Zivilrecht

Bereicherungsrecht

Die Leistungskondiktion

Unberechtigt erlangte Nutzung von Sachen, Rechten oder Dienstleistungen (Flugreisefall): Beförderungsleistung erlangt

Unberechtigt erlangte Nutzung von Sachen, Rechten oder Dienstleistungen (Flugreisefall): Beförderungsleistung erlangt

24. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der 17-jährige M fliegt mit der Fluggesellschaft F von München nach Hamburg. Ohne Ticket gelingt es M, mit F von Hamburg weiter nach New York zu fliegen. Ein Ticket Hamburg-New York hätte €1.200 gekostet.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Unberechtigt erlangte Nutzung von Sachen, Rechten oder Dienstleistungen (Flugreisefall): Beförderungsleistung erlangt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M hat nur dann "Etwas erlangt" (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB), wenn er ohnehin nach New York geflogen wäre, d.h. alternativ zur erschlichenen Leistung ein Fahrticket gelöst hätte.

Nein, das ist nicht der Fall!

„Etwas“ im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist jeder vermögenswerte Vorteil. Der Vorteil muss tatsächlich in das Vermögen des Schuldners übergegangen sein. Man kann vier Kategorien unterscheiden: (1) Rechte (z.B. Eigentum), (2) vorteilhafte Rechtsstellungen (z.B. Besitz), (3) Befreiung von Verbindlichkeiten, (4) erlangte Nutzungen. Die ältere Rechtsprechung hat noch angenommen, dass das "erlangte Etwas" bei unberechtigt erlangten Nutzungen in der Ersparnis von Aufwendungen gelegen habe. Die heute hM sieht das Erlangte Etwas in der Beförderungsleistung selbst. Diese Lösung nimmt dem Schuldner den Einwand, dass er keine Aufwendungen erspart und somit nichts erlangt habe.
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2. M hat die Beförderungsleistung, also den Flug nach New York, an sich "erlangt". (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB)

Ja, in der Tat!

„Etwas“ im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist jeder vermögenswerte Vorteil. Der Vorteil muss tatsächlich in das Vermögen des Schuldners übergegangen sein. Man kann vier Kategorien unterscheiden: (1) Rechte (z.B. Eigentum), (2) vorteilhafte Rechtsstellungen (z.B. Besitz), (3) Befreiung von Verbindlichkeiten, (4) erlangte Nutzungen. Die heute hM sieht das erlangte Etwas in der Beförderungsleistung an sich. Unabhängig davon, ob M alternativ zum Erschleichen der Leistung ein Ticket gelöst hätte oder nicht, hat er die Beförderungsleistung "erlangt" (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BL

Blotgrim

28.6.2022, 23:24:50

Ist das Ersparte als "Etwas" wirklich so veraltet ? So wie unsere Professorin uns das dargestellt hat klang es so als würde der BGH das heute bei solchen Nutzungsfällen immer noch so sehen. Oder ist die h.M nur außerhalb des BGH herrschend ?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

29.6.2022, 12:04:44

Hallo Blotgrim, ausweislich des MüKo entspricht dies heute der herrschenden Meinung. Allerdings wird hier auch eingeräumt, dass die Rechtsprechung Erlangtes und Erparnis teilweise auch in jüngeren Jahren noch gleichgesetzt hat (vgl. MüKoBGB/Schwab, 8. Aufl. 2020, BGB § 812 Rn. 18). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

in persona

in persona

19.6.2024, 09:09:03

kann sich M dann nach

818 III BGB

auf

Entreicherung

berufen?

JUDI

judith

19.6.2024, 14:54:06

Schau dir am besten das Original Urteil zum Fall an BGH, 07.01.1971, Az.: VII ZR 9/70 „Flugreise-Fall“ Der Minderjährige hat durch die Leistung der Fluggesellschaft, die ohne Rechtsgrund erbracht worden ist, einen Vermögensvorteil erlangt, dessen Wert nach den §§ 812, 818 II BGB zu ersetzen ist. Da die tatsächliche Inanspruchnahme der Beförderungsleistung nicht ungeschehen gemacht werden könne, sei ein späterer Wegfall der Bereicherung i.S.d.

§ 818 III BGB

begrifflich ausgeschlossen. Der Wert der Bereicherung bemisst sich nach der üblichen Vergütung für die empfangene Leistung. Die Vorschriften über ungerechtfertigte Bereicherung finden auch auf Minderjährige uneingeschränkte Anwendung.

JUDI

judith

19.6.2024, 14:43:34

In den Quellen ist ein Urteil hinterlegt, welches zwar auch die Bereicherung zum Gegenstand hat (wg. unlauterem Wettbewerb; Herausgabe von Lizenzgebühren). Ich fände es aber sinnvoller den Original

Flugreisefall

- BGH, 07.01.1971, Az.: VII ZR 9/70 „Flugreise-Fall“ - zu hinterlegen.


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