzeug gestiegen und tödlich verunglückt.
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2. Der Tod des O ist N objektiv zurechenbar.

Nein, das ist nicht der Fall!

Objektiv zurechenbar ist ein Erfolg, wenn der Täter (1) eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen und (2) sich genau diese Gefahr im Erfolg realisiert hat. Keine rechtlich missbilligte Gefahr liegt darin, wenn der Täter zwar ein Verletzungsrisiko hervorruft, sein Verhalten aber vom erlaubten Risiko gedeckt ist. Dies ist der Fall, wenn das Verhalten trotz Gefährlichkeit aufgrund des sozialen Nutzens gemeinschaftsüblich ist und gebilligt wird (sog. Sozialadäquanz).Flugverkehr ist generell sozial nützlich. Es besteht auch nur eine geringe Absturzwahrscheinlichkeit. Dass der N den O überredet hat zu fliegen, ist sozialadäquat und damit nicht rechtlich missbilligt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EB

Elias Von der Brelie

8.5.2023, 13:10:58

Also bei den Unfall Wahrscheinlichkeiten von Flugzeugen hat N schon echt unfassbares Glück gehabt. So ein dummer Plan und irgendwie funktioniert er :')

Nora Mommsen

Nora Mommsen

8.5.2023, 17:11:33

Hallo Elias Von der Brelie, herzlich Willkommen im Jurafuchs-Forum! Die Realität schreibt bekanntlich die verrücktesten Geschichten, auch wenn ich nicht sicher bin, ob sich diese tatsächlich so zugetragen hat. ;) Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

falktghl

falktghl

8.1.2024, 22:17:46

mE (und Ansicht Alpmann Schmidt) handelt es sich hierbei nicht um die Kategorie „

Sozialadäquanz

“ sondern die Kategorie „menschlich nicht beherrschbar“. Ich kann den Xyz auch überrede den Boden auf ddm schulhof abzulecken und zu hoffen dass er dadurch stirbt. Rein zufällig sind zuvor chemikalien aus dem Unterricht an der Stelle entwichen. Es wäre nicht

sozialadäquat

. Allerdings menschlich nicht beherrschbar.

Moltisanti

Moltisanti

15.2.2024, 13:04:19

Bei deinem Fall wäre wohl schon bereits die

eigenverantwortliche selbstgefährdung

gegeben, wenn es nicht schon Kraft überlegenem Wissens onjektiv zurechenbar wäre

Sambajamba10

Sambajamba10

19.3.2024, 10:41:56

Wenn es schon nicht sozial adäquat wäre, dann wäre es auch offensichtlich eine rechtlich missbilligte Gefahrschaffung. Insoweit ist unklar, was du mit deinem Beispiel aussagen willst. Des Weiteren kenne ich persönlich niemanden weiter, der diese Terminologie verwendet, während

Sozialadäquanz

/allgemeines Lebensrisiko oder erlaubtes Risiko geläufig sind

JURAFU

Jurafuchsin

24.2.2024, 01:05:58

Gibt es iRd objektiven Zurechnung einen Unterschied zwischen erlaubtem Risiko, sozial adäquatem Verhalten und allgemeine Lebensrisiko oder sind das lediglich Synonyme?

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

23.12.2024, 18:48:41

Hallo @[Jurafuchsin](236249), ich kann hier natürlich nicht mit absoluter Sicherheit für sämtliche Quellen antworten. Nach meinem Eindruck werden "erlaubtes Risiko" und "

sozialadäquates Verhalten

" aber tatsächlich zumindest weitestgehend (komplett?) synonym verwendet. Entsprechendes gilt für den Begriff des "allgemeinen Lebensrisikos". Ich persönlich kenne die beiden erstgenannten Begriffe allerdings überwiegend aus dem StrafR, den des "allgemeinen Lebensrisikos" eher aus dem ZivilR - was nicht heißt, dass die Begriffe nicht auch im jeweils anderen Rechtsgebiet oder auch im ÖffR verwendet werden. Das ist zugegebenermaßen eher eine gefühlte Wahrheit. Ich habe gerade aber mal die Begriffe bei beck-online eingegeben und das Suchergebnis stützt zumindest mein Gefühl: Man erhält für "erlaubtes Risiko" und "

sozialadäquates Verhalten

" die meisten Ergebnisse aus dem StrafR, für "allgemeines Lebensrisiko" aus dem ZivilR. Es sollte klar sein, dass man das sehr zurückhaltend sehen muss (weil die Quellen in beck-online zB nicht perfekt gleich verteilt sind), aber als Indiz für den juristischen Sprachgebrauch fand ich das ganz interessant. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

Deno

Deno

9.1.2025, 15:38:42

@[Sebastian Schmitt](263562) Bei uns an der Universität wurde das

sozialadäquat

e Verhalten bei der rechtlich missbilligten Risikosetzung thematisiert, während der Punkt über das allgemeine Lebensrisiko bei der Risikorealisierung behandelt wurde. Also beide weiterhin bei der objektiven Zurechnung, nur an verschiedenen Abschnitten.


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