Erinnerungsbefugnis: mögliche Verletzung in eigenen Rechten


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Jurafuchs

Nach erfolgreicher Zahlungsklage gegen S beauftragt G Gerichtsvollzieher Z mit der Vollstreckung. Z geht zu S und pfändet dort einen Laptop. S will gegen die Pfändung vorgehen, da der Laptop seiner Freundin gehöre und der Titel ihm nicht zugestellt worden sei.

Einordnung des Falls

Erinnerungsbefugnis: mögliche Verletzung in eigenen Rechten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) ist statthaft.

Ja!

Die Vollstreckungserinnerung ist statthaft (§ 766 Abs. 1 S. 1 ZPO), wenn der Erinnerungsführer gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Vollstreckungsorgans mit der Rüge der Verletzung formellen Rechts vorgeht. Zumindest der Einwand der fehlenden Zustellung des Titels (§ 750 ZPO) ist eine Rüge formellen Rechts gegen die Vollstreckungsmaßnahme des Z. S müsste aber auch erinnerungsbefugt sein. Nach der Rechtsprechung ist die Erinnerung insgesamt statthaft - sie lässt bereits die Behauptung nur eines formellen Mangels für die Statthaftigkeit der Erinnerung ausreichen. Rechtbehelfsfremde Einwendungen verwirft die Rechtsprechung erst in der Begründetheit.

2. S ist hinsichtlich der fehlenden Zustellung erinnerungsbefugt.

Genau, so ist das!

Erinnerungsbefugt ist, wer durch die angefochtene Vollstreckungsmaßnahme möglicherweise in eigenen Rechten verletzt ist (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Der Vollstreckungsschuldner ist grundsätzlich durch jede Vollstreckungshandlung beschwert, deren Adressat er ist. Hinzukommen muss, dass die Verfahrensvorschrift dem Schutz des Erinnerungsführers dient. S ist als Schuldner Adressat der Maßnahme. Das Erfordernis der Zustellung des Titels soll gerade den Vollstreckungsschuldner schützen. S ist daher erinnerungsbefugt.

3. S ist auch hinsichtlich der Behauptung, der Laptop gehöre ihm nicht, erinnerungsbefugt.

Nein, das trifft nicht zu!

Abgesehen davon, dass die Prüfung der Eigentumsverhältnisse durch den Gerichtsvollzieher ohnehin nur auf evidentes Dritteigentum beschränkt (und nur in diesem Fall verfahrensfehlerhaft) ist, verletzt eine Pfändung des Eigentums Dritter auch nicht die Rechte des Schuldners - sondern nur die des Dritten. S ist damit hinsichtlich des angeblichen Fremdeigentums nicht erinnerungsbefugt.

4. Die Vollstreckungserinnerung ist nur teilweise zulässig - nämlich nur hinsichtlich der Rüge der fehlenden Zustellung.

Nein!

Für die Zulässigkeit der (gesamten) Erinnerung (§ 766 ZPO) reicht es aus, wenn die Verletzung auch nur einer den Erinnerungsführer schützenden Verfahrensvorschrift möglich erscheint. Die Erinnerung des S ist hier also insgesamt zulässig. Die Normen, hinsichtlich derer S nicht erinnerungsbefugt ist, verwirfst Du dann in der Begründetheit.

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Isabell

Isabell

12.1.2021, 20:34:59

Hier stimmen der Antworttext und die als richtig getrackte Antwort der letzten Frage nicht überein 😊

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

12.1.2021, 22:06:40

Hallo Isabell, das sehen wir anders. In der letzten Frage geht es um eine "nur teilweise Zulässigkeit". Der Antwort nach ist die Vollstreckungserinnerung aber vollständig zulässig. LG

Isabell

Isabell

1.3.2021, 17:44:45

Ich habe die Frage nicht so verstanden, dass nach der Zulässigkeit im prozessrechtlichen Sinn gefragt ist. Jetzt erschließt sich mir die Antwort auch 😅

EN

Entenpulli

5.7.2023, 13:54:37

Ich glaube das Bild zum Fall ist falsch beschriftet. Die Person mit dem Laptop in der Hand müsste ein "Z" auf dem Bein haben, kein G :-)

L

L

5.6.2024, 18:12:43

Wie ist das mit dem Verwerfen in der Begründetheit gemeint? Muss ich den Einwand dann dennoch nochmal in der Begründetheit ansprechen oder schweige ich bezüglich dieses Einwands, dass die Sache nicht dem Schuldner gehört?

RO80

Ro80t59

28.6.2024, 12:22:13

So wie ich das verstehe, liegt dann eine klassische Begründetheitsprüfung vor, in der entsprechend die fehlende Beschwer des

Vollstreckungsschuldner

s thematisiert wird. (Vergleichen ließe sich das evtl. mit den öffentlichen-rechtlichen Klagen, die neben der eigentlichen Rechtswidrigkeit auch eine Verletzung des Klägers/Antragstellers voraussetzungen). Dazu Musielak mit Verweis auf den BGH: "Die Erinnerung des Schuldners ist begründet, wenn die Zwangsvollstreckung aus irgendeinem Grund unzulässig ist. Allerdings darf die Verletzung von Vorschriften nicht zugrunde gelegt werden, die nicht dem Schutz des Schuldners dienen." (Musielak/Voit/Lackmann, 21. Aufl. 2024, ZPO § 766 Rn. 21/BGH NJW 2013, 2287 Rn. 13) Insofern würde man wahrscheinlich zweiteilig aufbauen und die Verletzung prüfen und dann aufgrund der Betroffenheit ablehnen oder aber (und das wird in der Klausur sicherlich aus Zeitgründen oftmals praxistauglicher sein) die Verletzung in den Raum stellen, um dann den Prüfungsumfang mit Verweis auf die Nicht-Betroffenheit einschränken.


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