Bestimmung Außenbereich (Außenbereichsinsel)

6. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Dwight (D) will in Gemeinde S auf einer 1700m² großen Fläche einen dreigeschossigen „Businesspark" errichten, in dem sich Unternehmen einrichten könnten, die Papier oder Drucker verkaufen. Jurastudentin F soll erklären, wonach sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit richtet.

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Einordnung des Falls

Bestimmung Außenbereich (Außenbereichsinsel)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 11 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein Vorhaben muss sich an den bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen messen lassen, wenn es eine bauliche Anlage i.S.d. § 29 Abs. 1 BauGB darstellt.

Ja, in der Tat!

Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen der §§ 30ff. BauGB ist das Vorliegen einer baulichen Anlage i.S.d. § 29 Abs. 1 BauGB. Übrige Vorhaben unterliegen im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) und im Außenbereich (§ 35 BauGB) planungsrechtlich keinen Schranken. Solche Vorhaben müssen sich in einem Planbereich (§ 30 BauGB) aber an Festsetzungen halten, die unmittelbar aus einem Bebauungsplan folgen.
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2. Ds geplanter Businesspark stellt eine bauliche Anlage i.S.d § 29 Abs. 1 BauGB dar.

Ja!

Der bauplanungsrechtliche Anlagenbegriff erfasst Anlagen, die (1) in einer auf Dauer gedachten Weise künstlich mit dem Erdboden verbunden werden und die (2) die in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB genannten Belange in einer Weise berühren können, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen, die ihre Zulässigkeit regelt (bodenrechtliche Relevanz). Maßstab dafür ist nicht das konkrete Vorhaben, sondern seine gedachte Häufung. Angesichts seiner geplanten Nutzung, der Flächenversiegelung und Größe ist der Businesspark geeignet, Belange des § 1 Abs. 5 S. 2, Abs. 6 Nr. 3 (Freizeit und Erholung), Nr. 4 (Erhaltung vorhandener Ortsteile) 7 a) (Umweltschutz) zu tangieren.

3. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Ds Vorhaben richtet sich nach § 30 Abs. 1 BauGB (qualifizierter Bebauungsplan).

Nein, das ist nicht der Fall!

Ist § 29 BauGB erfüllt, spaltet sich die Prüfung: Zu prüfen ist dann entweder (1) § 30 Abs. 1 BauGB (es gibt einen qualifizierten Bebauungsplan), (2) 30 Abs. 3 i.V.m. § 34 BauGB oder 35 BauGB (es gibt einen einfachen Bebabauungsplan), (3) § 34 BauGB (es gibt einen Bebauungszusammenhang) oder (4) § 35 BauGB (weder Bebauungsplan noch Bebauungszusammenhang). Im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans richtet sich die Zulässigkeit nach § 30 Abs. 1 BauGB. Ein qualifizierter Bebauungsplan enthält mindestens Festsetzungen über die Art (1) und das Maß (2) der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen (3) und die örtlichen Verkehrsflächen (4). Ds Projekt liegt nicht im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans.

4. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Ds Vorhaben richtet sich nach § 30 Abs. 2 BauGB (vorhabenbezogener Bebauungsplan).

Nein, das trifft nicht zu!

Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans richtet sich die Zulässigkeit nach § 30 Abs. 2 BauGB. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan nach § 12 BauGB bezieht sich stets auf ein konkretes städtebauliches Investitionsprojekt. Darin unterscheidet er sich zugleich vom einfachen Bebauungsplan. Ds Projekt liegt nicht im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans.

5. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Ds Vorhaben richtet sich nach § 30 Abs. 3 BauGB (einfacher Bebauungsplan).

Nein!

Im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans - also eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 BauGB nicht erfüllt - richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben primär nach den Festsetzungen des einfachen Bebauungsplans und im Übrigen nach § 34 oder § 35 BauGB (§ 30 Abs. 3 BauGB). Konsequenz des § 30 Abs. 3 BauGB ist eine zweigleisige Prüfung. Ds Vorhaben liegt nicht im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans.

6. Das Vorhaben könnte bauplanungsrechtlich zu beurteilen sein nach § 34 BauGB. Ist für die Anwendbarkeit von § 34 BauGB (unbeplanter Innenbereich) das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs maßgebend?

Genau, so ist das!

Der Bebauungszusammenhang ist eine vorhandene und aufeinanderfolgende Bebauung, die nach der Verkehrsauffassung trotz eventuell vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Vergegenwärtige Dir in der Klausur stets: Die Umstände des Einzelfalls sind entscheidend. Argumentiere mit dem konkreten Sachverhalt.

7. Die Wohnhäuser auf den Hausgrundstücken an der S-Straße, P-Straße und B-Straße bilden einen Bebauungszusammenhang.

Ja, in der Tat!

Der Bebauungszusammenhang ist eine vorhandene und aufeinanderfolgende Bebauung, die nach der Verkehrsauffassung trotz eventuell vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt.Baulücken sind unbebaute, aber bebauungsfähige Grundstücke. Die Häuser sind aufeinanderfolgend gebaut. Es liegt eine geschlossene und zusammengehörige Bebauung vor.

