Schutz des Schuldners – Rechtshandlungen des unwissenden Schuldners gegenüber dem Altgläubiger 3


mittel

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K schuldet V aus einem Kaufvertrag €100. Diese Forderung tritt V an Z ab. Nach der Abtretung bittet K die V um einen Zahlungsaufschub von drei Monaten. Von der Abtretung hat er keine Kenntnis. V gewährt ihm den Aufschub gerne. Z will das Geld von K aber sofort.

Einordnung des Falls

Schutz des Schuldners – Rechtshandlungen des unwissenden Schuldners gegenüber dem Altgläubiger 3

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Durch die Abtretung ist Z neue Inhaberin der Kaufpreisforderung gegen K geworden.

Genau, so ist das!

Durch die Abtretung der Forderung wird der Zessionar neuer Inhaber der Forderung (§ 398 S. 2 BGB). Eine wirksame Abtretung setzt voraus: (1)Einigung zwischen Zedent und Zessionar (Abtretungsvertrag), (2) Bestand der Forderung, (3) Forderungsinhaberschaft des Zedent und (4) Abtretbarkeit der Forderung. V und Z haben einen Abtretungsvertrag geschlossen. V war zudem Inhaber der bestehenden und abtretbaren Kaufpreisforderung.

2. K kann Z nach § 404 BGB entgegenhalten, dass V ihr einen dreimonatigen Zahlungsaufschub gewährt hat.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Schuldner kann dem neuen Gläubiger nach § 404 BGB Einwendungen entgegensetzen, die gegenüber dem früheren Gläubiger bestanden. Nach § 404 BGB muss die Einwendung zur Zeit der Abtretung aber zumindest begründet sein.V und K haben den Zahlungsaufschub erst nach der Abtretung vereinbart. Er war somit noch nicht begründet und K kann den Aufschub Z nicht nach § 404 BGB entgegenhalten.

3. K muss den Kaufpreis sofort an Z zahlen.

Nein!

Die §§ 407-409 BGB enthalten zugunsten des gutgläubigen Schuldners über § 404 BGB hinausgehende Schutzvorschriften. So muss der Neugläubiger Rechtsgeschäfte bezüglich der Forderung zwischen Altgläubiger und Schuldner selbst dann gegen sich gelten lassen, wenn diese erst nach der Abtretung erfolgen (§ 407 Abs. 1 2. Alt. BGB).K und V haben einen Zahlungsaufschub vereinbart. Da K keine Kenntnis von der Abtretung hatte, ist es nach § 407 Abs. 1 2. Alt. unschädlich, dass die Vereinbarung erst nach der Abtretung geschlossen wurde. K kann sich somit auch gegen Z auf den Aufschub berufen.

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RAP

Raphaeljura

7.6.2023, 05:03:57

Aber macht es Sinn das Risiko auf den Neu Gläubiger zu verlagern, wenn der Alt Gläubiger nach der Abtretung bösgläubig ist? Und was bedeutet nach der Abtretung? Also wie lange gilt das denn dann?

SE.

se.si.sc

7.6.2023, 09:44:07

1. Letzlich ist das natürlich das Ergebnis einer gesetzgeberischen Interessenabwägung, die man oft auch anders sehen kann, mE ist die Verlagerung hier aber sehr wohl sinnvoll. Der Schuldner hat klar Vorrang, weil der Neugläubiger ihn ja einfach über die Abtretung informieren könnte - und dann wäre § 407 I BGB überhaupt nicht mehr anwendbar. Und der Altgläubiger kommt in aller Regel sowieso nicht ohne Probleme aus der Sache raus. Die Abtretung ist ja nur die Verfügung, dem Ganzen liegt irgendeine Form eines schuldrechtlichen Geschäfts zugrunde, zB ein Forderungskauf (§ 453 I 1, 1. Var. BGB) oder ein Sicherungsvertrag iRe Sicherungsabtretung. Daraus können dann Schadensersatzansprüche des Neugläubigers ggü dem Altgläubiger entstehen, wenn der Neugläubiger wegen des Verhaltens des Altgläubigers seine Leistung erst verspätet erhalten kann. Entsprechendes gilt, wenn der Altgläubiger seine Mitwirkung bei der Information an den Schuldner verweigert (vgl 409 BGB). Der Neugläubiger muss sich dann eben mit dem Altgläubiger auseinandersetzen, den er sich ja auch als Vertragspartner ausgesucht hat. 2. Eine zeitliche Grenze gibt es dafür nicht, warum auch? § 407 I aE BGB stellt einfach auf die Kenntnis des Schuldners von der Abtretung und auf ein Rechtsgeschäft zwischen Altgläubiger und Schuldner nach der Abtretung ab (also nach Vorliegen der TB-Voraussetzungen einer Abtretung, § 398 BGB), alles andere ist irrelevant.

FL

Flohm

15.2.2024, 16:04:38

Sind alle Einwendungen iSd §404 Rechtsgeschäfte iSd §407 l ? also muss der neue Gläubiger sich die alle auch nach Abtretung gegen sich gelten lassen sofern der Schuldner keine Kenntnis der Abtretung hat?

FAP

Falsus Prokuristor

20.5.2024, 21:30:49

Ganz genau, aus diesem Grund ist es für den Zessionar sinnvoll, die Abtretung dem Schuldner so schnell wie möglich anzuzeigen, um dessen Unkenntnis und die damit einhergehende Schutzwürdigkeit zu beseitigen.

FAP

Falsus Prokuristor

20.5.2024, 21:31:10

Ganz genau, aus diesem Grund ist es für den Zessionar sinnvoll, die Abtretung dem Schuldner so schnell wie möglich anzuzeigen, um dessen Unkenntnis und die damit einhergehende Schutzwürdigkeit zu beseitigen.

FAP

Falsus Prokuristor

20.5.2024, 21:35:18

Kurzer Nachtrag: in der Abtretungsanzeige im Sinne des § 409 I 1 erfolgt natürlich durch den alten Gläubiger. Der neue Gläubiger lässt diese also entweder vornehmen oder lässt sich eine Abtretung Urkunde ausstellen, welcher dem Schuldner vorlegen kann, §§ 409 I 2, 410 I 1 BGB.

erikxxx

erikxxx

21.5.2024, 16:33:31

@[Falsus Prokuristor](203103) Danke für diese gute Erläuterung!


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