Zivilrecht

Sachenrecht

Negatorischer Abwehr- und Unterlassungsanspruch

Grundfall zu nachbarschaftlichen Duldungspflicht (§ 906 BGB)

Grundfall zu nachbarschaftlichen Duldungspflicht (§ 906 BGB)

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Von den bestandsgeschützten Bäumen des S fallen regelmäßig Blätter auf das Grundstück des E, die dieser einmal im Jahr wegräumt.

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Einordnung des Falls

Grundfall zu nachbarschaftlichen Duldungspflicht (§ 906 BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Blätter stellen eine Eigentumsbeeinträchtigung dar (§ 1004 Abs. 1 S. 1 BGB).

Ja!

Unter die Eigentumsbeeinträchtigung fällt jede rechtliche oder tatsächliche, von außen kommende Einwirkung auf die Sache. Indem die Blätter auf das Grundstück des E fallen, wirken sie von außen auf dieses ein.
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2. S ist Störer.

Genau, so ist das!

Störer ist, auf wessen Willensbetätigung die Beeinträchtigung unmittelbar oder adäquat mittelbar zurückzuführen ist. Dabei wird unterschieden zwischen dem Handlungsstörer, der durch sein Verhalten die Beeinträchtigung herbeiführt und dem Zustandsstörer, bei dem Beeinträchtigungen vom Zustand einer Sache in seinem Herrschaftsbereich ausgehen. S ist Eigentümer des Grundstücks. Die Blätter kommen von dem Baum auf dem Grundstück des S. Die Beeinträchtigung geht also vom Zustand einer Sache in seinem Herrschaftsbereich aus. Er ist somit Zustandsstörer. Sofern er die Bäume auch selbst gepflanzt hat, ist er darüber hinaus auch Handlungsstörer.

3. Es besteht keine Duldungspflicht.

Nein, das trifft nicht zu!

Gemäß § 906 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Eigentümer Einwirkungen auf sein Grundstück nicht verbieten, sofern sie die Benutzung des Grundstücks nur unwesentlich beeinträchtigen. E muss die Blätter bloß einmal jährlich wegräumen, es ist daher nicht von einem starken Laubfall auszugehen. Dass dadurch eine wesentlich Beeinträchtigung der Nutzung des Grundstücks einhergeht, ist fernliegend. E hat die Beeinträchtigung daher zu dulden und kann keine Beseitigung nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen. Auch ein finanzieller Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB (analog) ist ausgeschlossen, da es hierfür einer wesentlichen Beeinträchtigung bedarf. Mehr dazu später.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juramaus

Juramaus

6.2.2023, 11:22:08

Wieso ist der S hier Störer, in Abgrenzung zu dem Birkenfall, in welchem nicht gleich aufgrund der Eigentümerstellung auf die Störereigenschaft geschlossen wurde?

CR7

CR7

3.8.2023, 17:48:14

Das frage ich mich ehrlich gesagt auch! Zumal auch hier davon ausgegangen werden muss, dass die landesbaurechtlichen Abstände gewahrt sind.

SH

Showstehler

8.8.2023, 19:24:08

Das folgt daraus, dass die Entscheidung des BGH im Birkenfall wohl als Rechtsprechungswechsel (möglicherweise auch nur als Anomalie) zu sehen ist. Noch im Jahr 2015 hat er festgestellt, dass die Landesrechtlichen Abstandsregelungen rein den Schutz vor negativen Immissionen bezwecken (z.B. Abschneiden der Zufuhr von Luft und Licht) (BGH, NJW-RR 2015, 1425). Durch Laubfall als positive Immission war die Störereigenschaft zubejahen. (Es wäre zumindest nicht an den Landesrechtlichen Regelungen gescheitert.)

TAUNU

Taunus84

17.8.2024, 12:03:25

Frage mich dasselbe; im Fall mit dem Staudamm war der Eigentümer auch kein Störer, weil er alle Bauvorgaben beachtet hat. Hier kann S ja auch nicht wirklich was ändern, weil die Bäume bestandsgeschützt sind. Kann da jemand aus dem Jurafuchs-Team helfen? :-)


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