Zivilrecht
Kaufrecht
Verjährung & Verfristung
Verjährung von Ansprüchen auf Ersatz des Mangelfolgeschadens
Verjährung von Ansprüchen auf Ersatz des Mangelfolgeschadens
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Winzerin W bestellt bei Händler H 100 Weinkorken zum Abfüllen ihres Weins. Drei Jahre nach Ablieferung und Abfüllung stellt W fest, dass die Korken wegen eines Herstellungsfehlers undicht sind und sie den Wein neu abfüllen muss, was €1.000 kostet. H beruft sich auf Verjährung.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Verjährung von Ansprüchen auf Ersatz des Mangelfolgeschadens
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Nacherfüllungsanspruch hinsichtlich der mangelhaften Korken ist verjährt (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. W hat einen Schadensersatzanspruch gegen H hinsichtlich der Kosten der Neuabfüllung (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB).
Ja!
3. Die Schadensersatzansprüche der W hinsichtlich der Kosten der Neuabfüllung sind nicht verjährt, weil der Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB der dreijährigen Regelverjährung unterliegt (§§ 195, 199 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Ein etwaig konkurrierender deliktischer Anspruch (§ 823 Abs. 1 BGB) unterliegt ebenfalls der abgekürzten Verjährung (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB analog).
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
IsiRider
9.3.2023, 16:14:58
Wie sieht es hier mit der Verjährung aus? Wird unterschieden zwischen fahrlässigem und vorsätzlichem Verhalten?
Nora Mommsen
12.3.2023, 11:34:59
Hallo IsiRider, meinst du die Verjährung des Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB? Dieser unterliegt der Regelverjährung, die gem. § 195 BGB drei Jahre beträgt. Es wird dabei nicht unterschieden zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Veursachung. Bei einer vorsätzlichen Verletzung bestimmter
Rechtsgüter, genauer gesagt der Gesundheit, des Körpers, der sexuellen Selbstbestimmung, des Lebens oder der Freiheit kann eine Verjährungsfrist bis zu 30 Jahren bestehen. Es gibt also nicht pauschal einen Unterschied zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Verletzung, aber dieser ist durchaus möglich und erheblich. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
kleinerPadawan
13.3.2023, 08:05:38
Ihr schreibt hier, dass der Mangel dem V nach 3 Jahren bemerkt, aber gleichzeitig, dass der Anspruch aus 823 I BGB wegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren noch nicht verjährt sei. Aufgrund der Formulierung "nach 3 Jahren" würde ich hier aber von einer Verjährung ausgehen. Wären für den vorliegenden Fall, und um die Unterschiede bei der Verjährung zwischen den §§ 437/280 und 823 deutlich zu machen, nicht zB 2,5 Jahre passender? Oder verstehe ich da etwas falsch?
Nora Mommsen
14.3.2023, 12:50:17
Hallo kleinerPadawan, hier ist zu unterschieden zwischen dem reinen Zeitablauf von drei Jahren (Drei Jahre nach dem Ereignis, z.B. der 29. September 2020 und 29. September 2023) und dem Ablauf der Verjährung. Gem. §
199 BGBbeginnt die Verjährung zu laufen, mit Abschluss des Jahres in dem der Anspruch entstanden ist. Entsteht der Anspruch also am 29. September 2020 beginnt die Frist erst mit Ablauf des 31. Dezember 2020 zu laufen. Ab diesem Zeitpunkt drei Jahre läuft die Verjährung. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
kleinerPadawan
14.3.2023, 13:18:22
Perfekt, das macht natürlich Sinn, danke vielmals!
Bilbo
10.8.2023, 11:15:35
Kleiner Fehler, müsste heißen "zum Abfüllen ihres Weins" nicht "seines". :)
Juraddicted
20.9.2024, 13:21:12
Ich verstehe das leider nicht... "Die abgekürzte Verjährung (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB) gilt auch für Ansprüche auf Ersatz von Schäden, die aufgrund des Mangels an anderen
Rechtsgütern, Rechten und Interessen des Käufers entstehen (Mangelfolgeschäden)"? Kann mir das bitte jemand erklären? Vielen Dank! :)
Leo Lee
28.9.2024, 11:37:58
Hallo Juraddicted, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Die abgekürzte Verjährung betrifft Mängelansprüche des Käufers, also die Ansprüche, die aus Sach- oder Rechtsmängeln resultieren. In diesem Zusammenhang spricht man von Mangelfolgeschäden, wenn der Mangel einer Kaufsache dazu führt, dass andere
Rechtsgüteroder Interessen des Käufers beeinträchtigt werden. Etwa dann, wenn ein defektes technisches Gerät einen Kurzschluss verursacht und dadurch das Eigentum des Käufers beschädigt wird. Die Keraussage hier ist, dass auch diese Folgeschäden, die nicht direkt auf dem Mangel selbst beruhen, sondern durch den Mangel an anderen Gütern entstehen, ebenfalls der kürzeren Verjährungsfrist unterliegen. Es wird also klargestellt, dass nicht nur der Anspruch auf Mängelbeseitigung oder Ersatzlieferung, sondern auch der Ersatz von Mangelfolgeschäden innerhalb dieser kürzeren Frist geltend gemacht werden muss :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Juraddicted
30.9.2024, 10:47:25
Vielen lieben Dank für Deine ausführliche Darstellung 😊! Ich habe öfter einen „nicht existenten Verbraucherschutzgedanken“ im Kopf, den ich überall einfließen lassen will 🙈. Liebe Grüße 😊
jura🐈
11.10.2024, 21:42:48
Sorry, ich stehe gerade voll auf dem Schlauch: Ich dachte, mal gelernt zu haben, dass die kurze Verjährung auch auf den deliktischen Anspruch anwendbar ist, um das Regelungsregime nicht zu unterlaufen. Könnte mir bitte jemand erklären, warum hier der deliktische Anspruch der Regelverjährung unterliegt? Vielen Dank und liebe Grüße 😀