Referendariat: Prozessrecht

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Tatbestand

Gesetzliche Beweislastumkehr § 280 Abs. 1 S. 2 BGB

Gesetzliche Beweislastumkehr § 280 Abs. 1 S. 2 BGB

24. Januar 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K verlangt als Verleiher und Eigentümer Schadensersatz wegen der Beschädigung eines an den B verliehenen Fernsehers.

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Einordnung des Falls

Gesetzliche Beweislastumkehr § 280 Abs. 1 S. 2 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast folgt den allgemeinen Regeln des materiellen Rechts.

Nein!

Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast folgt grundsätzlich den allgemeinen Regeln des materiellen Rechts. Davon gibt es allerdings Ausnahmen, in denen die Beweislast anderen Regeln folgt. Aufschluss darüber kann insbesondere der Wortlaut des Gesetzes geben („dies gilt nicht, wenn“, „sofern nicht“, „es sei denn, dass“). Merke: Soweit keine gesetzlichen Regeln bestehen, trägt die jeweilige Partei die Beweislast für die Tatsachen, die eine ihr günstige Norm ausfüllen.
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2. Da es sich um anspruchsbegründende Tatsachen handelt, muss K darlegen, dass B die Beschädigung zu vertreten hat.

Nein, das ist nicht der Fall!

§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB beinhaltet einen Fall der gesetzlichen Beweislastumkehr („dies gilt nicht, wenn“). Im Hinblick auf das Vertretenmüssen, wird dieses gesetzlich vermutet. Der Schuldner muss insoweit den Beweis des Gegenteils erbringen (§ 292 ZPO). Aufgrund der Beweislastumkehr obliegt es allein B, die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, aus denen sich ergibt, dass die Pflichtverletzung, hier die Eigentumsverletzung, nicht in seinen Verantwortungsbereich fällt. Ks Vorbringen ist schon schlüssig dadurch, dass er eine Verletzung einer vertraglichen Obhutspflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) angibt.

3. Da es sich um anspruchsbegründende Tatsachen handelt, muss K darlegen, dass B eine Obhutspflicht verletzt hat.

Ja, in der Tat!

Grundsätzlich muss der Gläubiger alle anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und beweisen. Die Feststellung einer Schutzpflichtverletzung setzt dabei zunächst voraus, dass ermittelt wird, zu welchem Verhalten der Schuldner verpflichtet war. In der Praxis verläuft die Ermittlung rückwärts. Ausgehend vom eingetretenen Schaden wird gefragt, ob der Schuldner diesen hätte verhindern müssen. Die Verletzung der Obhutspflicht (§ 241 Abs. 2 BGB), stellt eine anspruchsbegründende Tatsache dar. K muss darlegen, dass die unversehrte Rückgabe zu Bs Obhutspflicht gehörte.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PLU

Plutarch

13.8.2021, 01:46:59

Verstehe ich nicht ganz. Die Pflichtverletzung nach § 280 I 1 BGB hat doch der

Anspruchssteller

darzulegen und zu beweisen. Nur der Umstand, dass der

Anspruchsgegner

die Pflichtverletzung auch zu vertreten hat, wird vermutet.

Isabell

Isabell

12.9.2021, 13:06:21

So habe ich die Vermutungswirkung bisher auch immer verstanden.

AL

AliDaei24

28.9.2021, 10:13:57

Ich habe den Erklärungstext (beim zweiten Lesen) so verstanden, als wolle er genau das (etwas kompliziert) darstellen.

PLU

Plutarch

28.9.2021, 11:50:05

Palandt 80.Auflage § 280 Rn. 37: „Über den Wortlaut des

§ 280 I 2 BGB

hat sich nach der Rspr. die Beweislastverteilung auch an den Verantwortungsbereich von Schuldner und Gläubiger zu orientieren. Von einer Schädigung kann bei verhaltensbezogenen Pflichten auf eine Pflichtverletzung geschlossen werden, wenn der Gläubiger dartut, dass die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Schuldners herrühren kann (zB Schaden durch Geräte des Schuldners entstanden).“ Das kommt in diesem Fall hier nicht so zur Geltung. Hier muss näher differenziert werden. Grundsatz: PV nach § 280 I 1 BGB vom Gläubiger dazulegen und zu beweisen. Beweiserleichterung: Schaden entstand in der Sphäre des Schuldners. Vertretenmüssen des Schuldners: Vermutungswirkung des

§ 280 I 2 BGB

.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

25.11.2021, 12:09:42

Vielen Dank euch allen. In der Tat sind hier die Ebenen Pflichtverletzung und Vertretenmüssen voneinander zu unterscheiden. Wie Plutarch völlig richtig ausgeführt hat, betrifft die Vermutungswirkung nur das Vertretenmüssen. Wir haben die Aufgabe insoweit noch einmal überarbeitet, um die Trennung klarer zu machen. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team


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