Öffentliches Recht

VwGO

Fortsetzungsfeststellungsklage

Statthaftigkeit der FFK: Erledigung nach Klageerhebung (Sonstige Erledigung)

Statthaftigkeit der FFK: Erledigung nach Klageerhebung (Sonstige Erledigung)

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S bekommt eine Baugenehmigung für ein Wohnhaus. Nachbar N ficht die Genehmigung an. Während des Prozesses stellt S einen neuen Antrag bei der Baubehörde auf Erteilung einer Baugenehmigung für einen Stall. Er erklärt, dass er sein Grundstück nun doch nicht für Wohnzwecke nutzen wolle.

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Einordnung des Falls

Statthaftigkeit der FFK: Erledigung nach Klageerhebung (Sonstige Erledigung)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft, wenn zunächst eine Anfechtungsklage statthaft war und sich der angefochtenen Verwaltungsakt erledigt hat.

Genau, so ist das!

Die Anfechtungsklage ist nur solange und soweit sinnvoll und statthaft, wie sie sich gegen einen wirksamen Verwaltungsakt richtet (vgl. § 35 S. 1 VwVfG, § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO, § 113 Abs. 1 S. 1 i.V.m. S. 4 VwGO). Erledigt sich ein Verwaltungsakt während des laufenden Prozesses, also vor Schluss der mündlichen Verhandlung, kann die Klage nur noch in Form einer Fortsetzungsfeststellungsklage aufrecht erhalten werden. Zunächst wollte N die Aufhebung der Baugenehmigung (= Verwaltungsakt) erreichen. Statthaft war also zunächst die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 2 Alt. 1 VwGO).
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2. Die an S erteilte Baugenehmigung hat sich durch Zeitablauf erledigt.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Verwaltungsakt kann durch Zeitablauf erledigen sein (vgl. § 43 Abs. 2 Var. 4 VwVfG). Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Verwaltungsakt befristet oder mit einer auflösenden Bedingung versehen ist. Die zeitliche Erledigung kann sich aber auch aus dem Regelungsgehalt des Verwaltungsakts selbst ergeben. Die Baugenehmigung war zeitlich nicht begrenzt. Eine Begrenzung ergibt sich auch nicht aus ihrem Regelungsgehalt. Sie hat sich nicht aufgrund von Zeitablauf erledigt.

3. Die Baugenehmigung könnte sich lediglich „auf andere Weise“ erledigt haben.

Ja!

Ein Verwaltungsakt kann auf „andere Weise“ erledige sein (vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG Var. 5 VwVfG). In Betracht kommt vor allem eine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage, die den Verwaltungsakt unmittelbar unwirksam macht. Eine Erledigung auf andere Weise soll aber mangels klar geregelter Voraussetzungen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen anzunehmen sein. Deswegen führt nicht jede Änderung der Sach- oder Rechtslage automatisch zur Erledigung. Als Erledigung anerkannt ist aber z.B. der Verzicht des Begünstigten Adressaten auf die Wahrnehmung seiner Rechte, die sich aus dem Verwaltungsakt ergeben.

4. Der neue Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Stall kann als ein Verzicht auf die Genehmigung des Wohnhauses ausgelegt werden.

Genau, so ist das!

Ein Verwaltungsakt kann sich auf „andere Weise“ erledigt haben (vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG Var. 5 VwVfG). Möglich ist z. B. die Erledigung durch Verzicht des Begünstigten auf Wahrnehmung seiner Rechte, nicht aber durch bloße Nichtausübung oder Unterbrechung baurechtlich genehmigter Nutzung. Ein von dem ursprünglichen Bauvorhaben abweichender Bauantrag hat die Rechtsprechung als Verzicht ausgelegt. Dadurch, dass S einen neuen Bauantrag - gerichtet auf den Bau eines Stalls statt des Wohnhauses - gestellt hat, verzichtet sie gleichzeitig auf die Baurechte, die sich aus der Baugenehmigung des Wohnhauses ergeben.

5. Die von N angefochtene Baugenehmigung hat sich erledigt. Ist die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft?

Ja, in der Tat!

Die Anfechtungsklage ist nur solange sinnvoll und statthaft, wie der Kläger gegen einen wirksamen Verwaltungsakt vorgehen will. Besteht der Verwaltungsakt gar nicht mehr, gibt es keine Regelung gegen die sich der Kläger wehren muss. Anders gesagt: An der Anfechtungsklage festzuhalten würde bedeuten, dass der Kläger etwas aus der Welt schaffen will, was gar nicht mehr in der Welt ist. Sinnvoll kann es dagegen sein, die Rechtswidrigkeit des ursprünglich wirksamen Verwaltungsakts i.R.e. Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO) gerichtlich feststellen zu lassen. Statthaft ist die Fortsetzungsfeststellungsklage gerichtet auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung.
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