Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.

Betrug (§ 263 StGB)

Individueller Schadenseinschlag I – Melkmaschinenfall

Individueller Schadenseinschlag I – Melkmaschinenfall

19. Februar 2025

8 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Vertreter V verkauft Bauer B eine Melkmaschine zum Kaufpreis von €350.000, was deren objektivem Wert entspricht. B hat 50 Kühe und V hatte ihm vertraglich zugesichert, dass die Maschine für 50 Kühe geeignet wäre. Die Maschine ist jedoch nur für 10 Kühe ausgelegt.

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Einordnung des Falls

Individueller Schadenseinschlag I – Melkmaschinenfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B wurde von V getäuscht.

Ja!

V sicherte B vertraglich zu, dass die Melkmaschine für 50 Kühe geeignet sei. Tatsächlich ist sie nur für 10 Kühe ausgelegt.
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2. B hat eine Vermögensverfügung getätigt.

Genau, so ist das!

Eine Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt. Durch Zahlung des Kaufpreises, hat B unmittelbar sein Vermögen um €350.000 gemindert.

3. Da der objektive Wert der Melkmaschine dem von B gezahlten Kaufpreis entspricht, liegt kein Vermögensschaden vor.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Vermögensschaden ist ein negativer Saldo, welches im Wege einer Gesamtbetrachtung aller Zu- und Abflüsse im Zusammenhang mit der Vermögensverfügung ermittelt wird. Ein Schaden kann aber auch dann angenommen werden, wenn die Leistung nicht (in vollem Umfang) dem vertraglich vorausgesetzten Zweck entspricht oder in anderer zumutbarer Weise verwendet werden kann. Kann die Sache nicht vertragsgemäß verwendet werden liegt der Schaden in der Unbrauchbarkeit. B kann die Maschine nur für einen kleinen Teil seiner Kühe verwenden. Es kann ihm zudem nicht zugemutet werden, dass er 40 Kühe verkauft, damit er die Maschine gebrauchen kann.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BL

Blotgrim

19.4.2023, 23:20:45

Ich finde die Antwort etwas komisch, er muss ja keine 40 Kühe verkaufen um die Maschine nutzen zu können, er kann halt nur von 10 Kühen die Milch holen. Und noch zum Verständnis, der Schaden wird darauf gestützt, dass das Opfer nicht das bekommt was es will. Weil der objektive Wert stimmt ja

Cosmonaut

Cosmonaut

11.2.2024, 21:36:25

@[Blotgrim](167544) Hi, Der Schaden beruht hier insbesondere darauf, dass die

vertraglich vorausgesetzte Verwendung

durch den Bauern, mittels der erlangten Leistung - entgegen der ausdrücklichen

Beschaffenheitsvereinbarung

im Kaufvertrag - hinter der tatsächlichen Verwendung zurückbleibt. Das ist auch plausibel, wenn man sich vorstellt, dass der arme Bauer nun 5x so viel Zeit brauchen wird, alle seine Kühe zu melken, als er sich das eigentlich ausgemalt hat. Jetzt muss er entweder mehr Personal einstellen oder Maschinen kaufen, um zum gewollten Ergebnis zu kommen. Gruß C

JO

JohnnyLbd

27.6.2024, 11:21:34

Hey, wie unterscheidet sich der Fall zu dem Zeitungsabo fall, wo das Opfer das Magazin auch mag, aber zum größten teil das abo abschließt um den Regenwald zu retten ? Wäre damit die

Beschaffenheitsvereinbarung

nicht auch auf den Regenwald bezogen gewesen - so wie hier nach der Argumentation auch auf die 40 mehr Kühe ?

Vincent

Vincent

5.2.2025, 13:00:19

Nein. Die Vereinbarung, dass ein Teil der Einnahmen dem Schutz des Regenwaldes zugute kommt entspricht nicht der Brauchbarkeit der Melkmaschinen. Das passende Pendant im Zeitungsfall ist dazu die Brauchbarkeit der Zeitung. Er bekommt die Zeitungen und kann diese lesen. Sie entsprechen also der vertragsgemäßen Brauchbarkeit.

GO

gova

8.4.2024, 13:12:10

Wäre es möglich zur Beantwortung dieser Frage die ihm Rahmen des

Spendenbetrug

s vorkommende

Zweckverfehlungslehre

heranzuziehen? Danach wird von einem Vermögensschaden ausgegangen, wenn der mit der Aufwendung verfolgte Zweck (in dem Fall Leistung des Kaufprodukts) verfehlt wird.

robse27

robse27

7.7.2024, 16:29:29

Hey, ich denke das ist gar nicht nötig, da die Lehre vom individuellen Schadenseinschlag (und ganz besonders die hier vorliegende Fallgruppe) wohl ganz allgemein anerkannt und ghM ist (vgl. Rengier BT I § 13 Rn. 202). Insofern dürfte ein Aufwerfen dieser Fallgruppe und ein Druntersubsumieren ausreichen, zumindest würde ich es so machen. LG :)


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