Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Gläubiger- / Schuldnerwechsel

Schutz des Schuldners – Rechtshandlungen des unwissenden Schuldners gegenüber dem Altgläubiger 2

Schutz des Schuldners – Rechtshandlungen des unwissenden Schuldners gegenüber dem Altgläubiger 2

22. November 2024

4,8(3.519 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Marathonläuferin M schuldet Verkäufer V noch €150 für ihr letztes Paar Laufschuhe. V tritt die Kaufpreisforderung wirksam an B ab. Dies teilt sie M mit. Dennoch überweist M versehentlich das Geld an V. B fordert von M Zahlung von €150.

Diesen Fall lösen 89,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Schutz des Schuldners – Rechtshandlungen des unwissenden Schuldners gegenüber dem Altgläubiger 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Durch die Abtretung ist B neue Inhaberin der Kaufpreisforderung gegen M geworden.

Ja, in der Tat!

Durch die Abtretung der Forderung wird der Zessionar neuer Inhaber der Forderung (§ 398 S. 2 BGB). Eine wirksame Abtretung setzt voraus: (1)Einigung zwischen Zedent und Zessionar (Abtretungsvertrag), (2) Bestand der Forderung, (3) Forderungsinhaberschaft des Zedent und (4) Abtretbarkeit der Forderung. V und B haben einen Abtretungsvertrag geschlossen. V war zudem Inhaber der bestehenden und abtretbaren Kaufpreisforderung.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Kann M die Zahlung an B verweigern, weil sie das Geld bereits an V überwiesen hat?

Nein!

Nach § 407 Abs. 1 Alt. 1 BGB muss der Neugläubiger Leistungen des Schuldners an den bisherigen Gläubiger gegen sich gelten lassen. Dies gilt aber nur, wenn der Schuldner keine Kenntnis von der Abtretung hatte, also gutgläubig ist.Da V zum Zeitpunkt der Überweisung nicht mehr Inhaber der Forderung war, ist die Forderung durch Zahlung an ihn nicht nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen. V hatte M die Abtretung mitgeteilt. Damit kann M sich auch nicht auf § 407 Abs. 1 BGB berufen. Somit ist sie verpflichtet, an B €150 zu zahlen.Gegen V steht ihr ein Rückzahlungsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

3mon

3mon

13.11.2024, 17:34:31

Ich stehe gerade total auf'm Schlauch also Frage ich einfach, auch wenn es bestimmt eine ziemlich dumme Frage ist :D In der Vertiefung wird auf den Anspruch der M aus § 812 Abs.1 S.1 Alt.1 BGB hingewiesen. Greift hier nicht der

§ 814 BGB

? M leistet doch zur

Erfüllung einer Verbindlichkeit

, obwohl sie von der Abtretung wusste... Mir ist klar, dass das nicht Sinn & Zweck des §

814

sein kann, aber rein vom Wortlaut her würde der hier doch greifen? Wie gesagt, ich bin mir sicher, ich stehe einfach aufm Schlauch - also danke im Voraus fürs erklären! LG

HAN

hannabuma

14.11.2024, 18:53:10

Gute Frage! Vielleicht könnte man darauf abstellen, dass M das Geld an V versehentlich und in dem Moment nicht in Kenntnis ihrer Nichtverpflichtung überweist?

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

17.11.2024, 14:16:58

Hallo @[3mon](238593), das ist überhaupt keine dumme Frage, sondern eine absolut berechtigte. IE wird man es so sehen müssen, wie @[hannabuma](171851) schon gesagt hat: Bloße Kenntnis der Tatsachen reicht eben nicht aus, sondern der Leistende muss sich im Zeitpunkt seiner Leistung dessen bewusst sein, dass seine Schuld nicht besteht. So können insbesondere Irrtümer dafür sorgen, dass

§ 814 BGB

nicht anwendbar ist (statt aller MüKoBGB/Schwab, 9. Aufl 2024, §

814

Rn 19). Auf ein Verschulden kommt es ebenfalls nicht an (Staudinger/Linardatos, BGB, Neubearb 2024, §

814

Rn 0.16). So liegt auch unser Fall: M wird ja im Zeitpunkt des Überweisens gedacht haben, zu dieser Überweisung ggü V rechtlich verpflichtet zu sein, handelte also nicht in positiver Kenntnis ihrer Nichtschuld. Dass sie das hätte erkennen können und möglicherweise insoweit sogar grob fahrlässig gehandelt hat, genügt für

§ 814 BGB

nicht. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

3mon

3mon

17.11.2024, 14:53:56

Vielen Dank 🙌


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen