Strafrecht

Strafprozessrecht

Das Erkenntnisverfahren

Verdeckter Ermittler – Grundfall

Verdeckter Ermittler – Grundfall

25. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

In Dresden werden in einem Monat fünf Menschen ermordet. Staatsanwältin S verdächtigt eine rechte Gruppierung, alle tieferen Ermittlungen blieben bisher aber erfolglos. Polizist P wird für sechs Monate mit neuem Namen, Identität und Adresse samt extra hergestellten Ausweispapieren ausgestattet, freundet sich mit den Gruppenmitgliedern an und lässt sich in der Stammkneipe von T Details der Taten verraten.

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Einordnung des Falls

Verdeckter ErmittlerGrundfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. P ist nicht öffentlich ermittelnder Polizeibeamter (noeP).

Nein!

Ein nicht öffentlich ermittelnder Polizeibeamter ist ein Polizist, der nur in Einzelfällen unter Verschweigen der Tatsache, dass er Polizist ist, verdeckt ermittelt (§§ 161, 163 StPO). Ein Verdeckter Ermittler ermittelt unter einer ihm verliehenen, auf Dauer angelegten veränderten Identität (Legende) (§ 110a Abs. 2 S. 1 StPO). Diese Legende umfasst regelmäßig Name, Nationalität, Anschrift, familiäre und sonstige persönliche Umstände, Beruf und Funktion (vgl. § 110a Abs. 3 StPO). Der verdeckte Ermittler darf unter seiner Legende am Rechtsverkehr teilnehmen, d.h. Geschäfte abschließen, klagen und verklagt werden (§ 110a Abs. 2 S. 2 StPO). P ermittelt nicht nur im Einzelfall, sondern dauerhaft unter dem Deckmantel einer neuen Identität (Legende). Er ist verdeckter Ermittler.
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2. Ein Richter musste dem Einsatz des P zustimmen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Grundsätzlich ist für den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers lediglich die schriftliche Zustimmung der Staatsanwaltschaft erforderlich (§ 110b Abs. 1 S. 1 StPO, Schlichteinsatz). Die Zustimmung der Staatsanwaltschaft ist dabei stets – außer bei Gefahr im Verzug – vor Beginn des Einsatzes einzuholen. Nur solche Einsätze eines Verdeckten Ermittlers, die sich gegen einen bestimmten Beschuldigten richten (Nr. 1) oder bei denen der Verdeckte Ermittler eine nicht allgemein zugängliche Wohnung betritt (Nr. 2), bedürfen grundsätzlich der Zustimmung des Gerichts (§ 110b Abs. 2 S. 1 StPO, qualifizierter Einsatz). Die Ermittlungen richten sich hier noch nicht gegen einen bestimmten individualisierten Tatverdächtigen und finden nicht in einer Wohnung statt, sodass nur die Staatsanwaltschaft zustimmen muss (§ 110b Abs. 1 S. 1 StPO).

3. Für den Einsatz verdeckter Ermittler ist ein Anfangsverdacht erforderlich.

Ja, in der Tat!

Der Einsatz eines Verdeckten Ermittlers setzt das Vorliegen „zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte“ hinsichtlich der jeweiligen Straftat voraus (§ 110a Abs. 1 S. 1 StPO, vgl. § 152 Abs. 2 StPO). Es ist also ein Anfangsverdacht erforderlich. Ein Anfangsverdacht besteht, wenn aufgrund konkreter tatsächlichen Anhaltspunkte nach kriminalistischer Erfahrung (= tatsächliche Komponente) die Begehung einer verfolgbaren Straftat (= rechtliche Komponente) möglich erscheint.

4. Die hier vorliegenden Morddelikte sind taugliche Straftaten iSv § 110a Abs. 1 StPO.

Ja!

Eingesetzt werden darf ein VE nur zur Aufklärung Straftaten mit erheblicher Bedeutung (1) die entweder im Katalog des § 110a Abs. 1 S. 1 StPO genannt sind (insb. organisierte Kriminalität) oder (2) zur Aufklärung von Verbrechen, wenn eine auf bestimmte Tatsachen begründete Wiederholungsgefahr besteht oder wenn die besondere Bedeutung der Tat den Einsatz gebietet und andere Maßnahmen aussichtslos wären (§ 110a Abs. 1 S. 2, 4 StPO). Hier liegt zwar keine Katalogtat vor, jedoch besteht Wiederholungsgefahr und ist der Einsatz für die Aufklärung der Serienmorde, die eine besondere Bedeutung haben, unerlässlich.
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