Strafrecht
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.
Mord, § 211 StGB
Arglosigkeit - Vorangegangene Drohungen
Arglosigkeit - Vorangegangene Drohungen
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T ist erbost über die wuchernde Hecke des N und greift N deshalb mehrfach körperlich an. N fürchtet seit den Angriffen dauerhaft um seine Gesundheit. Dennoch trifft N sich einige Monate später mit T auf ein Bier in dessen Gartenlaube. Wie von vornherein geplant, tötet T den N hinterrücks mit einem Messerstich in den Hals.
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Einordnung des Falls
Arglosigkeit - Vorangegangene Drohungen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. N war trotz der vorangegangenen tätlichen Auseinandersetzungen "arglos", als T ihn getötet hat.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. N war "wehrlos", als T ihn getötet hat.
Ja, in der Tat!
3. T handelte in "feindseliger Willensrichtung".
Ja!
4. T hatte Vorsatz bezüglich des objektiven Mordmerkmals der Heimtücke (§ 211 Abs. 2 Gr. 2 Var. 1 StGB).
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
🦊LEXDEROGANS
2.4.2020, 21:23:59
Wenn N „mittlerweile dauerhaft um seine Gesundheit [fürchtet]“, dann rechnet er m. E. auch im Tatzeitpunkt zmd. mit einem Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit. Sofern auch Erheblichkeit des Angriffs auf die körperliche Unversehrtheit unterstellt wird, genügt N’s Furcht aber der Argwohndefinition des BGH in NStZ 2002, 368 Rn. 5 („arglos ist, wenn es [das Opfer] [...] weder mit einem lebensbedrohlichen noch mit einem „lediglich“ gegen seine körperliche Unversehrtheit gerichteten schweren oder doch erheblichen Angriffs rechnet“ Wie Eser/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder StGB, 30. Aufl., 2019, § 211, Rn. 24 zeigen, gibt es wohl Ausnahmesituationen: Angstbedingte Flucht, „weit zurückliegende [...] körperliche Übergriffe“. Ob der Angriff wegen der Hecke aber wirklich zeitlich stark
🦊LEXDEROGANS
2.4.2020, 21:24:41
zurückliegt geht m. E. nicht eindeutig aus dem SV hervor. Die Unmittelbarkeit nur auf Grund der Dauerhaftigkeit der Furcht zur verneinen wäre m. E. zu kurz gedacht. Schließlich kann man auch dauerhaft fürchten, jeden Moment von hinten von einem Meuchelmörder erstochen zu werden. Allein die Intensität der Furcht dürfte hier ausschlaggebend sein.
Nadine
6.4.2020, 23:01:40
Ich gebe dir Recht. Bin bei dem Punkt auch stutzig geworden und habe sie daher falsch beantwortet. Das wurde auch schon anders bewertet. Habe gerade kein Az. zur Hand.
Eigentum verpflichtet 🏔️
30.7.2020, 17:52:12
Danke ihr beiden für eure Kommentare. Ich habe das mal u.a. bei Lackner/Kühl, 29. Aufl. 2018, § 211 Rn. 7 nachgelesen. Da steht: "Alte" latente Angst wegen früherer Aggression steht Arglosigkeit nicht entgegen (NStZ-RR 16, 72, 73). Wie ihr richtig gesagt habt, war das bei unserem Fall nicht eindeutig zu erkennen. Daher habe ich ein Zeitmoment (einige Monate später) eingebaut, um zu verdeutlichen, dass es sich um ebendiesen Ausnahmefall der Arglosigkeit handelt. Danke für Eure Geduld!