Verjährung von Ansprüchen auf Ersatz des Mangelfolgeschadens


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Klassisches Klausurproblem

Winzerin W bestellt bei Händler H 100 Weinkorken zum Abfüllen seines Weins. Drei Jahre nach Ablieferung und Abfüllung stellt W fest, dass die Korken wegen eines Herstellungsfehlers undicht sind und sie den Wein neu abfüllen muss, was €1000 kostet. H beruft sich auf Verjährung.

Einordnung des Falls

Verjährung von Ansprüchen auf Ersatz des Mangelfolgeschadens

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Nacherfüllungsanspruch hinsichtlich der mangelhaften Korken ist verjährt (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB).

Ja, in der Tat!

Die in § 437 Nr. 1 und 3 BGB bezeichneten Ansprüche verjähren grundsätzlich in zwei Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB), wobei die Verjährung mit der Ablieferung der Sache beginnt (§ 438 Abs. 2 BGB).Die Ablieferung liegt drei Jahre zurück, sodass der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist. Darauf hat sich H berufen.

2. W hat einen Schadensersatzanspruch gegen H hinsichtlich der Kosten der Neuabfüllung (§§ 437 Nr. 1, 280 Abs. 1 BGB).

Ja!

H hat seine Pflicht zur Lieferung mangelfreier Sachen verletzt (§ 433 Abs. 1 S. 2 BGB) und sich dafür nicht exkulpiert (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Diese Pflichtverletzung war kausal für den Schaden, nämlich die Kosten der Neuabfüllung. Parallel dazu ergibt sich ein solcher Anspruch auch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB, weil H die Nebenpflicht verletzt hat, den Betriebsablauf der W nicht zu behindern.

3. Die Schadensersatzansprüche der W hinsichtlich der Kosten der Neuabfüllung sind nicht verjährt, weil der Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB der dreijährigen Regelverjährung unterliegt (§§ 195, 199 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Die abgekürzte Verjährung (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB) gilt auch für Ansprüche auf Ersatz von Schäden, die aufgrund des Mangels an anderen Rechtsgütern, Rechten und Interessen des Käufers entstehen (Mangelfolgeschäden). Denn § 438 BGB bezieht sich auf die „in § 437 Nr. 1 und 3 bezeichneten Ansprüche“. Die in § 437 Nr. 3 BGB genannten Schadensersatzansprüche betreffen aber nicht nur den Schadensersatz statt der Leistung („Mangelschaden“), sondern auch Schadensersatz neben der Leistung („Mangelfolgeschaden“, § 280 Abs. 1 BGB). Das gilt auch dann, wenn man den Anspruch auch auf die Verletzung der Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB stützen kann: Einer der „in § 437 Nr. 3 bezeichneten Ansprüche“ liegt immer dann vor, wenn der Schaden auf den Sachmangel zurückzuführen ist. Da mehr als zwei Jahre vergangen sind, sind die Schadensersatzansprüche verjährt.

4. Ein etwaig konkurrierender deliktischer Anspruch (§ 823 Abs. 1 BGB) unterliegt ebenfalls der abgekürzten Verjährung (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB analog).

Nein, das trifft nicht zu!

Konkurrierende deliktische Ansprüche aus den §§ 823ff. BGB werden von § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB nicht erfasst. So wird verhindert, dass der Käufer wegen der Sonderverbindung schlechter steht als ein vertragsfremder Dritter.

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IS

IsiRider

9.3.2023, 16:14:58

Wie sieht es hier mit der Verjährung aus? Wird unterschieden zwischen fahrlässigem und vorsätzlichem Verhalten?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

12.3.2023, 11:34:59

Hallo IsiRider, meinst du die Verjährung des Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB? Dieser unterliegt der Regelverjährung, die gem. § 195 BGB drei Jahre beträgt. Es wird dabei nicht unterschieden zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Veursachung. Bei einer vorsätzlichen Verletzung bestimmter Rechtsgüter, genauer gesagt der Gesundheit, des Körpers, der sexuellen Selbstbestimmung, des Lebens oder der Freiheit kann eine Verjährungsfrist bis zu 30 Jahren bestehen. Es gibt also nicht pauschal einen Unterschied zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Verletzung, aber dieser ist durchaus möglich und erheblich. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

KLE

kleinerPadawan

13.3.2023, 08:05:38

Ihr schreibt hier, dass der Mangel dem V nach 3 Jahren bemerkt, aber gleichzeitig, dass der Anspruch aus 823 I BGB wegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren noch nicht verjährt sei. Aufgrund der Formulierung "nach 3 Jahren" würde ich hier aber von einer Verjährung ausgehen. Wären für den vorliegenden Fall, und um die Unterschiede bei der Verjährung zwischen den §§ 437/280 und 823 deutlich zu machen, nicht zB 2,5 Jahre passender? Oder verstehe ich da etwas falsch?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

14.3.2023, 12:50:17

Hallo kleinerPadawan, hier ist zu unterschieden zwischen dem reinen Zeitablauf von drei Jahren (Drei Jahre nach dem Ereignis, z.B. der 29. September 2020 und 29. September 2023) und dem Ablauf der Verjährung. Gem. § 199 BGB beginnt die Verjährung zu laufen, mit Abschluss des Jahres in dem der Anspruch entstanden ist. Entsteht der Anspruch also am 29. September 2020 beginnt die Frist erst mit Ablauf des 31. Dezember 2020 zu laufen. Ab diesem Zeitpunkt drei Jahre läuft die Verjährung. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

KLE

kleinerPadawan

14.3.2023, 13:18:22

Perfekt, das macht natürlich Sinn, danke vielmals!

BI

Bilbo

10.8.2023, 11:15:35

Kleiner Fehler, müsste heißen "zum Abfüllen ihres Weins" nicht "seines". :)

paulmachtexamen

paulmachtexamen

28.5.2024, 23:04:57

Liebes Jurafuchs-Team, ihr schreibt in der Aufgabenstellung folgendes und bejaht es dann. „W hat einen Schadensersatzanspruch gegen H hinsichtlich der Kosten der Neuabfüllung (§§ 437 Nr. 1, 280 Abs. 1 BGB).“ Müsste es nicht aber Nr. 3 in 437 sein? Falls ich falsch liegen sollte und Nr. 1 tatsächlich richtig ist, würde ich mich über eine Erklärung freuen. Beste Grüße


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