Strafrecht

Strafprozessrecht

Das Erkenntnisverfahren

Beschlagnahmefreiheit Jones Day/VW

Beschlagnahmefreiheit Jones Day/VW

25. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Um nach einem weltweiten Betrugsskandal den Vorfall intern aufzuarbeiten, beauftragt die WV-AG den Rechtsanwalt R mit einer internen Untersuchung. Später leitet die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden W ein und beschlagnahmt mit richterlicher Anordnung in den Kanzleiräumen des R gegen dessen Willen die schriftlichen Untersuchungsergebnisse.

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Einordnung des Falls

Beschlagnahmefreiheit Jones Day/VW

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es handelt sich um eine förmliche Beschlagnahme (§ 94 Abs. 2 StPO).

Ja!

Eine förmliche Beschlagnahme ist erforderlich, wenn sich der Gegenstand im Gewahrsam einer Person befindet, die ihn nicht freiwillig herausgibt (§ 94 Abs. 2 StPO). Für eine förmliche Beschlagnahme ist grundsätzlich – außer bei Gefahr im Verzug – eine richterliche Anordnung erforderlich (§ 98 Abs. 1 S. 1 StPO). R gab die Unterlagen nicht freiwillig heraus.
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2. Unterlagen eines Anwalts des Beschuldigten sind grundsätzlich beschlagnahmefrei (§ 97 Abs. 1 StPO).

Genau, so ist das!

Bezogen auf den Anwalt des Beschuldigten (§97 Abs. 1 StPO i.V.m. § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO) sind beschlagnahmefrei (1) schriftliche Mitteilungen zwischen dem Anwalt und dem Beschuldigten, (2) Aufzeichnungen des Anwalts und (3) Gegenstände, die dem Anwalt in seiner Eigenschaft seitens des Beschuldigten oder eines Dritten übergeben wurden. Das Verbot gilt nur dann, wenn sich die Gegenstände im Gewahrsam des Anwalts befinden (§ 97 Abs. 2 S. 1 StPO). § 97 verhindert die Umgehung des Zeugnisverweigerungsrechts aus § 53 StPO.

3. Die Untersuchungsergebnisse des R sind beschlagnahmefrei (§ 97 Abs. 1 StPO).

Nein, das trifft nicht zu!

Die Beschlagnahmeverbote des § 97 Abs. 1 StPO setzen nach hM voraus, dass ein Vertrauensverhältnis gerade zwischen dem Beschuldigten und dem Zeugnisverweigerungsberechtigten (Anwalt) besteht. Nicht erfasst sind daher solche Beweisurkunden, die keine Kommunikationsinhalte aus dem Mandatsverhältnis verkörpern und keine originären Verteidigungsunterlagen, sondern unabhängig davon entstandene Beweismittel sind. R ist nicht der Verteidiger des Beschuldigten W, sondern Anwalt der WV-AG. Da die Untersuchungsergebnisse somit nicht aus einem Vertrauensverhältnis zwischen R und W entstammen, sind sie nicht nach § 97 Abs. 1 StPO beschlagnahmefrei.
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