Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.

Betrug (§ 263 StGB)

Individueller Schadenseinschlag III - Opfer kann nicht mehr über Mittel verfügen für ordnungsgemäße Erfüllung der Verbindlichkeit / angemessene Wirtschafts- und Lebensführung

Individueller Schadenseinschlag III - Opfer kann nicht mehr über Mittel verfügen für ordnungsgemäße Erfüllung der Verbindlichkeit / angemessene Wirtschafts- und Lebensführung

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Vertreter V verkauft Bäuerin B eine Melkmaschine zum „Sonderpreis“ von €350.000, was dem objektivem Wert entspricht. Damit sie sich die Maschine leisten kann, verschuldet sie sich derart, dass sie ihre persönlichen Lebensverhältnisse auf eine Minimum zurückschrauben muss.

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Einordnung des Falls

Individueller Schadenseinschlag III - Opfer kann nicht mehr über Mittel verfügen für ordnungsgemäße Erfüllung der Verbindlichkeit / angemessene Wirtschafts- und Lebensführung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da der objektive Wert der Melkmaschine dem von B gezahlten Kaufpreis entspricht, liegt kein Vermögensschaden vor.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Vermögensschaden ist ein negativer Saldo, welches im Wege einer Gesamtbetrachtung aller Zu- und Abflüsse im Zusammenhang mit der Vermögensverfügung ermittelt wird. Er liegt auch vor, wenn durch den Vertrag ein starker Liquiditätsmangel verursacht wird. Der Geschädigte kann dann Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen oder kann sich eine angemessenen Lebensführung nicht mehr leisten.B hat sich wegen des „Sonderangebots“ derart verschuldet, dass sie ihre persönlichen Lebensverhältnisse auf ein Minimum zurückschrauben musste.Vermögen ist auch die Freiheit, die Vermögensbestandteile entsprechend den eigenen Bedürfnisses zu verwenden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SAUFE

Saufen_Fetzt

23.12.2022, 02:31:08

Würde vielleicht noch explizit in den Fall reinschrieben dass sie nur wegen dem fälschlichen Sonderangebot zugeschlagen hat. 263 ist zwar eine reine Dulli-Schutz Vorschrift, geht dann aber nicht so weit, dass sie jedem, der sich wirtschaftlich übernimmt, einen Darfschein erteilt, was der Fall hier mE ein wenig suggeriert. Insgesamt ist das ganze Thema natürlich schwierig: mE ist es nicht vertretbar zu argumentieren, dass jemand geschützt werden soll, der angesichts eines “Sonderangebots” nicht mal zwei Minuten Aufwand investiert, um den tatsächlichen Marktpreis zu ergooglen. Auch wäre es ja objektiv ein “Sonderangebot” wenn der Preis €1 unter dem stabilen Marktpreis liegt. Wer dann dämlich genug ist und sich für den Kauf der Maschine massiv verschuldet, wäre nicht geschützt, während der noch viel größere Trottel, der ‘halt aider Website kauft, die bunter blinkt’ zur heiligen Kuh des Straf- und über

134 BGB

auch des Zivilrechts erkoren wird.

BigLebowski

BigLebowski

2.9.2024, 17:30:17

Also zumindest diese Melkmaschinengeschichte davor war BGH-Judikatur aus dem Jahre 1961. Weiß nicht, wie das damals mitm Internet war.. Im übrigen ist damit den "Dullis" (Opfern einer Straftat?) geholfen. Ansonsten ja, kann man über den heutigen Verbraucherschutz und die "Rechtsfigur" streiten. Wobei ich mich persönlich über allen zusätzlichen Schutz freue, den ich haben kann.

juramen

juramen

28.12.2022, 03:26:46

Aber liegt es nicht im Rahmen der Privatautonomie, dass der Käufer selbst dafür verantwortlich ist, wie er mit seinem Geld umgeht? Einen tatsächlichen Vermögensverlust hat ie ja nicht erlitten, die Melkmaschine könnte jederzeit wieder verkauft werden…

Nora Mommsen

Nora Mommsen

2.1.2023, 12:13:18

Hallo juramen, du hast Recht, dass eigentlich ein tatsächlicher Vermögensschaden erforderlich ist - dies ist gerade das Wesen des Betruges. Dennoch hat der BGH einige Fallgruppen entwickelt, in denen das in absoluten Extremfällen anders zu bewerten sein kann. Der Verlust der persönlichen Lebensgrundlage aufgrund einer derartigen Verschuldung ist eine dieser Fallgruppen. Das kann man berechtigterweise als unsystematisch empfinden - der BGH hatte das Ziel damit in ganz konkreten Fällen unter Berücksichtigung besonders

verwerflich

en Verkäuferverhaltens Einzelfallgerechtigkeit herzustellen. Dies ist nun als Fallgruppe natürlich auch auf andere parallel gelagerte Fälle übertragbar. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Lord Denning

Lord Denning

17.9.2024, 15:46:45

Irgendwie klingt der graue Hinweis-Kasten wie eine Gleichsetzung von Vermögensschutz und Schutz der Dispositionsfreiheit, die ja eigentlich nicht durch § 263 I geschützt ist.


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