Beiläufiger Wunsch und § 16 Abs. 2 StGB

3. Juli 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A ist höchst unzufrieden mit seiner derzeitigen Lebenssituation, was sein Arbeitskollege B weiß. Als A den B auf dem Flur im Büro trifft, sagt er zu B beiläufig: "Ich wünsche mir, ich wäre tot, dann hätte ich einen freien Kopf." B nimmt dieses Verlangen ernst und tötet den A am nächsten Tag.

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Einordnung des Falls

Beiläufiger Wunsch und § 16 Abs. 2 StGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Straftatbestand der Tötung auf Verlangen (§ 216 Abs. 1 StGB) setzt voraus, dass der Täter durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tötung bestimmt worden ist.

Genau, so ist das!

Der Tatbestand des § 216 Abs. 1 StGB setzt voraus: (1) Objektiv muss (a) ein anderer Menschen getötet worden sein, (b) der Getötete muss ausdrücklich und ernstlich die Tötung verlangt haben und zudem muss (c) der Getötete den Täter zur Tötung bestimmt haben. (2) Subjektiv ist Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale erforderlich. Der Vorsatz muss somit auch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen umfassen.
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2. A hat seine Tötung gegenüber B "ausdrücklich und ernstlich verlangt" (§ 216 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Ein ausdrückliches und ernstliches Verlangen setzt mehr als ein bloßes Einverständnis voraus, denn der Getötete muss auf den Willen des Täters nachdrücklich eingewirkt haben. Ausdrücklich meint hierbei eine eindeutige und unmissverständliche Ausdrucksweise des Verlangens. A erwähnte seinen Wunsch nach der Tötung nur beiläufig auf der Arbeit. Eine Willensäußerung, die den B dazu konkret veranlassen soll, den A zu töten kann hier nicht angenommen werden.

3. B hat sich wegen Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht.

Nein!

Grundsätzlich liegen die Voraussetzungen des § 212 StGB vor. Jedoch nimmt der B das Verlangen ernst, geht also irrig vom Vorliegen eines Verlangens aus. Der Täter ist nach § 16 Abs. 2 StGB so zu behandeln, als ob tatsächlich das privilegierende Merkmal eines Tötungsverlangens vorliegen würde. Trotz dessen, dass objektiv also kein ernstliches Tötungsverlangen vorliegt, kann der B nur aus § 216 StGB bestraft werden.
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