Strafrecht
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.
Totschlag, § 212 StGB
Tötung nach Geburtsbeginn bei Zwillingen – Tatbestandsmerkmal „Mensch“ nach § 212 Abs. 1 StGB
Tötung nach Geburtsbeginn bei Zwillingen – Tatbestandsmerkmal „Mensch“ nach § 212 Abs. 1 StGB
16. April 2025
5 Kommentare
4,7 ★ (19.281 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
S erwartet Zwillinge. Z2 ist lebensfähig, bei ihm wird jedoch in der 19. Schwangerschaftswoche eine schwere Hirnschädigung festgestellt. Nach ordnungsgemäßer Entbindung des Z1 per Kaiserschnitt injiziert Ärztin A dem noch im Uterus der S befindlichen Z2 tödlich wirkendes Kaliumchlorid.
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Einordnung des Falls
Tötung nach Geburtsbeginn bei Zwillingen – Tatbestandsmerkmal „Mensch“ nach § 212 Abs. 1 StGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat den Tatbestand des Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB) erfüllt, wenn sie vorsätzlich einen Menschen getötet hat.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Z2 im Uterus der S ist ein "Mensch" (§ 212 Abs. 1 StGB).
Genau, so ist das!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jose
26.7.2021, 18:02:45
Ich nehme an, dass dieser Fall unter Totschlag und nicht Mord kommt, weil das Merkmal der "feindlichen Willensrichtung" fehlt? Es wäre toll, wenn ihr irgendwo in der Aufgabe die Ansicht erwähnen könntet, die dieses Merkmal gerade in Bezug auf Menschen mit Behinderung als euthanatisch verwirft. Denn die Debatten um die sog. "Mitleids" - morde drehen sich ja häufig um Euthanasie (auch schon problematischer Begriff).
kim.
27.12.2024, 19:18:35
Für den Mord müsste ein Mordmerkmal vorliegen. Die
feindliche Willensrichtungkann zwar bei der Heimtücke geprüft werden, für die Heimtücke müssten jedoch noch weitere Merkmale vorliegen, insbesondere die
Arglosigkeit, welche allerdings die Fähigkeit zum
Argwohnerfordert, der bei Kleinstkindern - und erst recht bei einem Neu- bzw. Ungeborenen - nach ganz hM verneint wird. Auch anderweitige Mordmerkmale sind hier nicht ersichtlich, sodass ein Mord nicht in Frage kommt und eine Prüfung der feindlichen Willensrichtung gar nicht nötig wird. Auch ein
niedriger Beweggrundim Hinblick auf die angesprochene Behinderungsthematik ist aufgrund der SV-Angaben wohl schwer hier reinzulesen.
Vincent
6.2.2025, 16:23:50
Das ist letzten Endes die entscheidende Frage, wobei ich ebenfalls eher annehmen würde, dass ein niederer Beweggrund letztlich abgelehnt werden würde. Allerdings bin ich der Meinung, dass man diesen zumindest diskutieren müsste - denn die Frage ob ein solcher Vorlag ist nicht ganz klar. Zwar lässt sich aus dem gegebenen Sachverhalt kein solcher herauslesen, aber eine Klausur wäre umfangreicher. Dementsprechend stellt sich natürlich die Frage, ob das Motiv hinter der Tötung war, dem Kind das Leben zu "ersparen" oder ob die Mutter schlicht keine "Lust" hatte ein schwerbehindertes Kind aufzuziehen.