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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T möchte ihren pflegebedürftigen Stiefvater O mit einer Baldrianpille vergiften. Sie will ihm die Pille vor dem Schlafengehen einwerfen. T vergreift sich jedoch und nimmt eine Glaslinse, die daneben liegt. O zerbeißt und verschluckt die Linse. Dabei stirbt er an inneren Blutungen.

Einordnung des Falls

Grob unverständiger Versuch 6

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat sich wegen Totschlages (§ 212 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht.

Nein, das ist nicht der Fall!

Zwar hat T Vorsatz bezüglich des Totschlages. Der Taterfolg ist auch kausal eingetreten und der T objektiv zurechenbar. Es hat sich jedoch nicht die von T vorsätzlich herbeigeführte Gefahr realisiert. Dabei kann man daran anknüpfen, dass T die rechtliche relevante Gefahr nicht vorsätzlich herbeigeführt hat, was den Vorsatz in Bezug auf die objektive Zurechnung ausschließt. Alternativ kann man die Abweichung vom Kausalverlauf als wesentlich betrachten, was jedoch nur schwer begründbar ist, da die Verwechslung des Tatmittels regelmäßig keine wesentliche Abweichung darstellt und der Erfolg auch nicht von der Vorstellung abweicht. Allerdings muss nach der herrschenden Lehre eine subjektive Zurechnung ausscheiden. Der Fall wurde von der Rechtsprechung nicht entschieden. Eine andere Ansicht ist vertretbar.

2. Der Versuch eines Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB) ist strafbar.

Ja, in der Tat!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Totschlag ist ein Verbrechen, da die angedrohte Mindestfreiheitsstrafe 5 Jahre beträgt (§§ 212 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB).

3. T hat „Tatentschluss“ bezüglich eines Totschlags.

Ja!

Tatentschluss ist der subjektive Tatbestand des Versuchs. Er umfasst den auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale gerichteten Vorsatz sowie sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale. Der Täter hat Tatentschluss, wenn er endgültig entschlossen ist, den Deliktstatbestand zu verwirklichen. Dabei wird zur bloßen Tatgeneigtheit abgegrenzt. T ist fest entschlossen, O zu töten.

4. T hat „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“, indem sie O die Glaslinse verabreicht hat.

Genau, so ist das!

Das unmittelbare Ansetzen (§ 22 StGB) liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Nach der Vorstellung der T hat sie alles zur Verwirklichung des Tatbestandes Erforderliche getan.

5. T handelte rechtswidrig und schuldhaft.

Ja, in der Tat!

Die versuchte Tötung war rechtswidrig und T handelte schuldhaft.

6. Es liegt ein grob unverständiger Versuch vor (§ 23 Abs. 3 StGB).

Ja!

Grober Unverstand liegt nach dem BGH vor, wenn der Täter völlig abwegige Vorstellungen über gemeinhin bekannte Ursachenzusammenhänge hat. Dabei muss jeder durchschnittliche Mensch das erforderliche Wissen haben. Für jedermann ist ersichtlich, dass T den O nicht mit einem gänzlich ungefährlichen Hausmittel wie Baldrian töten kann. Der Vorsatz, also der Tatentschluss, bleibt damit im Regelfall straflos. Daher muss auch die Zurechnung ausscheiden, da der Vorsatz nicht geeignet ist, das Vertrauen in die Geltung der Rechtsordnung zu erschüttern. Allerdings ist die Begründung dabei ergebnisorientiert und würde in der Klausur zu einer Inzidentprüfung des groben Unverstandes im Rahmen des Vorsatzes führen. Daher ist es einfacher, den Vorsatz in Bezug auf die rechtlich relevante Gefahrverursachung zu verneinen. Die Vorschrift des § 23 Abs. 3 StGB ist eine Strafzumessungsregelung und daher nach der Schuld zu prüfen.

7. T ist wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) zu bestrafen.

Genau, so ist das!

Wer einem anderen Feststoffe einflößt, ohne darauf zu achten, was genau er jeweils einflößt, handelt objektiv fahrlässig. T handelte auch rechtswidrig. Der Taterfolg ist T auch subjektiv vorwerfbar, sofern keine Schuldunfähigkeit vorliegt. T hätte erkennen können, dass sie sich bei blindem Greifen nach Baldrian, neben dem auch Glaslinsen liegen, vergreifen kann und O mit Glaslinsen füttern würde.

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