Referendariat

Die StA-Klausur im Assessorexamen

Das materielle Gutachten

Fernwirkung bei fehlender Belehrung über Schweigerecht

Fernwirkung bei fehlender Belehrung über Schweigerecht

6. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B wird beschuldigt, den O mit einer Axt leicht verletzt zu haben. Polizeibeamtin P belehrt B nicht über sein Schweigerecht. B räumt die Tat ein und verrät, wo er die Axt versteckt hat. P findet dort die Axt, auf der sich Fingerabdrücke des A befinden.

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Einordnung des Falls

Fernwirkung bei fehlender Belehrung über Schweigerecht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Sind die Aussagen des B verwertbar?

Nein, das trifft nicht zu!

Der Beschuldigte ist vor der polizeilichen Vernehmung über sein Schweigerecht zu belehren (§§ 163a Abs.4 S.2, 136 Abs.1 S.2 StPO). Nach der Rspr. stellt die fehlende Belehrung über das Schweigerecht einen schwerwiegenden Verfahrensverstoß dar. Das Interesse des Beschuldigten am Schutz seiner verfahrensrechtlichen Stellung überwiegt dabei regelmäßig das Interesse der Allgemeinheit an der Aufklärung der Straftaten und Funktionieren der Strafrechtspflege. Der Verstoß führt deshalb grundsätzlich zu einem Beweisverwertungsverbot. Da Bs Beschuldigtenrechte in der Abwägung überwiegen, besteht hinsichtlich seiner geständigen Einlassung ein Beweisverwertungsverbot.Dies schließt insbesondere auch die Einführung der geständigen Einlassung durch die Befragung der Vernehmungsbeamten aus.
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2. Die Axt wurde nur aufgrund der unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht über das Schweigerecht zustande gekommenen Einlassung des B gefunden. Das Verwertungsverbot erstreckt sich daher auch auf das dadurch gefundene Beweismittel „Axt“ (Fernwirkung).

Nein!

Eine Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten wird von der Rspr grundsätzlich abgelehnt. Denn sonst könnte ein Verfahrensfehler, der ein Verwertungsverbot für ein Beweismittel zur Folge hat, dazu führen, dass das gesamte Strafverfahren lahm gelegt werde. Damit würde die Wahrheitserforschungspflicht des Gerichts ausgehöhlt. Dies wäre mit Blick auf die verfassungsrechtliche Pflicht zur Strafverfolgung nicht zu rechtfertigen. Die auf der Axt entdeckten Fingerabdrücke können im Strafverfahren verwertet werden. Eine Fernwirkung des Verwertungsverbots ist abzulehnen. Teilweise wird in der Literatur eine Fernwirkung gefordert, abgeleitet aus der amerikanischen „fruit-of-the-poisonous-tree-doctrine“. Gegen die Übertragung dieser Lehre spricht aber, dass die Verwertungsverbote -anders als in den USA- nicht der Disziplinierung der Polizei dienen, sondern die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens sichern sollen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JAN

Jannis

3.4.2024, 19:21:53

Ich glaube, dass hier noch mal die Personenbezeichnungen korrigiert werden müssten, oder? Wenn B Beschuldigt wird, geht es doch dann auch um seine Fingerabdrücke und nicht um die des A, oder? Weil, wer ist A?


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