Öffentliches Recht

VwGO

Vorläufiger Rechtsschutz (§§ 80, 80a VwGO)

Begründetheit bei § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1: Anordnung (Fall 2)

Begründetheit bei § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1: Anordnung (Fall 2)

3. Juli 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Weil sich einige Fans beim letzten Spiel des FC Haudegen gegen den TSV Kloppi mit Baseballschlägern geprügelt haben, ordnet die zuständige Polizeivollzugsbeamtin P gegen die polizeilich erfassten Täter - darunter auch die U - formell rechtmäßig Durchsuchungen vor dem nächsten Spiel an. Nach erfolglosem Antrag bei der Behörde stellt U einen Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO. Der Antrag ist zulässig.

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Einordnung des Falls

Begründetheit bei § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1: Anordnung (Fall 2)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Widerspruch und Anfechtungsklage entfalten grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Hier liegt eine Ausnahme vor.

Ja!

Grundsätzlich entfalten Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 S. 1 VwGO), d.h. der Adressat muss dem Verwaltungsakt zunächst nicht nachkommen und die Behörde kann diesen auch nicht zwangsweise durchsetzen (Suspensiveffekt). Es gibt jedoch Ausnahmefälle, in denen der Suspensiveffekt trotz Widerspruch oder Anfechtungsklage nicht eintritt (§ 80 Abs. 2 VwGO) Hier kommt aufgrund des polizeilichen Handelns eine Ausnahme der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage kraft Gesetzes nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VwGO in Betracht. Die Durchsuchungen vor dem Stadion auf Basis einer polizeigesetzlichen Spezialermächtigung dienen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und damit der Gefahrenabwehr. Sie sind nicht aufschiebbar. Eine Anfechtungsklage würde keine aufschiebende Wirkung entfalten.
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2. Us Antrag ist begründet, wenn sein Aussetzungsinteresse schwerer wiegt als das öffentliche Vollzugsinteresse.

Genau, so ist das!

Im Rahmen der Begründetheit des Antrags nach § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO wird eine Interessenabwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Betroffenen und dem öffentlichen Vollzugsinteresse vorgenommen. Diese Prüfung umfasst vor allem die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Zusätzlich kann die Beurteilung erforderlich sein, welcher Rechtsgüter in welchem Umfang durch den Vollzug bzw. die Aussetzung betroffen sind. Bestehen nach dieser Prüfung immer noch Zweifel, ist im Rahmen der Fälle des § 80 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 - 3 VwGO die Entscheidung zugunsten des öffentlichen Vollzugsinteresses zu treffen.

3. Die Durchsuchungsanordnung ist bereits ohne rechtmäßige Ermächtigungsgrundlage ergangen.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Begründetheit des Antrags nach § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO richtet sich maßgeblich nach den Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Diese werden durch summarische Prüfung ermittelt, die in der Klausur im ersten Examen aber in der Regel eine umfassende Prüfung bedeutet. Es wird also geprüft, ob der erlassene Verwaltungsakt rechtmäßig ist. Dazu bedarf es zunächst einer Ermächtigungsgrundlage. Der Erlass von Durchsuchungsanordnungen richtet sich nach dem Polizeirecht der Länder (z.B. § 22 NPOG). Danach besteht grundsätzlich eine (rechtmäßige) Ermächtigungsgrundlage.

4. Die Anordnung war formell und materiell rechtmäßig. Die Interessenabwägung fällt zugunsten des Vollzugsinteresses aus.

Ja!

Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, dass der erlassene Verwaltungsakt rechtmäßig ist, so fällt die Interessenabwägung grundsätzlich zuungunsten des Antragstellers aus. Es bedürfte besonderer Umstände, um die gesetzlich festgesetzte sofortige Vollziehbarkeit (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 - 3a VwGO) trotz Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts aufzuheben. Der Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig. Er ist materiell rechtmäßig, wenn die Voraussetzungen der einschlägigen landesrechtlichen Norm vorliegen. U kann aufgrund des Verdachts, dass sie wieder gefährliche Werkzeuge dabeihat, die sichergestellt werden dürften, durchsucht werden (vgl. z.B. § 22 Abs. 1 Nr. 2 NPOG). Das öffentliche Interesse an dem Schutz von Leib und Leben Dritter wiegt schwerer als Us Aussetzungsinteresse. Der Antrag ist unbegründet.
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