Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Subjektiver Tatbestand

Abgrenzung Eventualvorsatz/ bedingte Fahrlässigkeit („Zufahren auf Polizeibeamte in einer Polizeisperre“)

Abgrenzung Eventualvorsatz/ bedingte Fahrlässigkeit („Zufahren auf Polizeibeamte in einer Polizeisperre“)

22. November 2024

4,7(13.504 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
Tags
Klassisches Klausurproblem

A versucht, sich einer polizeilichen Festnahme zu entziehen, indem er auf eine Polizeisperre zufährt. Polizist P kann noch rechtzeitig zur Seite springen. A war hiervon auch ausgegangen, weil er darauf vertraute, dass Polizisten auf das Beiseite-Springen geschult werden.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Abgrenzung Eventualvorsatz/ bedingte Fahrlässigkeit („Zufahren auf Polizeibeamte in einer Polizeisperre“)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hatte Eventualvorsatz hinsichtlich eines Totschlags an P (§ 212 Abs. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Die hM nimmt die Abgrenzung Vorsatz / Fahrlässigkeit anhand des voluntativen Elements vor: Der Täter hat bedingten Vorsatz, wenn er sich mit dem als möglich erkannten Erfolg abfindet (Ernstnahmetheorie der hL) bzw. den als möglich erkannten Erfolg billigend in Kauf nimmt (Billigungstheorie der Rspr.). Er handelt dagegen bewusst fahrlässig, wenn er mit dem als möglich erkannten Erfolg nicht einverstanden ist und ernsthaft darauf vertraut, dass er nicht eintrittBGH: Erfahrungsgemäß vertrauten Kraftfahrer typischerweise auf die hohe Reaktionsfähigkeit von Polizisten. A habe angesichts der von ihm angenommenen besonderen Fähigkeiten des P ernsthaft auf einen guten Ausgang und damit auf das Ausbleiben des Erfolges vertraut.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

RI

Rirooo

2.12.2019, 10:18:53

Dann also § 222 im Versuch?

MI

Mila

4.12.2019, 21:34:05

Es gibt grundsätzlich keinen fahrlässigen Versuch im Strafrecht

Vulpes

Vulpes

12.3.2021, 09:41:24

Hallo Rirooo, der Versuch wird dann geprüft, wenn der

Vorsatz

weiter reicht als das, was der Täter tatsächlich verwirklicht hat. Bei

Fahrlässigkeitsdelikte

n liegt gerade kein

Vorsatz

vor, somit ist eine Kombination aus beiden unmöglich. 🙂

FUCH

Fuchsi69

20.1.2020, 18:55:28

A hat eine Nötigung (240 StGB) verwirklicht

HFME

Hfmeister

3.6.2021, 00:50:32

Also diese Ansicht des BGH halte ich doch für etwas bedenklich. Ich finde es etwas schwer vertretbar hier einfach - abgestellt auf vermeintlich „besondere Fähigkeiten“ einer bestimmten Berufsgruppierung - anzunehmen, dass diese Fähigkeiten automatisch für jeden Angehörigen dieses Berufes gelten und darauf aufbauend den Täter in diesem Maße besser zu stellen. Hier wurde auf einen Menschen zu gerast, dessen Tod - um des Entkommens willen - billigend in Kauf genommen wurde und Ende. Das ist keine Fahrlässigkeit. Mit dieser Entscheidung wird signalisiert, dass es zumindest „nicht allzu schlimm“ sei, auf Beamte der Polizei zuzurasen, um einer Strafverfolgung zu entkommen. Ich halte es für etwas über das Ziel hinaus geschossen, hier auf den Beruf abzustellen. Ich schubse den Turmspringer ja auch nicht fahrlässig aus heiterem Himmel aus 15 Meter ins eiskalte Wasser, weil ich davon ausgehen konnte, dass der das auf jeden Fall gebacken bekommt, weil ja alle Turmspringer gleichermaßen gut geschult in solchen Situationen handeln können. Würde das heute auch noch so entschieden werden? Diese (scheinbar generelle) Vorstellung, dass alle Polizisten unantastbare Reflexe beim zur-Seite-Springen hätten, ist mir nämlich zumindest heut zu Tage noch nicht geläufig.

DeliktusMaximus

DeliktusMaximus

11.8.2022, 15:02:03

Die Argumentation des BGH in diesem Fall ist grotesk.

EB

Elias Von der Brelie

11.5.2023, 20:41:38

Okay mag ja sein aber eine Begründung wäre ganz hilfreich damit auch Jura Anfänger wie ich verstehen wovon du sprichst.

Pilea

Pilea

14.12.2022, 13:03:00

Nach welchen §§ wird das Verhalten dann sanktioniert, wenn nicht nach

vorsatz

/Versuch?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

16.12.2022, 17:11:09

Hallo Pilea, hier kann man eine Nötigung annehmen, ggfs. einen Eingriff in den Straßenverkehr - dafür reicht Gefährdungs

vorsatz

. Wäre es zu einer Verletzung oder Schlimmerem gekommen wären die

Fahrlässigkeitsdelikte

zu prüfen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Cosmonaut

Cosmonaut

19.2.2024, 09:12:32

das „gerade noch so Beiseitespringen“ ist wohl der Schulfall für den bei § 315b nötigen „Beinahe-Unfall“ sowie die

Pervertierung

der Vorgänge im Straßenverkehr und des Autos zu einem verkehrsfremden Inneneingriff. Auf jeden Fall auch (nach Tötungsdelikten) mit 315b beginnen, weil höhere Strafan

drohung

als 240.

Morten99

Morten99

17.5.2024, 14:50:41

In dem Fall käme doch auch der §114 Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte in Betracht wenn ich mich nicht Irre? Siehe OLG Hamm 12.2.2019 - 4 RVs 9/19

Sassun

Sassun

23.10.2024, 15:34:30

Das Vertrauen dass A im Rahmen bewusster Fahrlässigkeit haben müsste, muss auf Tatsachen beruhen. Nicht ausreichend wäre ein bloße Hoffnung. Außerdem muss A ernsthaft und nicht nur vage darauf Vertrauen, dass der Erfolg nicht eintritt. Worin liegen hier die das Vertrauen stützenden Tatsachen. Ist es das bloße Vertrauen in die Reaktionsfähigkeit durch die polizeiliche Ausbildung. Dass hätte ich eher als bloße Hoffnung kategorisiert.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen