Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes gem. § 861 Abs. 1 BGB


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B war Besitzer eines Fahrrads, das D entwendete.

Einordnung des Falls

Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes gem. § 861 Abs. 1 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wenn die Voraussetzungen des § 859 BGB vorliegen, hat B gegen D daraus einen Herausgabeanspruch.

Nein, das ist nicht der Fall!

§ 859 BGB vermittelt keine Herausgabeansprüche. Die Selbsthilferechte des § 859 BGB sind eine besondere Form der zivilrechtlichen Notwehr (in Konkretisierung der §§ 227, 229 BGB). § 859 BGB vermittelt keinen Anspruch auf Herausgabe, sondern rechtfertigt die jeweilige Gewaltanwendung des vorherigen unmittelbaren Besitzers.

2. D handelte mit verbotener Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB), als er das Fahrrad entwendete.

Ja, in der Tat!

Verbotene Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB) ist jede widerrechtlich vorgenommene Beeinträchtigung des unmittelbaren Besitzers in der Ausübung seiner tatsächlichen Sachherrschaft. Widerrechtlich ist die Besitzbeeinträchtigung, wenn sie ohne den Willen des Besitzers erfolgt und gesetzlich nicht besonders gestattet ist. Die Beeinträchtigung kann in einer Sachentziehung oder in einer sonstigen Störung bestehen.D nahm das Fahrrad ohne Willen des B in Besitz. Dies war auch nicht durch eine gesetzliche Regelung besonders gestattet, sondern verwirklicht einen Straftatbestand (§ 242 Abs. 1 StGB).

3. B hat einen Herausgabeanspruch aus § 861 Abs. 1 BGB.

Ja!

Der Herausgabeanspruch aus § 861 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) Besitzentzug beim Anspruchsteller durch verbotene Eigenmacht, (2) fehlerhafter Besitz des Anspruchsgegners, (3) kein Ausschluss nach § 861 Abs. 2 BGB, (4) kein Erlöschen nach § 864 BGB.D entzog B den Besitz mit verbotener Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB). D besitzt auch fehlerhaft gegenüber B, da er die verbotene Eigenmacht selbst begangen hat (§ 858 Abs. 2 S. 1 BGB). Der Anspruch ist auch nicht ausgeschlossen nach § 861 Abs. 2 BGB (kein Fall von verbotener Eigenmacht des D als Reaktion auf verbotene Eigenmacht des B) oder erloschen nach § 864 BGB (Jahresfrist ab Verübung der verbotenen Eigenmacht).

4. Der Herausgabeanspruch aus § 861 Abs. 1 BGB ist ein petitorischer Anspruch.

Nein, das ist nicht der Fall!

§ 861 Abs. 1 BGB ist ein possessorischer Herausgabeanspruch. Possessorische Ansprüche resultieren allein aus dem faktischen (früheren) Besitz. Anders bei petitorischen Ansprüchen: Dort kommt es auf ein Recht zum Besitz an. Ein Beispiel für einen petitorischen Herausgabeanspruch ist § 1007 Abs. 1, 2 BGB.

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Vulpes

Vulpes

3.1.2021, 13:40:57

Resultieren possessorische Besitzansprüche nicht eher aus dem faktischen - früheren - Besitz?

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

3.1.2021, 22:42:31

Hallo Adrian, wir haben das ergänzt, allerdings in Klammern, denn bei 862 handelt es sich auch um einen possessorischen Anspruch, wobei der Anspruchsinhaber auch noch Besitzer ist. LG ;)

PI

Pit

11.2.2024, 19:27:37

Falls jemand eine einfache Eselsbrücke für die Unterscheidung sucht: "S" kommt im Alphabet vor "T" --> §§ 861 ff BGB (poSSeSSorische) kommen vor § 1007 BGB (peTiTorische). Alternativ für diejenige die Latein kann: Der possessorische Besitzschutzanspruch (lat.: ***possessio = Besitz*** bzw. possessor = Besitzer) ist ein Anspruch, der den Besitz schützt und aus dem faktischen Besitz folgt. Der petitorische Besitzschutzanspruch (lat.: ***petitio = Anspruch***) leitet sich dagegen aus dem Recht zum Besitz ("Anspruch auf Besitz") ab, nicht schon aus dem faktischen Besitz selbst.


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