Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Tatbestand

Darlegungs-/Beweislast bei aufschiebender Bedingung

Darlegungs-/Beweislast bei aufschiebender Bedingung

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K verlangt Kaufpreiszahlung. B wendet ein, der Abschluss des Vertrages habe unter der aufschiebenden Bedingung einer Finanzierungszusage seiner Bank gestanden. K behauptet, das Rechtsgeschäft sei ohne diese Bedingung zustande gekommen.

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Einordnung des Falls

Darlegungs-/Beweislast bei aufschiebender Bedingung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Welche Tatsachen eine Partei vorzutragen hat, richtet sich nach der „Darlegungslast“.

Ja!

Strikt voneinander zu unterscheiden sind die Darlegungslast und die Beweislast! Die Darlegungslast ist die Pflicht der Partei, bestimmte Tatsachen im Prozess vorzutragen und damit der erste Schritt. Erst im zweiten Schritt, nämlich wenn die Sache nach dem Vortrag der Parteien noch nicht entscheidungsreif ist und es der Beweiserhebung bedarf, kommt es auf die Beweislast an. Grundsätzlich gilt der Gleichlauf von Darlegungs- und Beweislast (Ausnahmen davon finden sich im Falle der sekundären Darlegungslast oder Beweislastumkehr).
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2. B muss darlegen und beweisen, dass es die aufschiebende Bedingung gibt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Wer eine Rechtsfolge für sich in Anspruch nehmen will, hat die rechtsbegründenden Tatsachen darzulegen. Der Gegner muss die rechtshindernden, -vernichtenden und -hemmenden Tatsachen darlegen. (Merksatz: Wer sich auf das Eingreifen einer für ihn günstigen Norm beruft, hat deren Voraussetzungen darzulegen.) B leugnet hier das wirksame Zustandekommen des Vertrages. Es handelt sich gerade nicht um eine zu beweisende Einwendung, sondern um eine Tatsache, die für K anspruchsbegründend wirkt.

3. K muss darlegen und beweisen, dass der Vertrag ohne die von B behauptete Bedingung zustande gekommen ist.

Ja, in der Tat!

Wer eine Rechtsfolge für sich in Anspruch nehmen will, hat die rechtsbegründenden Tatsachen darzulegen. Der Gegner muss die rechtshindernden, -vernichtenden und -hemmenden Tatsachen darlegen. Die Bedingung hat Auswirkung auf die vertraglichen Leistungspflichten: bei einer aufschiebenden Bedingung tritt die Leistungspflicht erst mit Eintritt der Bedingung ein. Es handelt sich also um eine anspruchsbegründende Tatsache, die es darzulegen und zu beweisen gilt. Dass ein Vertrag ohne aufschiebende Bedingung entstanden ist und in Folge dessen ein Anspruch auf Kaufpreiszahlung bereits besteht, muss folglich der K darlegen und beweisen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

AR

Artur

7.12.2021, 21:11:09

It das Fehlen der Bedingung nicht eine negative Tatsache, die zur sekundären Beweislast Bs führt? Wie kann K beweisen, dass etwas nicht vereinbart ist?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.12.2021, 10:27:32

Hallo Artur, grundsätzlich trägt zunächst einmal der Kläger die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines unbedingten Vertrages (vgl. BGH NJW 1985, 497). Insofern macht es keinen Unterschied, ob der Beklagte behauptet, es sei gar kein Vertrag zustande gekommen oder behauptet, der Vertrag hätte unter einer aufschiebenden Bedingung gestanden. Seiner Beweislast kann der Kläger z.B. durch die Vorlage eines unbedingten Vertragsdokuments oder Zeugenaussagen nachkommen. Lässt sich daraus dann ein unbedingter Vertragsschluss ableiten, so gilt der Beweis als erbracht. Anders ist dies dagegen, wenn der Beklagte behauptet, es sei "nachträglich" eine aufschiebende Bedingung vereinbart worden. Hierfür ist der Beklagte beweisbelastet (Ellenberger, in: Palandt, Einf. v. § 158 RdNr. 17). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

  HYPERION

HYPERION

26.7.2022, 09:50:03

Hi Lukas, ich bin gerade auch darüber gestolpert, da der Sachverhalt so formuliert ist, dass man denkt, der K habe bereits schlüssig dargelegt, dass ihm ein Anspruch zusteht. Wendet der Beklagte nun ein, der schlüssige Anspruch stehe unter einer Bedingung, so ist er bezüglich dessen Vereinbarung und Nichtvorliegens beweisbelastet.

PAT

Patrick4219

7.2.2024, 23:32:02

"Die Beweislast dafür, dass das Rechtsgeschäft ohne aufschiebende Bedingung vorgenommen wurde, trägt bei der aufschiebenden Bedingung in der Regel derjenige, der Rechte aus dem Rechtsgeschäft herleiten kann (vgl. BGH NJW 81, 2403; 98, 1302; sog. Leugnungstheorie – sehr umstritten)" - Zitat aus https://www.juraforum.de/lexikon/suspensivbedingung Die Leugnungstheorie nimmt an, dass es sich bei der Behauptung, es liege eine aufschiebende Bedingung vor, um ein qualifiziertes Bestreiten handelt, weshalb die Beweislast auf Seiten des Anspruchstellers gesehen wird. Die Gegenansicht vertritt demgegenüber die sog. Einwendungstheorie und behandelt die aufschiebende Bedingung wie eine Einwendungen, sodass die Darlegungs- & Beweislast beim

Anspruchsgegner

liegt. Zudem kursiert noch eine dritte, vermittelnde Ansicht die auf die Art der Bedingung abstellt. Zur Lektüre kann ich folgenden Auszug aus Haufe empfehlen (auch wenn die Popups dort tierisch nerven): https://www.haufe.de/recht/deutsches-anwalt-office-premium/ags-42014-beweislastverteilung-bei-auftragserteilung-u-2-aus-den-gruenden_idesk_PI17574_HI6809281.html


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