Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Subjektiver Tatbestand
Abgrenzung Eventualvorsatz/ bedingte Fahrlässigkeit („Zufahren auf Polizeibeamte in einer Polizeisperre“)
Abgrenzung Eventualvorsatz/ bedingte Fahrlässigkeit („Zufahren auf Polizeibeamte in einer Polizeisperre“)
7. April 2025
17 Kommentare
4,7 ★ (15.576 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A versucht, sich einer polizeilichen Festnahme zu entziehen, indem er auf eine Polizeisperre zufährt. Polizist P kann noch rechtzeitig zur Seite springen. A war hiervon auch ausgegangen, weil er darauf vertraute, dass Polizisten auf das Beiseite-Springen geschult werden.
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Einordnung des Falls
Abgrenzung Eventualvorsatz/ bedingte Fahrlässigkeit („Zufahren auf Polizeibeamte in einer Polizeisperre“)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hatte Eventualvorsatz hinsichtlich eines Totschlags an P (§ 212 Abs. 1 StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Rirooo
2.12.2019, 10:18:53
Dann also § 222 im Versuch?
Mila
4.12.2019, 21:34:05
Es gibt grundsätzlich keinen fahrlässigen Versuch im Strafrecht

Vulpes
12.3.2021, 09:41:24
Hallo Rirooo, der Versuch wird dann geprüft, wenn der
Vorsatzweiter reicht als das, was der Täter tatsächlich verwirklicht hat. Bei
Fahrlässigkeitsdelikten liegt gerade kein
Vorsatzvor, somit ist eine Kombination aus beiden unmöglich. 🙂

Nils
2.12.2024, 19:59:30
Man kann zwar etwas nicht fahrlässig versuchen, aber die
Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination gibt es sehr wohl, vgl. § 11 Abs. 2 StGB. Dass das unmöglich sei, stimmt also so nicht.
Hfmeister
3.6.2021, 00:50:32
Also diese Ansicht des BGH halte ich doch für etwas bedenklich. Ich finde es etwas schwer vertretbar hier einfach - abgestellt auf vermeintlich „besondere Fähigkeiten“ einer bestimmten Berufsgruppierung - anzunehmen, dass diese Fähigkeiten automatisch für jeden Angehörigen dieses Berufes gelten und darauf aufbauend den Täter in diesem Maße besser zu stellen. Hier wurde auf einen Menschen zu gerast, dessen Tod - um des Entkommens willen - billigend in Kauf genommen wurde und Ende. Das ist keine Fahrlässigkeit. Mit dieser Entscheidung wird signalisiert, dass es zumindest „nicht allzu schlimm“ sei, auf Beamte der Polizei zuzurasen, um einer Strafverfolgung zu entkommen. Ich halte es für etwas über das Ziel hinaus geschossen, hier auf den Beruf abzustellen. Ich schubse den Turmspringer ja auch nicht fahrlässig aus heiterem Himmel aus 15 Meter ins eiskalte Wasser, weil ich davon ausgehen konnte, dass der das auf jeden Fall gebacken bekommt, weil ja alle Turmspringer gleichermaßen gut geschult in solchen Situationen handeln können. Würde das heute auch noch so entschieden werden? Diese (scheinbar generelle) Vorstellung, dass alle Polizisten unantastbare Reflexe beim zur-Seite-Springen hätten, ist mir nämlich zumindest heut zu Tage noch nicht geläufig.

DeliktusMaximus
11.8.2022, 15:02:03
Die Argumentation des BGH in diesem Fall ist grotesk.
Elias Von der Brelie
11.5.2023, 20:41:38
Okay mag ja sein aber eine Begründung wäre ganz hilfreich damit auch Jura Anfänger wie ich verstehen wovon du sprichst.

Pilea
14.12.2022, 13:03:00

Nora Mommsen
16.12.2022, 17:11:09
Hallo Pilea, hier kann man eine
Nötigungannehmen, ggfs. einen
Eingriffin den Straßenverkehr - dafür reicht Gefährdungs
vorsatz. Wäre es zu einer Verletzung oder Schlimmerem gekommen wären die
Fahrlässigkeitsdeliktezu prüfen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Cosmonaut
19.2.2024, 09:12:32
das „gerade noch so Beiseitespringen“ ist wohl der Schulfall für den bei § 315b nötigen „Beinahe-Unfall“ sowie die
Pervertierungder Vorgänge im Straßenverkehr und des Autos zu einem verkehrsfremden Innen
eingriff. Auf jeden Fall auch (nach Tötungsdelikten) mit 315b beginnen, weil höhere Strafan
drohungals 240.
Morten99
17.5.2024, 14:50:41
In dem Fall käme doch auch der §114
Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamtein Betracht wenn ich mich nicht Irre? Siehe OLG Hamm 12.2.2019 - 4 RVs 9/19

Sassun
23.10.2024, 15:34:30
Das Vertrauen dass A im Rahmen bewusster Fahrlässigkeit haben müsste, muss auf
Tatsachenberuhen. Nicht ausreichend wäre ein bloße Hoffnung. Außerdem muss A ernsthaft und nicht nur vage darauf Vertrauen, dass der Erfolg nicht eintritt. Worin liegen hier die das Vertrauen stützenden
Tatsachen. Ist es das bloße Vertrauen in die Reaktionsfähigkeit durch die polizeiliche Ausbildung. Dass hätte ich eher als bloße Hoffnung kategorisiert.
Dominikpolitics
26.1.2025, 20:47:02
Die polizeiliche Ausbildung bzw. die geschulten Fähigkeiten im Einsatz gepaart mit der sportlichen Fitness sprechen für mich schon für eine „Tatsache“. Schließlich wird man wohl davon ausgehen können, dass ein Polizist in solchen Situationen anders und geschulter reagiert, als es bspw. ein normaler Bürger tut.