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Klassisches Klausurproblem

Richter R kauft bei Bauunternehmer U ein Hausgrundstück, das ihm am 1.6.2017 übergeben wird. Drei Jahre später bemerkt er, dass der Balkon undicht ist und bei Regen Wasser in den darunterliegenden Raum durch die Decke tropft. Drei weitere Jahre später, nachdem U diesen Mangel behoben hatte, tritt dieselbe Undichtigkeit wieder auf.

Einordnung des Falls

Verjährung bei Nachbesserung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Verjährungsfrist beginnt ab dem Zeitpunkt des Gefahrübergangs zu laufen.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Verjährung beginnt bei Grundstücken mit der Übergabe, im Übrigen mit der Ablieferung der Sache (§ 438 Abs. 2 BGB). Der Fristbeginn wird also rein objektiv bestimmt. Eine Ablieferung liegt vor, wenn der Verkäufer die Sache aus seiner Verfügungsgewalt entlässt und diese in Erfüllung des Kaufvertrags so in den Machtbereich des Käufers verbracht wird, dass diesem nunmehr anstelle des Verkäufers die Verfügungsmöglichkeit zusteht und ihm ermöglicht wird, die Sache zu untersuchen. Beim Versendungskauf liegt dies dann vor, wenn dem Käufer die Sache vertragsgemäß am Bestimmungsort zur sofortigen Abholung zur Verfügung gestellt wird. Bei der Hol- und Bringschuld setzt Ablieferung die Übergabe voraus. Der Gefahrübergang ersetzt nicht die Ablieferung.

2. Der Nacherfüllungsanspruch ist hier nach zwei Jahren, d.h. am 1.6.2019 verjährt (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB).

Nein!

Grundsätzlich gilt eine abgekürzte Verjährungsfrist von zwei Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Ist aber die Kaufsache selbst ein Bauwerk oder entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden, gilt eine fünfjährige Verjährungsfrist (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Der Nacherfüllungsanspruch verjährt daher erst 2022.

3. Der Nacherfüllungsanspruch hinsichtlich des erst nach sechs Jahren (2023) eintretenden wiederauftretenden Mangels ist verjährt (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Bei der Nacherfüllung beginnt die Verjährung mit Ablieferung der nunmehr reparierten Sache bzw. der Ersatzsache nicht generell für die gesamte Kaufsache neu, weil dies zu einer Kettengewährleistung führen würde. Für den Beginn der Verjährung ist damit grundsätzlich auf die erste Ablieferung abzustellen. Nacherfüllungsmaßnahmen, die nicht erkennbar aus bloßer Kulanz erfolgen, stellen jedoch in der Regel ein Anerkenntnis der Pflicht aus § 439 Abs. 1 BGB dar (§ 212 Nr. 1 BGB), wodurch die Verjährung für den anerkannten Mangel erneut beginnt. Hier begann durch die Nacherfüllung die Verjährung für die Dichtigkeit des Balkons nach drei Jahren erneut.

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frausummer

frausummer

4.2.2021, 11:04:47

Eine

Kettengewährleistung

wäre dann damit aber doch in den meisten Fällen Praxis. Wenn eine Nacherfüllung aufgrund eines Mangels getätigt wird, geschieht diese ja nicht aus Kulanz, sondern weil der/die Hersteller:in gesetzlich dazu verpflichtet ist.

Tigerwitsch

Tigerwitsch

24.2.2021, 23:54:09

Das frage ich mich gerade auch 🤔

Tigerwitsch

Tigerwitsch

25.2.2021, 00:07:38

Ich glaube, das Risiko der

Kettengewährleistung

wird dadurch eingeschränkt, dass die Verjährung nach 212 Nr. 1 BGB lediglich für Nacherfüllungsansprüche neu beginnt, die auf dem vorherigen (also identischen) Mangel beruhen (maßgeblich: konkreter erster Mangel) Beispiel: Maschine geht aufgrund eines defekten Teils A kaputt. Es wird nachgebessert. Später geht die Maschine erneut wegen des Teils A kaputt -> 212 Nr.1 BGB Wird jedoch Nacherfüllung aufgrund eines „neuen“/zusätzlichen Mangels verlangt, kann dieser Anspruch u.U. verjähren, da 212 Nr. 1 BGB nicht greift. Siehe den nachfolgenden Fall. Bsp.: Siehe oben, nur dass Maschine nun wegen Teil B kaputt geht -> „neuer“ Mangel, d.h. kein erneuter Verjährungsbeginn, 212 Nr.1 BGB (-). Ausnahme: Es wird neu geliefert und nicht nur repariert.


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