Rettungsfahrt mit tödlichem Ausgang (Atypischer Kausalverlauf)


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Klassisches Klausurproblem

M und F streiten sich über die Erziehung des Sohnes K. F wird es zu viel und sie versetzt M einen Messerstich. Auf der Fahrt ins Krankenhaus wird der Rettungswagen vom Lastzug des L gerammt und M hierbei tödlich verletzt.

Einordnung des Falls

Rettungsfahrt mit tödlichem Ausgang (Atypischer Kausalverlauf)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. F ist der Tod des M objektiv zuzurechnen.

Nein!

Objektiv zurechenbar ist ein Erfolg, wenn der Täter (1) eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen und (2) sich genau diese Gefahr im Erfolg realisiert hat. Ein atypischer Kausalverlauf ist gegeben, wenn dieser so sehr außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung liegt, dass mit ihm vernünftigerweise nicht gerechnet zu werden braucht.Im konkreten Unfalltod des M hat sich nicht die durch den Messerstich der F geschaffene Gefahr realisiert, sondern ein andersartiges Risiko, dessen Entstehung keinen sachlichen Zusammenhang mit der Verletzungshandlung der F aufweist. Die zum allgemeinen Lebensrisiko gehörende Verkehrsunfallgefahr wird durch die Stichverletzung weder geschaffen noch in messbarer Weise erhöht. Der Todeserfolg ist hier durch einen atypischen Kausalverlauf, ein Unglück, eingetreten.

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MARC

Marc.o.polo

25.1.2020, 16:35:17

Ist es hier nicht so, dass die Fahrt im Rettungswagen nach der Körperverletzung und die mit der Rettungsfahrt verbundenen Risiken einen vollkommen typischen Verlauf darstellen, mit dem der Täter zu rechnen hat?

JUN

Jura Noob

1.2.2020, 21:31:58

Ich glaube was du meinst sind die Fälle des „Blaulichtrisikos“, bei denen der KTW-Fahrer aufgrund der Verletzungen des Opfers zu schnell fährt und dann einen Unfall verursacht. Da sagt e.A., dass es durchaus vorhersehbar ist, dass der Fahrer schneller fährt, um das Opfer ins KH zu bringen. Die a.A. Sagt dagegen, dass auch in solchen Fällen die StVO einzuhalten ist. Und ansonsten ist der Straßenverkehr ja ein sog. „Erlaubtes Risiko“, meine ich, da der Gesetzgeber dessen Gefahren aufgrund der Interessen der Allgemeinheit erlaubt und gesetzlich (StVG, StVO etc.) geregelt hat. Daher: allg Lebensrisiko (-> keine Zurechnung zum Täter).

Ira

Ira

26.10.2020, 15:32:26

Es wäre schön, wenn sich die Redaktion hierzu äußern könnte. Ich stimme Marc.o.polo zu.

LH

L. H.

3.2.2021, 10:33:19

Danke für die Ausführungen, Jura Noob! Ich stimme Marc.o.polo ebenfalls zu. Ich finde die a.A., die behauptet, auch in solchen Fällen sei die StVO einzuhalten, ehrlich gesagt schwierig zu vertreten, da ja Sonderrechte und Sirenen-/Blaulichtanlagen nicht ohne Grund existieren und außerdem gesetzlich einschlägig normiert sind. Und dass ein Rettungstransporter diese Sonderrechte dann nutzt, um ein Stichverletzungsopfer schnell ins Krankenhaus zu bringen, stellt meiner Meinung nach einen typischen Verlauf dar.

Ira

Ira

17.2.2021, 13:41:15

Danke L.H. - beantwortet jedoch nicht die Frage, die Marc.o.polo gestellt hat.

Tigerwitsch

Tigerwitsch

26.2.2021, 21:02:07

Mich interessiert die Antwort auch :)

Finanztante

Finanztante

8.3.2021, 17:09:13

Mich würde die Antwort ebenfalls interessieren. Meine mich zu erinnern, dass es nicht so sehr außerhalb der allg. Lebenserfahrung liegt, dass Rettungswägen einer größeren Unfallgefahr unterliegen zwecks Geschwindigkeit.

GEL

gelöscht

16.3.2021, 21:56:54

Hallo zusammen, es kommt vor allem darauf an, wie schwer die zugefügte Verletzung ist und ob sich der Tod des Opfers noch in der konkreten durch den Täter geschaffenen Gefahr verwirklicht. Passiert der Unfall, weil der Rettungswagenfahrer aufgrund der lebensgefährlichen Verletzung über Rot fahren musste, handelt es sich noch um ein vom Täter geschaffenes Risiko. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Täter absichtlich eine lebensbedrohliche Verletzung beigefügt hat. Der Kausalverlauf weicht dann auch nicht wesentlich von seiner Vorstellung ab.

GEL

gelöscht

16.3.2021, 21:57:19

Passiert der Unfall, weil die Rettungswagenfahrerin einen Herzinfarkt erleidet, kommt es weniger auf die schwere der Verletzung an. Hier hat sich beispielsweise in einer nicht-lebensbedrohlichen Körperverletzung keine vom Täter geschaffene rechtlich missbilligte Gefahr im Todeserfolg realisiert, sondern ein unvorhersehbarer, ungewöhnlicher Geschehensablauf. Es bleibt in gewisser Weise eine Einzelfall-Abwägung. Viele Grüße Adrian, für das Jurafuchs-Team 🦊

JAN

Jannis

8.1.2022, 22:30:49

Bitte zukünftig im Sachverhalt genauere Angaben bzw. klarstellende Hinweise auf mit Blick auf die Blaulichtproblematik geben. Danke :)

C M A

C M A

20.12.2022, 16:33:58

Müsste es sich hier nicht um den Fall des sog. Blaulichtrisikos handeln, bei dem die obj Zurechenbarkeit mindestens strittig ist? Da laut JuraFuchs die Karikaturen zum Sachverhalt dazugehören, ist hier eine so starke Verletzung ersichtlich, dass aufgrund dieser Schwere nach allg Lebenserfahrung eine Blaulichtfahrt nötig und vorhersehbar wird. Damit wäre es zumindest möglich zu argumentieren, dass der Täter mit Zufügen einer Verletzung, die eine Blaulichtfahrt benötigt, eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffenen hat, die sich konkret im Erfolg des Verunglückens während eben jener Blaulichtfahrt realisiert. Selbst wenn man zu anderem Ergebnis kommt wäre doch hier der richtige Zeitpunkt, diesen (auch examensrelevanten) Streitstand kurz zu thematisieren, oder? Vielen Dank und liebe Grüße!

DI

Dini2010

3.8.2023, 13:16:44

Das Thema muss man meines Wissens nur aufmachen, wenn sich ein Risiko realisiert, das der Blaulichtfahrt anhaftet. Fahrer fliegt aus der Kurve weil zu schnell oder ähnliches. Hier greift ja ein Dritter, nämlich der LKW -Fahrer, in das Geschehen ein. Das ist dann kein "Blaulichtrisiko" mehr, welches dem Täter zugerechnet werden kann


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