Referendariat
Die StA-Klausur im Assessorexamen
Das materielle Gutachten
Fernwirkung bei fehlender Belehrung über Schweigerecht
Fernwirkung bei fehlender Belehrung über Schweigerecht
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B wird beschuldigt, den O mit einer Axt leicht verletzt zu haben. Polizeibeamtin P belehrt B nicht über sein Schweigerecht. B räumt die Tat ein und verrät, wo er die Axt versteckt hat. P findet dort die Axt, auf der sich Fingerabdrücke des A befinden.
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Einordnung des Falls
Fernwirkung bei fehlender Belehrung über Schweigerecht
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Sind die Aussagen des B verwertbar?
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Axt wurde nur aufgrund der unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht über das Schweigerecht zustande gekommenen Einlassung des B gefunden. Das Verwertungsverbot erstreckt sich daher auch auf das dadurch gefundene Beweismittel „Axt“ (Fernwirkung).
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jannis
3.4.2024, 19:21:53
Ich glaube, dass hier noch mal die Personenbezeichnungen korrigiert werden müssten, oder? Wenn B Beschuldigt wird, geht es doch dann auch um seine Fingerabdrücke und nicht um die des A, oder? Weil, wer ist A?
Jonas91
6.11.2024, 14:04:10
Ich verstehe ehrlich gesagt das Argument der angeblich fehlenden Notwendigkeit einer Disziplinierung der deutschen Strafverfolgungs
behörden nicht. Wenn Sinn und Zweck eines BVV die Sicherstellung rechtsstaatlichen Handelns sein soll, muss man doch die Strafverfolgungs
behörden effektiv zu gesetzeskonformen Verhalten veranlassen - und das liefe doch insoweit (dienstrechtliche und ggf. strafrechtliche Konsequenzen für die handelnden Individuen mal außen vor) leer, wenn sie diejenigen Beweismittel, die einem BVV unterfallen, gleichwohl für weitere Ermittlungsmaßnahmen nutzen könnten und insoweit von einem Gesetzesverstoß noch profitieren könnten. Warum man daher Strafverfolgungs
behörden nicht entsprechend disziplinieren soll, erschließt sich mir nicht - gerade wenn eine
Behörde, die ja in Deutschland eigentlich auch entlastende Umstände ermitteln soll, gleichwohl so weit vom Weg abkommt, dass sie ein einem BVV unterliegendes Beweismittel zum Anlass weiterer Ermittlungen nehmen will, bedürfte sie doch der Disziplinierung. Nicht falsch verstehen - es wäre im Fall G. ja tatsächlich ein unerträgliches Ergebnis gewesen, wenn die Spuren an der Leiche des entführten Kindes nicht hätten verwertet werden dürfen. Aber mir fehlt es da an einer wirklich tragfähigen Begründung, die über ein (zugegeben: zugespitzt) „In den USA sind die Strafverfolgungs
behörden ja auch viel wilder drauf, deshalb muss man sie disziplinieren, was hier nicht nötig ist“ hinausgeht.
Sebastian Schmitt
7.11.2024, 12:36:44
Hallo @[Jonas91 ](137975), mit Deiner Auffassung bist Du in guter Gesellschaft, so sehen es iE viele Stimmen im Schrifttum. Eine vermittelnde Ansicht möchte zumindest eine Abwägung dahingehend vornehmen, wie schwerwiegend die Tat bzw der Tatverdacht einerseits und wie schwerwiegend der zum Verwertungsverbot führende Verstoß andererseits ist (MüKoStGB/Peters, 2. Aufl 2024, § 152 Rn 48 mwN). Ich bin kein Experte für US-amerikanisches StrafprozessR, allerdings scheinen doch einige erhebliche Unterschiede zu unserem System zu bestehen (zum Ganzen auf die Schnelle zB https://www.jura.fu-berlin.de/en/studium/lawclinic/blog/Blog/21-07-14/index.html). So ist das US-amerikanische System zB nicht unähnlich unserem Zivilprozess ausgestaltet. Sowohl Angeklagter/Verteidigung als auch StA bringen also ihre Beweise vor und das Gericht/Jury entscheidet in erster Linie auf Grundlage der vorgebrachten Beweise. Die objektive Wahrheitsfindung durch die StA, wie sie bei uns zumindest das theoretische Ideal ist ("objektivste
Behördeder Welt"), spielt in den USA keine besondere Rolle. Das von Dir angesprochene "wilder drauf sein" ist für sich genommen natürlich bloßes Klischee. Orientiert man sich aber an den eben dargestellten Systemdifferenzen und unterschiedlichen Rollen der deutschen und US-amerikanischen StA, spricht mE durchaus einiges dafür, dass die US-amerikanische StA und deren Ermittlungs
behörden hier etwas mehr gebremst werden müssen als die deutsche(n) - schließlich ermitteln sie ja im Gegensatz zur deutschen StA nicht (auch) für (!) den Angeklagten. Sollte iÜ das US-amerikanische Dienst-/Disziplinarrecht wenig scharf als das deutsche sein, was ich nicht weiß, wäre das ebenfalls ein Argument. Wie weit es in der Praxis mit der "Objektivität" der deutschen StA her ist, ist natürlich eine andere Frage. Wie Du zu Recht sagst: Wäre sie wirklich objektiv, würde sie Beweise gar nicht illegal gewinnen bzw nicht versuchen, illegal gewonnene Beweise zu verwerten. Dann bräuchten wir wiederum auch gar keine dienst- oder disziplinarrechtlichen Konsequenzen für solche Fälle, denn es läuft ja ohnehin alles perfekt nach Plan. Umgekehrt käme es auf jegliche Form der Disziplinierung sowieso nie an, weil die StA ja alles richtig macht - also könnte man auch schlicht ein Bewertungsverbot in Fällen der
Fernwirkungbejahen. Wer hier deutliche Widersprüche findet, dürfte nicht ganz falsch liegen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team