Herstellergarantie

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die starke Sportlerin S kauft bei Verkäufer V ein Hantelbankset. S und V vereinbaren eine Maximalbelastung von 150kg, obwohl diese laut Hersteller bei 100kg liegt. Im Paket liegt eine Garantiekarte des Herstellers H bei, wonach dieser bei Mängeln, die innerhalb eines Jahres auftreten, eine kostenlose Neulieferung zusagt. Als S 150kg stemmt, bricht die Hantelstange in zwei Teile.

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Einordnung des Falls

Herstellergarantie

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Durch die Garantiekarte wird Hersteller H zusätzliche Partei des Kaufvertrags.

Nein, das ist nicht der Fall!

Durch die Aushändigung der Garantiekarte kommt neben dem Kaufvertrag ein selbständiger Garantievertrag zwischen Käufer und Hersteller zustande. Der Verkäufer handelt hierbei als Vertreter bzw. Bote des Herstellers; für die Annahmeerklärung des Käufers gilt § 151 S. 1 BGB. Da es sich um einen rechtlich selbständigen Vertrag handelt und nicht lediglich gesetzliche Gewährleistungsansprüche modifiziert werden, handelt es sich um eine selbständige Garantie.
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2. Die Ansprüche der S aus der Herstellergarantie entsprechen denen aus § 437 BGB.

Nein, das trifft nicht zu!

Inhaltlich herrscht im Rahmen der Herstellergarantie grundsätzlich vollständige Vertragsfreiheit, da der Hersteller nicht verpflichtet ist, eine Garantie zu geben. Welchen genauen Inhalt die Garantie hat, richtet sich daher allein nach der Parteivereinbarung, bei deren Auslegung auch die „einschlägige Werbung“ heranzuziehen ist (§ 443 Abs. 1 BGB). Die Herstellergarantie beschränkt sich hier lediglich auf eine Neulieferung bei Mängeln innerhalb eines Jahres, entspricht also nicht § 437 BGB.

3. S kann von H Neulieferung verlangen, weil das Hantelset entgegen der Vereinbarung mit V keine Maximalbelastung von 150kg aufweist.

Nein!

Bei von Dritten übernommenen Garantien richtet sich die Mangelhaftigkeit mangels anderweitiger Vereinbarung nach den objektiven Gesichtspunkten des § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, 2 BGB, nicht dagegen nach Vereinbarungen zwischen dem Verkäufer und dem Käufer (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB). Denn der Käufer kann nicht annehmen, dass sich der Garantiegeber an die Vereinbarung zwischen Käufer und Verkäufer binden will. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Mangelhaftigkeit ist nicht der Gefahrübergang vom Verkäufer auf den Käufer, weil ein zu diesem Zeitpunkt vorhandener Mangel auf Umständen beruhen kann, die nicht in den Verantwortungsbereich des Herstellers fallen. Grundsätzlich bezieht sich eine Herstellergarantie daher nur auf solche Mängel, die schon beim Übergang der Gefahr vom Hersteller auf dessen Abkäufer vorhanden waren. Weil der Mangel hier auf der Abweichung von der Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB) beruht, handelt es sich nicht um einen Garantiefall.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

S.

s.t.

5.9.2021, 17:21:54

Hier wäre ein Vermerk zu den ProdHaftG doch nötig..

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

30.11.2021, 12:42:58

Hallo s.t., das Produkthaftungsgesetz vermittelt Dir nur einen Anspruch für Schäden, die durch das Produkt an ANDEREN Sachen entstehen (§ 1 Abs. 1 ProdHaftG). Der Schaden an der Sache selbst ist dagegen hiervon nicht umfasst. Den erhält der Kunde grundsätzlich nur über das Gewährleistungsrecht ersetzt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

KLE

kleinerPadawan

13.3.2023, 07:28:31

Ich schreibt, dass der Verkäufer regelmäßig als Bote bzw. Vertreter des Herstellers handelt iRd Garantievereinbarung. Wenn eine Garantievereinbarung - wie vorliegend - mit einer Garantiekarte herbeigeführt wird und der Verkäufer keinerlei Einfluss auf die genauere Ausgestaltung der Garantie hat/nimmt, wird der Verkäufer meistens als Bote handeln, oder? Vertreter kann ich mir hier nur schwer vorstellen bzw. wird das in der Praxis selten der Fall sein, oder? Danke und liebe Grüße

Nora Mommsen

Nora Mommsen

14.3.2023, 13:05:02

Hallo kleinerPadawan, danke für deine Frage. So ist es - eine Stellvertretung setzt immer eine eigene Willenserklärung voraus. Leitet der Verkäufer nur eine bereits ausgefüllte Garantiekarte weiter fehlt es an diesem Merkmal. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

KLE

kleinerPadawan

14.3.2023, 13:16:03

In welchem Fall würde denn der Verkäufer dann überhaupt wirksam eine Garantie des Herstellers als Stellvertreter geben? Ich kann mir nur schwer einen Fall vorstellen, in der die Garantie wirksam wäre, da der Verkäufer die Bedingungen ja nicht selbst wählt, sondern vom Hersteller "diktiert" bekommt. Wenn er es selbst ausgestaltet und damit eine eigene WE als Vertreter abgibt, ist das ja sicher nicht vom Vertretenen bzw. dem Hersteller gedeckt.

CR7

CR7

13.4.2023, 09:48:13

@[kleinerPadawan](165293) ich denke da an bspw. zertifizierte Händler von Apple, Samsung und co (Cyberport, Gravis…) Die haben eine gewisse Vertretungsmacht aufgrund Rahmenvereinbarungen mit Apple (könnte man auch als Vollmacht sehen).

PET

Petrus

4.12.2023, 15:46:18

Wenn die unselbstständige Garantie selbst wieder keine Rechtsfolgen enthält, dann gelten aber im Zweifel auch hier (wie bei einer unselbstständigen Garantie) die §§ 437 ff. BGB oder? Hier halt dann analog und mit gewissen Modifizierungen, weil der Hersteller ja nicht Partei des Kaufvertrags ist. Stimmt das?


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