Strafrecht
BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.
Betrug (§ 263 StGB)
Individueller Schadenseinschlag II – Getäuschte zu vermögensschädigenden Maßnahmen genötigt
Individueller Schadenseinschlag II – Getäuschte zu vermögensschädigenden Maßnahmen genötigt
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Vertreterin V verkauft Bauer B eine Melkmaschine zum „einmaligen Sonderpreis“ von €350.000, was dem objektivem Wert entspricht. B nimmt wegen des vermeintlichen Sonderangebots ein ungünstiges Darlehen auf. Hätte B gewusst, das dies dem Listenpreis entspricht, hätte er das Darlehen nicht aufgenommen.
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Einordnung des Falls
Individueller Schadenseinschlag II – Getäuschte zu vermögensschädigenden Maßnahmen genötigt
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Da der objektive Wert der Melkmaschine dem von B gezahlten Kaufpreis entspricht, liegt kein Vermögensschaden vor.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
n00b
7.9.2022, 11:47:16
Wie ist das Definitionsmerkmal "nörigen" denn auazulegen? Man könnte ja auch sagen: B wurde zu nichts genötigt sondern hat sich autonom dazu entschieden anlässlich des Sonderangebots ein Darlehen aufzunehmen.
Nora Mommsen
8.9.2022, 11:20:26
Hallo n00b, "nötigen" ist hier nicht im strafrechtlichen Sinne zu verstehen. Der BGH erklärt das folgendermaßen: " Es kommt vor allem in Betracht, wenn der Getäuschte, um die erforderlichen Mittel zur Erfüllung des Vertrages zu beschaffen, ein anderes wirtschaftlich ungünstiges Geschäft abschließen muss, etwa durch Aufnahme eines hoch zu verzinsenden Darlehens oder durch unvorteilhafte Veräußerungen eines Wertpapiers oder durch den wirtschaftlich ungünstigen Verkauf eines Sachwerts, oder wenn er den Abschluß eines vorteilhaften anderen Geschäfts unterlassen muß. Auch hier kommt es aber auf die Gestaltung der jeweiligen Umstände an." (BGH NJW 1962, 309, 311). Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
juramen
28.12.2022, 03:24:32
Aber ist das dann nicht sehr vom Zufall abhängig, ob jetzt ein Vermögensschaden eintritt oder nicht? Der Verkäufer weiß ja im Zweifelsfall gar nichts von dem Darlehen… oder fällt das dann auf die Ebene des subjektiven Tatbestandes und der
Vorsatzentfällt dann ggf.?
Amastris
22.12.2023, 12:54:42
Ich finde das auch sehr zweifelhaft, ob man in allen Fällen einen Vermögensschaden bejahen kann. Man muss ja nicht unbedingt einen Kredit aufnehmen. Dann kann man den angebotenen Gegenstand eben nicht kaufen. Es obliegt doch einem selbst ob man einen solchen Kreditvertrag abschließt und sich nicht über die überhöhten Zinsen erkundigt hat. Ist morgen ein TV im Angebot und ich nehme dazu einen Kredit mit hohen Zinsen auf, kann ich doch auch keinen Dritten in die Haftung nehmen wenn sich raustellt ein vergleichbarer TV wäre 50 Euro günstiger gewesen. Dann würde es ja nur noch Klagen regnen denn es gibt ja unendlich viele solcher angeblichen Schnäppchen 🤔 Vielleicht könnt ihr das nochmal genauer erklären?
JohnnyLbd
1.7.2024, 13:41:10
Ich kann die Fallgruppe wirklich nur schwer nachvollziehen. Ob ein "Opfer" einen schlecht verzinsten Kredit aufnimmt um ein vermeintliches Sonderangebot abzuschließen ist meiner Ansicht nach nicht der Fehler des Verkäufers. Es wäre ja praktisch uferslos, wenn man dies gerade auch im Kontext der heutigen Möglichkeiten für Kleinkredite etc. betrachtet. Klar geht es hier um 350k, aber im Ergebnis kommt es ja auch auf den individuellen Schadenseinschlag an, d.h. bei Personen mit geringem Einkommen würde ein Kredit für kleinere Beträge mit schlechten Zinsen bedeuten, dass ein Vermögensschaden vorliegen würde. Finde ich schwierig gerade in Anbetracht des Normzwecks welcher das Vermögen schützen soll und nicht die Dispositionsfreiheit. Meinungen dazu ?
Petrus
2.1.2024, 12:03:56
Wenn der Vermögensschaden dann in dem ungünstigen Darlehen liegt, dann muss der Verkäufer aber auch
Vorsatzdiesbezüglich haben, dass der Käufer dieses ungünstige Darlehen aufnehmen muss oder? Weil wenn der täuschende Verkäufer keine Ahnung über die finanziellen Verhältnisse des Opfers hat, ihm aber eine objektiv werthaltige Maschine verkauft, dann hat er doch keinen
Schädigungsvorsatzoder?
Skra8
7.2.2024, 10:58:04
Das würde mich auch interessieren! Gegebenenfalls liegt hier dolus eventualis vor, weil der Handelnde durch den Zeitdruck und angesichts der hohen Summe billigend in Kauf nimmt, dass das Opfer ein ungünstiges Darlehen aufnehmen muss. Das kommt mir allerdings doch sehr gekünstelt daher!
Linda
16.5.2024, 14:11:54
Wenn der Schaden in der Aufnahme des ungünstigen Darlehens liegt, wie steht es dann um die stoffgleiche Bereicherung? Schließlich geht es dem Täter ja um den Kaufpreis der Maschine.