Handlung im Schlaf
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
W unternimmt eine mehrtägige Wanderung und übernachtet in einer Jugendherberge. Am Abend unterhält er sich mit dem Zimmernachbarn Z. Bei dem Gespräch schläft W ein, ohne dass Z es bemerkt. Als Z den W fragt, ob er dessen Uhr für €50 kaufen wolle, antwortet W im Schlaf: „Ja!“
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Einordnung des Falls
Handlung im Schlaf
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. W hatte beim „Ja!“-Sagen das Bewusstsein, zu handeln (Handlungswille).
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Da Z auf die Wirksamkeit der Erklärung des W vertraut und nicht bemerkt hat, dass W bereits geschlafen hatte, liegt dennoch eine wirksame Willenserklärung des W vor.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Harun
22.10.2021, 18:05:14
Was wird hier mit „Dieser Fall ist dem eines fehlenden
Handlungswillens so ähnlich“ gemeint? Der
Handlungswillefehlt doch eben hier?
Lukas_Mengestu
22.10.2021, 19:25:38
Hallo Harun, mit "dieser Fall" ist der Fall des § 105 Abs. 2 BGB gemeint. Also der Fall, dass jemand im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehenden Störung der Geistesfähigkeit eine Erklärung abgibt. Hierfür hat das Gesetz explizit geregelt, dass die Erklärung nichtig ist. Für den Fall des fehlenden
Handlungswillen gibt es diese explizite Normierung nicht. Da sich beide Konstellationen sehr ähnlich sind, muss auch im Falle des fehlenden
Handlungswillens die Nichtigkeit der Erklärung angenommen werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Harun
22.10.2021, 21:49:07
Danke
Law_yal_life
18.9.2023, 13:39:21
bleibt der Dritte dann schutzlos? Immerhin hat er ja darauf vertraut? Greift auch kein Treu und Glauben nach § 242? Wie würde man das hier rechtlich behandeln?
Benedikt
28.10.2023, 00:16:07
Er bleibt schutzlos.
Blotgrim
2.2.2024, 10:40:13
Um sich das erschließen zu können hilft es sich vor Augen zu führen wer warum schutzwürdig ist bzw. wen man an sein Verhalten binden kann. Wenn ich im Schlaf rede kann ich dafür nicht wirklich etwas, es wäre also eine ziemliche Härte mir irgendwelche vertraglichen Pflichten deswegen aufzuladen. Dem (scheinbaren) Erklärungsempfänger ist es hingegen zuzumuten,dass bspw. kein Vertrag zustande kommt, was hauptsächlich an der Schutzwürdigkeit des Erklärenden liegt. Außerdem hat er ja immer noch die Möglichkeit den Vertrag zu schließen, wenn der Erklärende
Handlungswillen hat. Mit § 242 wäre ich etwas vorsichtig. Die Norm dient dazu wirklich extreme Härten zu beseitigen, nicht jede unangenehme Situation. Das fehlende Rechtsgeschäft ist zwar doof für den Erklärungsempfänger es ist aber keine so große Ungerechtigkeit, dass man korrigierend eingreifen müsste, insbesondere weil der Erklärende ja nichts für sein Verhalten kann. Das es bei Rechtsstreitigkeiten eine Verliererseite gibt ist normal § 242 korrigiert dabei nur UNGEWOLLTE Extremfälle
Elisa
7.11.2023, 11:54:41
Heißt das, dass man in der Fallbearbeitung „§ 105 II BGB analog“ schrieben muss?
luc1502
6.11.2024, 17:46:43
Hi, also idR wird man in Klausuren relativ selten mit dem fehlenden
Handlungswillen zu tun haben, aber wenn man davon absieht, dann würde man, wie du auch sagst, §105 II analog zitieren, da die Fälle des fehlenden Handlungsbewusstseins ähnliche Fälle, wie den des §105 II BGB, betreffen und wir daher (auch) eine vergleichbare Interessenlage haben. LG