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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

O wird von seiner Ärztin A fälschlicherweise mit Krebs diagnostiziert, welcher nach Aussage der A innerhalb kürzester Zeit schmerzvoll zum Tod führen wird. Daraufhin bittet O seine Frau F ihn zu töten, um die vermeintlich bevorstehenden Qualen zu vermeiden. F tötet den O.

Einordnung des Falls

Willensmängel

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Straftatbestand der Tötung auf Verlangen (§ 216 Abs. 1 StGB) setzt voraus, dass der Täter durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tötung bestimmt worden ist.

Ja!

Der Tatbestand des § 216 Abs. 1 StGB setzt voraus: (1) Objektiv muss (a) ein anderer Menschen getötet worden sein, (b) der Getötete muss ausdrücklich und ernstlich die Tötung verlangt haben und zudem muss (c) der Getötete den Täter zur Tötung bestimmt haben. (2) Subjektiv ist Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale erforderlich. Der Vorsatz muss somit auch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen umfassen.

2. O hat seine Tötung "ausdrücklich und ernstlich verlangt" (§ 216 Abs. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein ausdrückliches und ernstliches Verlangen setzt mehr als ein bloßes Einverständnis voraus, denn der Getötete muss auf den Willen des Täters nachdrücklich eingewirkt haben. Ausdrücklich meint hierbei eine eindeutige und unmissverständliche Ausdrucksweise des Verlangens. Ernstlich ist ein Verlangen, wenn es auf freier und fehlerfreier Willensbildung beruht; es muss also frei von Täuschung, Zwang, Irrtum oder anderen wesentlichen Willensmängeln sein. O unterliegt hier genau einem solchen irrtumsbedingten Willensmangel, denn die Diagnose des O war falsch. Dementsprechend war das Verlangen des O nicht ernstlich.

3. F hat sich wegen Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht.

Nein, das trifft nicht zu!

Grundsätzlich liegen die Voraussetzungen des § 212 Abs. 1 StGB vor. Jedoch nimmt die F das Verlangen ernst, geht also irrig vom Vorliegen eines Verlangens aus. Der Täter ist nach § 16 Abs. 2 StGB so zu behandeln, als ob tatsächlich das privilegierende Merkmal eines Tötungsverlangens vorliegen würde. Trotz dessen, dass objektiv also kein ernstliches Tötungsverlangen vorliegt, kann die F nur aus § 216 Abs. 1 StGB bestraft werden.

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Juratiopharm

Juratiopharm

30.4.2022, 23:28:58

Diesen Aufbau finde ich, wenn auch sicher richtig, unnötig kompliziert. Auch wenn man die Ernstlichkeit annehmen würde - wie es ja dem Wortlaut nach auch liegt - käme man zum identischen Ergebnis. Der hier gegangene Weg bietet sich doch im Grunde nur dann an, wenn der Dritte das Opfer "in den Tod trieben will" und selbst dies ist seinerseits ohnehin strafbar.

Juratiopharm

Juratiopharm

30.4.2022, 23:35:13

Wobei - wenn der Täter in anderem Fall eine depressive Stimmungslage verkennt, würde er nach meiner obigen Ansicht straffrei bleiben, aber nach der hA wohl nach 212 verurteilt weil kein Irrtum vorliegt, soweit er die Depression erkennt. Insoweit mag dieser Weg doch logisch sein.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.5.2022, 13:51:45

Hallo Juratiopharm, der Aufbau beruht letztlich auf dem Umstand, dass die Rechtsprechung § 216 StGB als eigenständigen Tatbestand versteht (wie auch § 211 StGB). Da § 216 StGB spezieller ist, ist dieser vorrangig zu prüfen. Aber es kommt natürlich auch ein anderer Aufbau in Betrecht. Denn die hL sieht in § 216 StGB lediglich eine Privilegierung des § 212 StGB, sodass die Prüfung auch gemeinsam erfolgen kann. Wenn man im objektiven Tatbestand dann das ernsthafte/ausdrückliche Verlangen ablehnt, kann man im subjektiven Tatbestand immer noch ausführen, dass § 16 Abs. 2 StGB letztlich dennoch die Privilegierung eingreifen lässt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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