8. Ds Grundstück liegt geographisch „innerhalb“ des Bebauungszusammenhangs

Ja!

Geographisch liegt ein Grundstück innerhalb des Bebauungszusammenhangs, wenn es von diesem umschlossen ist. Daraus folgt aber kein bauplanungsrechtlicher Schluss. Die geographische Umschlossenheit kann lediglich als Indiz und Argument bei der Einzelfallabwägung angebracht werden. Das Parkgelände und damit auch der „Businesspark" sind vom Bebauungszusammenhang der Wohnhäuser umgeben. Vergegenwärtige Dir immer: Nur weil eine Fläche geographisch vom Bebauungszusammenhang umschlossen ist, heißt dies nicht automatisch, dass diese Fläche Teil des Bebauungszusammenhangs wird.

9. Ds Grundstück liegt auch im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB „innerhalb“ des Bebauungszusammenhangs (unbeplanter Innenbereich).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Bebauungszusammenhang ist eine vorhandene und aufeinanderfolgende Bebauung, die nach der Verkehrsauffassung trotz eventuell vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Baulücken sind unbebaute, aber bebauungsfähige Grundstücke. Nicht mehr als Baulücken sind Außenbereichsinseln im Innenbereich zu werten. Außenbereichsinseln sind Freiflächen, die ringsum von Bebauung umgeben und so groß sind, dass eine Bebauung dieser Fläche nicht mehr als zwanglose Fortsetzung des Bebauungszusammenhangs erscheinen würde. Solche Flächen sind damit dem Außenbereich zuzuordnen. Geographisch ist Ds Grundstück vom Bebauungszusammenhang umgeben. Die massive Bebauung an den S- und P-Straßen und der geringe Abstand (10-35m) sprechen ebenfalls gegen das Vorliegen einer Außenbereichsinsel. Es reicht aber nicht, dass die zur Bebauung erkorene Fläche vom Bebauungszusammenhang geographisch umgeben ist. Die Fläche muss selbst Bestandteil des Zusammenhangs sein, folglich am Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit partizipieren. Ds Grundstück ist Teil der Parkfläche. Mit Seitenlängen von 120m und einer Fläche von 8300m² ist diese Fläche zu groß, um noch als Baulücke und damit als Teil des Bebauungszusammenhangs zu gelten. Auch der Charakter der Fläche als Park mit alten Bäumen spricht gegen eine Zusammengehörigkeit zur Wohnbebauung. Auch trennen die S-, P-, und B-Straße Park und Wohnbebauung. Das einzelne Wohnhaus "Alte Post" auf der Parkfläche ändert an der Trennung nichts. Die Parkfläche ist insgesamt nicht Teil des Bebauungszusammenhangs und Ds Grundstück ist Teilbereich der Parkfläche. In der Baurechtsklausur kommt es meistens darauf an, den Sachverhalt genau auszuschöpfen, um das Vorhaben einem der Gebiete der §§ 30ff. zuzuordnen.

10. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Ds Vorhaben richtet sich nach § 34 Abs. 1 BauGB (unbeplanter Innenbereich).

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Ortsteil einer Gemeinde, der nicht zusammenhängend beplant, aber im Zusammenhang bebaut ist, wird als (unbeplanter) Innenbereich (§ 34 BauGB) bezeichnet. Dort sind Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 BauGB zulässig, wenn sie sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen und die Erschließung gesichert ist. Ds Grundstück ist Teil der Parkfläche. Die Parkfläche insgesamt ist nicht Teil des Bebauungszusammenhangs.

11. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Ds Vorhaben richtet sich nach § 35 BauGB (Außenbereich).

Ja!

Der Außenbereich (§ 35 BauGB) definiert sich ausschließlich negativ als Ortsteil, der weder beplant (§ 30 BauGB) noch im Zusammenhang bebaut (§ 34 BauGB) ist. Auch Außenbereichsinseln im Innenbereich sind dem Außenbereich zuzuordnen. Außenbereichsinseln sind Freiflächen, deren Bebauung nicht mehr als „zwanglose Fortsetzung" des Bebauungszusammenhangs erscheinen würde. Ds Vorhaben liegt nicht im Bereich eines Bebauungsplans und ist nicht Teil des Bebauungszusammenhangs. Es liegt im Teilbereich eines Gebiets, das als Außenbereichsinsel zu qualifizieren ist.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

INDUB

InDubioProsecco

24.5.2023, 12:23:49

Die Gemeinde könnte den Park aber § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB in den Innenbereich miteinbeziehen weshalb Maßstab dann § 34 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 BauGB wäre, richtig?

BL

Blotgrim

26.7.2023, 00:40:02

Warum sind es in der Aufgabe 1700 und in der einen Antwort 8300m²?

Nico

Nico

2.8.2023, 08:18:45

Letztere Zahl bezieht sich auf die Größe der gesamten Parkfläche.


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